Mit dem "Wash-Wash-Trick" gaukeln Gauner vor, dass durch Tinkturen und Pulver vermeintlich Banknoten zum Vorschein kommen. Foto: Büttner Foto: Schwarzwälder-Bote

Mehr als 68 000 Euro verloren / Schöffengericht verurteilt "Diplomat" zu zwei Jahren Haft / Mehr als sechsstündige Verhandlung

Mit dem sogenannten "Wash-Wash-Trick", auch als "Nigeria-Connection" bekannt, werden meist via Mail Personen aufgefordert, Erbschaften, Geldfunde oder Fonds zu retten, indem man diese nach Deutschland bringe.

Dafür allerdings fallen Zollgebühren an, die im Vorfeld überwiesen werden sollen. Und natürlich kostet immer die notwendige Chemikalie mehrere Zehntausend Euro, um die vermeintlichen Geldscheine zu "entfärben". Dafür werden den "Opfern" Vorführungen präsentiert, bei denen auf schwarzen oder weißen Papieren mittels Tinkturen und Pulvern Banknoten zum Vorschein kommen. In den vergangenen Jahren zeigte sich, dass kaum eine Gesellschaftsschicht davor gefeit ist, auf diesen Trick hereinzufallen. Deshalb rät die Kriminalpolizei, solche Mails zu ignorieren oder frühzeitig Kontakt mit ihr aufzunehmen.

Von Steffi Stocker

Bad Liebenzell/Calw. Einen Berg voll Schulden, eine zerrüttete Ehe und ein fingiertes Heiratsversprechen sind für eine zweifache Mutter aus Bad Liebenzell das Ergebnis eines Internet-Flirts. Sie saß nämlich dem sogenannten Wash-Wash-Trick auf.

Sie hatte mehr als 68 000 Euro verloren, die sie für vermeintliche Zollkosten, vor allem für eine Chemikalie zum "Entfärben" von angeblich unkenntlich gemachten Geldscheinen zur Verfügung stellte.

Am Dienstag verhandelte das Schöffengericht Calw diesen Betrug, nachdem die Polizei mithilfe der Geschädigten, den für sie zuständigen "Diplomaten" in Köln festnehmen konnte. Staatsanwalt Thomas Trück legte in der Anklage das Geschehen dar. "Coyle Fletcher", ein angeblicher britischer Offizier im Einsatz in Afghanistan, hatte demnach via Facebook im Februar 2014 den Kontakt mit der Frau aus Bad Liebenzell aufgenommen. Es entwickelte sich, aus Sicht der Geschädigten, eine Liebesgeschichte inklusive Eheversprechen.

Im Verlauf der Verbindung, unter anderem per Telefon, berichtete der Mann von mehreren Millionen US-Dollar, die bei einer Razzia aufgefunden und unter den Soldaten aufgeteilt wurden. Ihm stünden 1,7 Millionen Dollar zur Verfügung, die er nach Deutschland bringen wolle. Allerdings würden dafür Zoll- und Versicherungsgebühren fällig, die doch die Frau auslegen solle. Die Bad Liebenzellerin ließ sich darauf ein und überwies 8100 Euro nach Indonesien. Irgendwann war dann der Koffer mit dem vermeintlichen Geld in Belgien. In einem Hotel in Lüttich traf die Geschädigte, die 15 000 Euro in bar mitbrachte, erstmals den "Diplomaten Clement". Er führte ihr in beeindruckender Weise vor, wie mittels Tinktur und Pulver weißes Papier zu Geldscheinen wurde. Dann verschloss er den Koffer und übergab ihn der Frau, während ein weiterer "Diplomat" sich im Hintergrund hielt.

Nur wenige Tage nach ihrer Rückkehr aus Belgien wurde sie um weiteres Geld gebeten, um die notwendige Menge an Chemikalien beschaffen zu können. Bei drei Treffen in Stuttgart übergab sie insgesamt 44 600 Euro an "Clement". Mit Krediten bei mehreren Banken, einer Hypothek auf eine Eigentumswohnung im Ausland sowie privaten Darlehen finanzierte sie den Geldfluss. Trotz Warnungen ihres Noch-Ehemanns und der Freundin hielt sie an der Geschichte fest. Selbst als die vom Ehemann aktivierte Polizei bei ihr vorstellig wurde.

Irgendwann wurde sie stutzig und öffnete den Koffer, in dem vor allem weißes Papier zu finden war. "Ich war blauäugig und unglücklich verheiratet", räumte die Geschädigte in der mehr als sechsstündigen Verhandlung ein. Sie brachte den Koffer zur Polizei und hielt den Diplomaten für die restlichen 5000 Euro hin. Nach Überwachungen von Telefongesprächen und Ortung des betreffenden Handys von "Clement" wurde dieser im Sommer in Köln verhaftet.

Während Staatsanwalt Trück durch die Verhandlung den Sachverhalt bestätigt sah und eine Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten beantragte, plädierte Kristina Brandt auf Freispruch. "Er ist nicht der richtige Angeklagte", zog die Verteidigerin einerseits die Identifikationsmethode durch die Polizei in Zweifel. Andererseits stellte sie infrage, ob er überhaupt der Gesprächspartner am Telefon gewesen sei. "Womöglich war er nur ein Laufbursche", argumentierte sie bezüglich des gefundenen Handys. "Ich habe nichts damit zu tun und auch erwartet, dass die Polizei ermittelt, woher die Mails kamen", sagte der Angeklagte, der keine Angaben zur Sache machte.

"Wir sind davon überzeugt, dass sie die Tat begangen haben und auch die Geschädigte hat Sie eindeutig identifiziert", so Brigitte Lutz in der Urteilsbegründung für zwei Jahre Haft. Die Vorsitzende Richterin verwies nicht nur auf Vorstrafen, sondern vor allem auf die enorme kriminelle Energie sowie den erheblichen Schaden. "Es besteht ein großes Interesse, die Bevölkerung vor solchen Menschen zu schützen", zog Lutz ihr Fazit nach dem Prozess.