Rechtliche Bewertung der Broschüre "Rückblick – Ausblick" liegt beim Regierungspräsidium / Landratsamt bewertet Angelegenheit als heikel

Von Claus Wiegert

Bad Rippoldsau-Schapbach. Das Kommunalamt hat die rechtliche Bewertung der Broschüre "Rückblick – Ausblick", die Bürgermeister Bernhard Waidele im Wahlkampf herausgegeben hatte, abgeschlossen. Offen ist jedoch, was dabei herauskam.

Und ob das 32-seitige Heft, das Waidele an die Haushalte in Bad Rippoldsau-Schapbach verteilen ließ, ihn nun juristisch als Bumerang trifft.

Klaus Dölker, Leiter des Kommunal- und Rechnungsprüfungsamts im Freudenstädter Landratsamt, wollte gestern im Gespräch mit unserer Zeitung nicht bestätigen, aber auch nicht ausschließen, dass die Wahl wegen der Broschüre möglicherweise wiederholt werden muss: "Ich sage weder Ja noch Nein." Die rechtliche Bewertung der Broschüre durch die Aufsichtsbehörde werde nun mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe abgestimmt. Abgewartet werden müsse außerdem noch der Ablauf der Einspruchsfrist: Am Donnerstag vergangener Woche wurde das Ergebnis der Bürgermeisterwahl im Mitteilungsblatt der Gemeinde Bad Rippoldsau-Schapbach offiziell bekannt gegeben. Nun haben Bürger noch bis zum kommenden Donnerstag Zeit, Einspruch einzulegen. Wobei die Entscheidung der Kommunalaufsicht nicht davon abhängt, dass die Wahl von anderer Seite angefochten wird.

Waideles Hochglanzbroschüre kann durch die Gestaltung mit Wappen und Namenszug Bad Rippoldsau-Schapbachs den Eindruck erwecken, dass sie von der Gemeindeverwaltung herausgegeben worden ist, und sie enthält kein Impressum. Bezahlt hat sie der Bürgermeister aus eigener Tasche.

Im Landratsamt wird die Angelegenheit als heikel eingestuft. Denn ein Bürgermeister, der sich um seine Wiederwahl bemüht, darf die Wahrnehmung seines Amts nicht mit seinen Aktivitäten als Kandidat verbinden. Was nicht heißt, dass er keine Öffentlichkeitsarbeit seitens der Verwaltung machen darf.

Die Zulässigkeit amtlicher Öffentlichkeitsarbeit hat ihre Grenze jedoch dort, wo offene oder verdeckte Wahlwerbung beginnt, wie das Oberverwaltungsgericht Greifswald in einem Urteil aus dem Jahr 2010 festgestellt hat. Dabei komme es nicht darauf an, ob die festgestellten Unregelmäßigkeiten die Entscheidungsfreiheit der Wähler tatsächlich beeinflusst haben. Es genüge, wenn die Unregelmäßigkeiten das Wahlergebnis beeinflusst haben könnten oder geeignet seien, die Entscheidungsfreiheit "ernstlich zu beeinträchtigen".

Um seine Tüchtigkeit und Qualifikation für das angestrebte Amt herauszustellen, könne ein kandidierender Amtsträger in privater Wahlwerbung auch auf sein bisheriges berufliches Wirken hinweisen, hat das Verwaltungsgericht Osnabrück in einem Urteil über die Grenzen unzulässiger Wahlwerbung eines Amtsträgers im Jahr 2002 eingeräumt. Die Grenze zur unzulässigen Wahlwerbung werde aber dann überschritten, wenn der Amtsträger "mit Umständen für sich wirbt, die nicht in seiner Person begründet sind, sondern sich aus der Innehabung seines Amts ergeben". Wird der Rahmen der zulässigen Wahlwerbung in deutlichem Maß gesprengt, kann dies durchaus als schwerwiegender Wahlfehler gewertet werden, der zur Ungültigkeit der Wahl führt.

Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg von 1992 führt ein Wahlmangel zur Ungültigerklärung der Wahl, wenn deren Ergebnis dadurch beeinflusst werden konnte. Das Gesetz verlange dabei keinen tatsächlichen, sondern nur einen möglichen ursächlichen Zusammenhang zwischen Wahlfehler und -ergebnis. Dieser sei gegeben, wenn sich "eine konkrete und nach der Lebenserfahrung nicht ganz fern liegende Möglichkeit der Beeinflussung des Wahlergebnisses ergibt".