Bekommt beim Wahlkampf in der Schapbacher Festhalle viel Gegenwind: Ulrich Krauth Foto: Wiegert Foto: Schwarzwälder-Bote

Ulrich Krauth arbeitet bei Wahlkampfveranstaltung in der Schapbacher Festhalle kräftig am Image-Wandel

Von Claus Wiegert

Bad Rippoldsau-Schapbach. Ein leichtes Heimspiel kann Ulrich Krauth beim Wahlkampftermin in der Schapbacher Festhalle nicht erwarten. Aber er geht in seiner Rede vor rund 50 Zuhörern souverän zur Sache. Beteuert, dass die "enge Verbundenheit mit dem Tal" die Motivation für seine Kandidatur bei der Bürgermeisterwahl am Sonntag ist. Schildert eigene Erfahrungen und Erfolge – unternehmerische wie politische – und nähert sich auf Umwegen dem Reizwort, das erst spät, fast nebenbei, fällt: Eingemeindung. Auf dieses Thema will sich der chancenreichste Herausforderer von Amtsinhaber Bernhard Waidele auf keinen Fall reduzieren lassen und arbeitet an diesem Abend deshalb kräftig an einem Image-Wandel.

In erster Linie will er Bürgermeister in Bad Rippoldsau-Schapbach werden, versichert der 54-Jährige, "für die nächsten acht Jahre". So wird die mögliche Eingemeindung Bad Rippoldsau-Schapbachs nach Freudenstadt in Krauths Wahlkampf zur Nebensache – wenn auch zur wichtigsten. Parallel zur Erledigung der anderen kommunalpolitischen Aufgaben könne man ja die Möglichkeit der Fusion prüfen und dann nach etwa drei Jahren in einem Bürgerentscheid im oberen Wolftal darüber abstimmen lassen, schlägt er vor. Nicht "Entweder oder" sondern "Sowohl als auch" heißt die Devise. Die Zuhörer nehmen es ruhig, aber mit kritischen Blicken zur Kenntnis. Und hören sich geduldig an, wie Krauth in Bezug auf Waidele selbstredend immer mehr "Wasser in den Wein schüttet, der derzeit kredenzt wird": Nur wegen äußerer, zum Teil einmaliger Umstände sei das neueste Rechnungsergebnis der Gemeinde positiv ausgefallen. Es gelte aber, mittelfristig aus dieser Abhängigkeit herauszukommen. Bad Rippoldsau-Schapbach sei zwar keine Trümmerlandschaft, "aber die Gefahr, sich dorthin zu entwickeln, steigt".

Dass die Stimmung zwischen Gemeinderat und Verwaltung in den vergangenen Jahren immer schlechter geworden sei, liege nicht allein an den handelnden Personen. Wie in einer Familie sei in dem Gremium "Feuer unter dem Dach, wenn das Geld nicht dazu reicht, um das Notwendigste zu beschaffen". Krauth wirbt dafür, zu prüfen, welche Möglichkeiten Bad Rippoldsau-Schapbach als "selbstbewusster und großer Stadtteil Freudenstadts" hätte. Unverzichtbare Einrichtungen wie Schule und Kindergarten, Sportanlagen, Festhalle und Kurhaus stünden dabei nicht zur Diskussion. Und möglicherweise könne erreicht werden, dass Erlöse aus dem Wald von Bad Rippolds-au-Schapbach auch nach der Eingemeindung hier investiert würden.

Selbstständigkeit sei ein großes Wort, "aber ohne die entsprechenden Mittel eine Farce". Die Gemeinde hänge am "Gängelband der Kommunalaufsicht" und dürfe keinen Euro als neues Darlehen aufnehmen. In Sachen Kurklinik müsse alles Erdenkliche für einen Neustart getan werden, auch wenn die Möglichkeiten der Gemeinde gering seien. Ohne die Einnahmen aus der Klinik sei das Tal fast nicht regierbar. Eine Spitze verkneift sich der Kandidat nicht: "Ich kann mit möglichen Investoren auch auf Englisch sprechen."

Dramaturgisch geschickt lässt Krauth Lautstärke und emotionalen Gehalt seiner Rede langsam, aber stetig anschwellen und lenkt vor der Diskussion nochmals den Fokus von dem Reizwort des Wahlkampfs auf sich selbst: "Ich bitte sie, jenseits des Themas Eingemeindung auch die Personen zu bewerten." Nach gut einer halben Stunde beendet er sein Solo am Rednerpult. Krauths Botschaft haben sie wohl gehört, aber den meisten Zuhörern fehlt offenbar der Glaube daran, wie die kritischen Fragen und Stellungnahmen zeigen. Etliche Bürger bezweifeln, dass die Doppelgemeinde von Freudenstadt große Zuwendungen erwarten kann, wo die Stadt doch selbst finanziell nicht auf Rosen gebettet ist. Details müssten erst erarbeitet werden, sagt Krauth. Aber ein Ortschaftsrat Bad Rippoldsau-Schapbach hätte, wie der erfahrene CDU-Kommunalpolitiker versichert, eine andere, bessere Stellung in der Zusammenarbeit mit dem Stadtrat Freudenstadt als der jetzige Gemeinderat gegenüber der Kommunalaufsicht. Bei Letzterer habe man es mit "emotionslosen Beamten zu tun, da gibt’s nicht links oder rechts". In einem politischen Gremium sei die Basis ganz anders: "Da sitzen Bürger, die Bürger verstehen."

"Das Schwimmbad stirbt, wenn wir nach Freudenstadt kommen", ist sich ein Zuhörer sicher. Ein Bürger wirft Krauth vor, sich nun von der Eingemeindung zu distanzieren, "weil das Thema gegen sie arbeitet", ein anderer, "schnell, aber falsch" zu rechnen: "Die Eingemeindung", das werde sich herausstellen, "bringt nichts." Krauth bestreitet einen Kurswechsel, hält überhaupt wacker dagegen, greift zwar auch mal verbal in eine untere Schublade, sorgt aber letztlich dafür, dass die teils hitzige Stimmung in der kühlen Festhalle dem fairen Austausch gegensätzlicher Argumente nicht im Wege steht.

"Wir könnten schon noch die nächsten Jahre allein überleben", meint der Bewerber, "aber warum sollten wir nicht nebenher eine Alternative prüfen?" Eine Frau antwortet spontan: "Weil wir das nicht wollen." Ein Bürger plädiert gar dafür, "das Ding in der Mitte durchzuschneiden" und Bad Rippoldsau nach Freudenstadt, Schapbach nach Wolfach einzugemeinden. "Lasst uns zusammenbleiben", mahnt Krauth versöhnlich. Aber die meisten Positionen bleiben an diesem Abend unvereint. Der Schlussapplaus ist denn auch eher höflich als zustimmend.