Begegnung mit Holocaust-Überlebenden (von links): Pfarrer Ulrich Holland, Natalja Pott, Michael und Gita Koifman, Bürgermeister Markus Wendel sowie Marina Rentschler. Foto: Stocker Foto: Schwarzwälder-Bote

Holocaust-Überlebende in Dreifaltigkeitskirche / Gita und Michael Koifman erzählen / Seelenspuren

Von Steffi Stocker

Bad Teinach-Zavelstein. "Zeugen der Zeitzeugen" heißt nicht nur das Projekt, zu solchen wurden am Freitagnachmittag auch die Gäste in der Dreifaltigkeitskirche in Bad Teinach. Und zwar beim Empfang für Gita und Michael Koifman.

"Der Frieden in den Ländern und zwischen den Völkern liegt in den Händen der nächsten Generation", sagte Michael Koifman. Im Vorfeld hatte der 1937 in Rumänien geborene Holocaust-Überlebende davon erzählt, wie eine Münze seinem Bruder das Leben rettete. Demnach hatte er Frauenkleider getragen, um unentdeckt zu werden. "Die Nazis haben ihn dennoch gefangen und an die Wand gestellt", so seine Ausführungen. Sein Vater konnte dann mit einer Münze den Soldaten davon abhalten, ihn zu erschießen. Das Getto von Transnistrien überlebten viele dorthin deportierten Juden ebenfalls durch den Vater. Er hatte die Ankündigung eines wohlgesonnenen Schneiders, dass die Tötung bevorstehen würde, weitergeleitet. "Deshalb konnten sich viele rechtzeitig verstecken", berichtete Koifman.

Gerade mal 90 US-Dollar im Gepäck

1973 reiste er mit seiner Ehefrau in Israel ein, mit gerade mal 90 US-Dollar im Gepäck. "Wir haben eine Organisation gegründet, um zu helfen und das Gedenken zu leben", berichtete Gita Koifman, Vorsitzende des "Verbandes für Überlebende der Konzentrationslager und Gettos" in Israel. Denn in den 90er-Jahren kamen rund eine Million russischsprachiger Juden, darunter bis zu 20 000 Holocaust-Überlebende, ohne finanzielle Unterstützung in das Land.

"Es wird immer schwieriger, die Geschehnisse und Erinnerungen daran aufzuschreiben, um die Geschichte und deren Leben zu würdigen", appellierte Koifman an die Menschen, mitzuhelfen, alles zusammenzutragen. Deshalb sei sie sehr dankbar für die Freundschaft und Gemeinschaft von Menschen, die dabei helfen.

In Deutschland engagiert sich der Verein "Initiative 27. Januar" für die christlich-jüdischen und deutsch-israelischen Beziehungen. In dessen Reihen dokumentiert das Projekt "Zeugen der Zeitzeugen" mittels Interviews die Erinnerungen und transportiert diese in verschiedene Veranstaltungen.

Dafür ist unter anderem Marina Rentschler aus Schmieh verantwortlich. "Am Denkmal für ermordete Juden fragte sie mich, ob ich ihre deutsche Tochter sein möchte", erzählte die junge Frau mit Tränen in der Stimme vom Beginn der Verbindung zu Gita Koifman. "Durch euer Kommen hinterlasst ihr Seelenspuren und im Dialog, der Liebe und den Begegnungen kann Neues entstehen", unterstrich Rentschler den Wunsch nach Trost für die Lücken, die in den Lebensgeschichten und Familien durch den Holocaust entstanden sind. Für das kommende Jahr ist ein Jugendaustausch geplant, um die Begegnungen der zweiten und dritten Generation zu fördern.

"Wichtig ist, dass die junge Generation versteht, und mit den Erkenntnissen aus der Vergangenheit die Zukunft gestalten kann", erläuterte Rentschler die Motivation. "Die Angst, die auch Kinder seinerzeit hatten, ist heute kaum mehr vorstellbar", erzählte Pfarrer Ulrich Holland von Berichten seines Vaters. Umso mehr sei er dankbar, dass Gita und Michael Koifman differenzieren und Begegnungen suchen, um davor zu bewahren, es noch mal zu erleben. Deshalb, so Bürgermeister Markus Wendel, sei es wichtig, die Erinnerung wach zu halten und sie an die nachkommenden Generationen weiter zu geben. "Ein ganz besonderer Dank gilt den Überlebenden der Schoah, dass sie den Schmerz und den verständlichen Hass über das, was sie als Kinder erleben mussten, hinter sich gelassen haben und nun in unser Land gekommen sind."