Natalie Dovbysch (Klavier) und Wolfgang Seibold (Schumann-Experte) gestalteten im Bad Wildbader Forum König-Karls-Bad eine gelungene Clara-Schumann-Matinee über die Beziehungen von Robert und Clara Schumann zu Felix Mendelssohn Bartholdy. Foto: Bechtle Foto: Schwarzwälder-Bote

Seibold beleuchtet Verhältnis von Clara und Robert Schumann zu Mendelssohn Bartholdy

Von Götz Bechtle

Bad Wildbad. Die Musik der Romantik war die beherrschende musikalische Stilrichtung des 19. Jahrhunderts.

Hauptmerkmale der Romantik waren die Betonung des gefühlvollen Ausdrucks, die Auflösung der bisher geltenden klassischen Formen der Musik, die Überschreitung der traditionellen Harmonik, die Übernahme von volksmusikalischen Themen sowie die Verbindung mit literarischen Ideen.

Zu den Hauptvertretern dieser Richtung gehörten neben Clara (1819-1896) und Robert Schumann (1810-1856) und Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) auch Johannes Brahms (1833-1897), Frédéric Chopin (1810-1849) sowie Franz Schubert (1797-1828).

Seit 2009 gibt es jeweils Ende August das Clara-Schumann-Wochenende, sozusagen eine Erinnerung an den sechswöchigen Wildbader Erholungsaufenhalt von Clara Schumann im Jahre 1859.

In einem Gesprächskonzert wurden im Forum König-Karls-Bad von Musikwissenschaftler Wolfgang Seibold (Vortrag) und Natalie Dovbysch (Piano) die Beziehungen zwischen der Familie Schumann und Felix Mendelssohn Bartholdy im Rahmen einer Clara-Schumann-Matinee abwechslungsreich dargestellt.

Zur Einstimmung wurde die Matinee mit Robert Schumanns "Erinnerung" am Klavier eröffnet, einer Komposition, die ein Jahr nach dem Tod Mendelssohns entstand und diesem gewidmet war. Das Leben des früh verstorbenen Mendelssohn kreuzte sich recht oft mit dem der Familie Schumann. Klavierausschnitte aus den "Kinderszenen" Mendelssohns nämlich "Von fremden Ländern und Menschen", "Bittendes Kind" und "Glücks genug" vermittelten einen Eindruck auf den jungen Mendelssohn, der bereits als Zwölfjähriger größere Werke komponierte. Friedrich Wieck (Vater von Clara Schumann) stellte bereits 1832 in Paris sein klavierspielendes "Wunderkind" Clara dem bekannten Mendelssohn vor. Damit begann der erste Kontakt zwischen Clara und Mendelssohn, der dann auch 1835 bei Claras Geburtstag mit von der Partie war. Gemeinsam spielten sie das vierhändige "Capriccio brillant", dessen Manuskript Mendelssohn zum Abschied Clara schenkte. Aus Clara Wiecks "Soirees musicales" spielte Dovbysch das heitere "Notturno".

Freundschaftliche Gefühle bestimmten das Verhältnis von Mendelssohn und Clara Wieck, was Robert Schumann 1838 in einem Brief an seine Verlobte Clara zum Ausdruck brachte – eine gewisse Eifersucht ist da durchaus zu vermuten. 1840 berichtete Clara in einem Brief an Robert über Mendelssohn: "Er spielte meisterhaft und so feurig, dass ich mich wirklich in einigen Momenten nicht der Tränen enthalten konnte…" Und der eifersüchtige Robert Schumann schreibt nach der Eheschließung mit Clara in das Ehetagebuch, das wöchentlich im Wechsel von Clara und Robert geführt wurde: "Ein schönes Wort von Mendelssohn macht Clara stundenlang glänzen." Aus den "Liedern ohne Worte" von Mendelssohn Bartholdy erklang für die Zuhörer anschließend das "Venetianische Gondellied".

Auch familiär gab es viele Kontakte zwischen den Schumanns und Mendelssohn, so wurde Mendelssohn Pate für Schumanns erstes Kind Marie, die übrigens als 17-Jährige ihre Mutter nach Wildbad begleitete. Während Robert Schumann eher ein normales Verhältnis zu Mendelssohn hatte, schreibt seine Frau Clara 1843 "Nie ward ich mehr von seinem noblen und schönen Charakter überzeugt…" "Ein Lied ohne Worte", am Piano wunderbar vorgetragen von Natalie Dovbysch, ergänzte diese Aussage. Geschickt und gut verständlich stellte Seibold die Kontakte zwischen den beiden Musiker- und Komponistenfamilien vor, wobei es durchaus auch Krisen gab.

Im November 1845 setzte Mendelssohn, inzwischen Kapellmeister des Gewandhausorchesters Leipzig, Schumann-Werke auf die Programme, so die Uraufführung von Schumanns zweiter Sinfonie, und im November spielte Clara dessen Klavierkonzert op. 25. Während die Begeisterung der Schumanns für Mendelssohn weiter anhielt, vermutete Mendelssohn, dass hinter einer "zweideutigen" Kritik die Schumanns stecken würden, was jedoch nicht zutraf.

Am 4. November 1847, dem Todestag Mendelssohns, machte Robert Schumann nur ein großes schwarzes Kreuz in das Ehetagebuch, ein Zeichen, wie nahe ihm der Tod des Freundes ging. Auch drei Jahre später berichtet Clara Schumann über einen Berlinaufenthalt: "Unser erster Gang war zu Mendelssohns Grab, wo Robert ein Blatt als Andenken mitnahm."

Sohn erhält Vornamen des toten Freundes

Letztes Zeugnis der Verehrung für Mendelssohn war die Geburt des achten Kindes von Robert und Clara Schumann, eines im Juni 1854 geborenen Knaben, der in Erinnerung an Felix Mendelssohn Bartholdy dessen Vornamen Felix erhielt. Wie zu Beginn der Matinee war das klingende Freundschaftsdenkmal Robert Schumanns, der "Erinnerung" aus op. 68 zu hören und beschloss den musikalischen Teil dieses Gesprächskonzerts, das von den Besuchern anhaltenden Applaus erhielt.