Foto: privat Foto: Schwarzwälder-Bote

Holger Birnbräuer wird im Rathaus empfangen

Seit 15 Monaten wohnt er auf dem Sommerberg. Doch der Bad Wildbader Hausberg ist für Holger Birnbräuer ein ziemlich kleiner Hügel. Der gebürtige Baden-Badener ist auf den Vier- bis Achttausendern der Erde zu Hause.

Bad Wildbad. Am 27. Mai hat er den Mount Everest, den höchsten Berg der Erde, erfolgreich bestiegen. Seit Anfang Juni ist er zurück im Nordschwarzwald. Grund genug für Bürgermeister Klaus Mack, den 44-Jährigen samt Ehefrau Anke Staiger und Mutter Magdalene Birnbräuer im Bad Wildbader Rathaus zu begrüßen: "Ich freue mich, dass wir so interessante Menschen hier in der Stadt haben."

Unterlegt mit spektakulären Fotos beschrieb Birnbräuer die Mitte April gestartete Expedition, für die er sich einer kommerziellen Gruppe um den Schweizer Kari Kobler angeschlossen hatte. Über Kathmandu, Hauptstadt von Nepal, und Lhasa, Hauptstadt von Tibet, erreichte die 13-köpfige Gruppe erfahrener Bergsteiger zusammen mit ihren Sherpas – "ohne die ginge gar nichts!" – das auf 5300 Metern Höhe gelegene Basislager. "Hier konnten wir uns noch einmal ein bisschen erholen – soweit das auf dieser Höhe möglich ist." International sei es in diesem Lager zugegangen. Indische, chinesische und russische Expeditionen bereiteten sich etwa zeitgleich Zelt an Zelt auf ihren Aufstieg vor. "Unser Aufstieg über die Nordwand ist zwar schwieriger, aber nicht so überlaufen wie über die Südseite", so Birnbräuer, der bereits als Junge die Begeisterung für das Bergsteigen entdeckt hat: "Wir waren viele Jahre in Freizeitlagern in der Schweiz. Meine Mutter als Köchin, mein älterer Bruder als Betreuer und ich als Teilnehmer."

Die Mount Everest-Expedition war professionell geplant. "180 Yaks brachten unser Material bis auf 6 400 Meter Höhe. Insgesamt hatten wir fünf Lager in Richtung Gipfel. Zunächst übten wir tagelang kleine Auf- und Abstiege zur Höhenanpassung. Auch damit das Blut sich mit mehr roten Blutkörperchen anreichern konnte."

Eigentlich sei die Gipfelbesteigung auf den 16. Mai geplant gewesen, aber "das Wetterfenster war zu eng". Der erfahrene Expeditionsleiter Kobler entschied sich zur Umkehr ins Basislager. "Von 26. auf 27. Mai war es dann so weit." Aufregung und Faszination sind dem Bergsteiger aus Leidenschaft noch anzuhören: "Um 15 Uhr am Nachmittag kamen wir auf 8300 Metern an. Kaum Platz, die Zelte am schrägen Steilhang zu verankern. Schlafen konnten wir auch nicht. Gegen 22 Uhr dann der Aufbruch Richtung Gipfel. Bei Dunkelheit und mit Stirnlampe. Leider zog das Wetter zu: Wolken und leichter Schnee gewährten uns keine klare Sicht mehr. Trotzdem war es ein unbeschreibliches Erlebnis, gegen 7 Uhr morgens den Gipfel auf 8 848 Metern zu erreichen." Ein wenig schränkt Birnbräuer seine eigene Leistung ein: "Es war ja mit Sauerstoff. Meinen ersten Achttausender, den 8 201 Meter hohen Cho Oyu, habe ich 2013 ohne zusätzlichen Sauerstoff bezwungen." Und ergänzt: "Der Abstieg vom höchsten Berg der Erde war fast härter als der Aufstieg. Zwölf Stunden, nach einer Nacht ohne Schlaf. Und die Kälte dort oben ist extrem."

Eindrücke verarbeiten

Noch immer ist Birnbräuer – im "sonstigen Leben" am Lehrerseminar in Freudenstadt beschäftigt – dabei, die Eindrücke zu verarbeiten. Und seine Familie natürlich auch. Noch von einem der Höhenlager beim Abstieg erhielt Ehefrau Anke die erste SMS zum geglückten Projekt: "Morgens um fünf Uhr. Geschlafen habe ich in dieser Nacht natürlich nicht…." Zwar teilt sie die Liebe ihres Ehemannes zum Bergwandern, aber Gipfelbesteigungen sind nicht ihr Ding. "… aber einen Viertausender hat sie schon mit bestiegen!" grinst der ausgebildete Grund- und Hauptschullehrer, "das war in Marokko. Die Belohnung war der Heiratsantrag!"

In den Alpen gebe es noch viel zu tun, beschreibt Birnbräuer weitere Ziele. Unter anderem möchte er dort gern alle 82 Viertausender besteigen. Knapp die Hälfte hat er schon. Wie er das alles finanziert? Sparen. "Er ist schon ein bissle geizig in anderen Sachen", schmunzelt dazu Mutter Magdalene, die wie Ehefrau Anke unruhige Nächte verbringt, wenn der professionelle Hobbybergsteiger unterwegs ist auf allen Kontinenten. Die Carstensz Pyramide auf Papua Neuguinea, 4884 Meter hoch, soll 2019 nächstes Ziel sein, um die "Seven Summits" voll zu machen, die jeweils höchsten Berge aller Kontinente. Selbstverständlich wird sich Birnbräuer dann wieder rund um seine neue Heimat Bad Wildbad vorbereiten: Sommerberg herunter und wieder hinauf auf allen möglichen Pfaden, Skihang inklusive; über den Meisternrücken ins Kleinenztal und zurück.