Seit mehr als zehn Jahren besteht das Vorbereitungsteam "Männervesper im Oberen Enztal". Auf unserem Bild von links Christian Klinke als Vorsitzender des evangelischen Jugendwerks Bezirk Neuenbürg, Gerhard Schiele, Yasin Adigüzel, Heinz Riegger, Dietrich Heinichen, Rüdiger Hering und Manfred Bertsch. Foto: Ziegelbauer Foto: Schwarzwälder-Bote

Religion: Syrischer Flüchtling schildert beim Männervesper die dramatische Situation in seiner Heimat

Zum zweiten Mal in der schon langen Veranstaltungsreihe "Männervesper im Oberen Enztal" waren auch Frauen eingeladen.

Bad Wildbad. Der Abend fand in Kooperation mit dem Evangelischen Jugendwerk Bezirk Neuenbürg und mit dem "Festi-wall für ein friedliches Miteinander" der AG "Menschen Miteinander" statt. Das Thema lautete "Flüchtlinge unter uns – Wege zu einem guten Miteinander". Referent war Yasin Adigüzel (32), evangelischer Theologe und Islamwissenschaftler.

Schon vor Monaten und damit zu einer Zeit des großen Flüchtlingszustroms nach Deutschland hatte sich Gemeindediakon Manfred Bertsch aus Calmbach zufolge das seit mehr als zehn Jahren bestehende Aktionsteam "Männervesper im Oberen Enztal" für einen Abend mit dieser Thematik entschieden. Eingeladen wurde der Projektreferent in der Landesstelle des Evangelischen Jugendwerks in Württemberg, Yasin Adigüzel. Dieser begrüßte die mehr als 60 Besucher des Abends im Hotel "Alte Linde" in Wildbad arabisch mit "As-Salamu alaykum".

Für schulische Betreuung gesorgt

Adigüzel schilderte zunächst seinen beruflichen Lebensweg. Aufgewachsen in einer türkischen Familie in Deutschland entschied er sich nach seinem Abitur für das evangelische Theologiestudium und wandte sich danach speziell der schwierigen Situation syrischer Flüchtlinge zu, die in einer türkischen Grenzstadt zu Tausenden Aufnahme gefunden hatten. Mit beeindruckenden Bildern schilderte er die Situation in Damaskus und in der türkischen Grenzstadt, in der er zusammen mit seinem Team ein Schulprojekt einrichten konnte, um syrischen Flüchtlingskindern im Alter zwischen fünf und 13 Jahren mit ebenfalls geflüchteten syrischen Lehrern eine stark nachgefragte schulische Betreuung anbieten zu können. "Für die Kinder ist Schule das Größte", berichtete Yasin Adigüzel. Aus eigenen Beobachtungen bei Reisen nach Syrien schilderte er die dortige schwierige Bürgerkriegssituation und die ethnischen Unterschiede verschiedener Gruppen. Begonnen mit friedlichen Demonstrationen seien die Proteste in den vergangenen Jahren bis zum Bürgerkrieg eskaliert.

Im zweiten Teil seines Vortrags berichtete der Referent über die von ihm in Deutschland betriebene interkulturelle Jugendarbeit. "Hinschauen statt wegschauen", "Hingehen statt zu warten bis sie kommen" und "Mit Flüchtlingen reden" waren seine Ratschläge zur Förderung der Integration. Wobei eine entsprechende Mimik und Gestik Möglichkeiten seien, fehlende Sprachkenntnisse zu überbrücken. Ein Beispiel für eine persönliche Begegnung sei in der Bibel mit dem Handeln des barmherzigen Samariters aufgezeigt, führte der Referent aus. "Regelmäßige Kontakte" anstelle eines "Hau ruck-Verfahrens" war ein weiterer Tipp für eine zum Erfolg führende Eingliederung der Flüchtlinge. Dabei könne man Fehler in der Betreuungsarbeit mit Vergebung und Versöhnung ausgleichen. "Es geht nicht darum, die Welt zu retten. Unser Job ist, den Nächsten zu lieben. Wenn wir das schaffen, ist die Welt ein Stück besser", betonte Yasin Adigüzel zum Schluss seines interessanten Referates, für das ihm Rüdiger Hering und Manfred Bertsch vom Vorbereitungsteam "Männervesper im Oberen Enztal" dankten. In der Aussprache zum Referat ging es unter anderem um die christliche Leitkultur im Zusammenhang mit der Aufnahme und Unterbringung der Flüchtlinge, um die Verschleierung von Frauen und um Kreuze in Schulräumen. Diakon Manfred Bertsch zufolge ist das nächste "Männervesper im Oberen Enztal" am 30. März 2017.