Wie die Menschen bei der Bergpredigt Jesu lauschten, so hören die Teilnehmer der spirituellen Wanderung Pfarrer Dieter Lohrmann (Mitte) beim Bischofsbrunnen zu. Foto: Veranstalter Foto: Schwarzwälder-Bote

Spirituelle Wanderung durch Bad Liebenzell mit Pfarrer Dieter Lohrmann

Bad Liebenzell. Die Stadt Bad Liebenzell verdankt seine Entstehung einem Kloster. An jenes Frauenkloster, um 1080/90 als Ableger des Hirsauer Klosters auf dem Gelände der heutigen Schleyerburg erbaut, erinnert jedoch nur noch ein Teil des heutigen Stadtnamens. Das lateinische Wort "Cella" oder "chele" in der ersten urkundlichen Erwähnung im "Codex Hirsau-giensis" heißt wörtlich übersetzt Klosterzelle.

"Doch ich möchte heute meinen Schwerpunkt nicht auf Kirchengeschichte legen", stellte Pfarrer Dieter Lohrmann seinen Ausführungen im Rahmen der spirituellen Wanderung "Oppidum Chelle – was Weltmenschen vom Kloster lernen können..." voran. So manche Bezeichnung oder Stätte erinnert zwar an die klösterliche Vergangenheit der Kurstadt, doch sollte sie lediglich eine geistliche Verbindung veranschaulichen.

Ob am Bischofsbrunnen, im Andachtsraum des Feierabendshauses der Liebenzeller Schwesternschaft, bei der Diakoniestation, auf dem Kirchhof oder vor dem Altar der St. Blasius-Kirche machte der Geistliche den Mitwanderern bewusst, wie viel Heilsames und Gutes im klösterlichen Leben und Wirken stecke.

Zunehmend mehr Jugendliche und Erwachsene verweilten in einem Kloster oder einer Kommunität, ja selbst Firmen legten ihren vielbeschäftigten Managern einen Klosteraufenthalt nahe. "Viele Aspekte des Klosterlebens stehen für das, was die Menschen heute suchen", hatte Lohrmann in Gesprächen und Begegnungen festgestellt.

In einer Welt voller Lärm und Betriebsamkeit, in einer Gesellschaft, in der vorrangig Leistung und Erfolg zählen, in menschlichen Beziehungen ohne Achtung und Fürsorge, brauche es mehr denn je Zeiten der Stille und des Schweigens, gegenseitige Achtsamkeit und Fürsorge, feste Ordnungen und Regeln sowie ein festes Eingebundensein in wiederkehrende Abläufe, gab der Theologe zu bedenken.

"Wir sehnen uns nach Stille und ertragen sie nicht mehr", singt der Liedermacher Manfred Siebald. "Wir woll’n den Klang des Schweigens, der uns erschaffen hat", wünscht sich Werner Bergengruen in seinem Gedicht "Gewalt der Stille". Und der Theologe Helmut Lamparter rät: "Schaffe dir Inseln der Stille, hasse den Lärm, das Geschwätz."

Eine Sinn gebende, wiederkehrende Ordnung wie regelmäßige Gebetszeiten oder das bewusste Mitleben mit dem Kirchenjahr, könne unserem Leben wieder mehr Halt geben, versicherte der versierte Seelsorger. "Die alte Klosterregel ›Ora et labora‹ (bete und arbeite) befürwortet den geordneten Wechsel, die Priorität des Gebets sowie die gegenseitige Durchdringung", gab er seinen Pilgern mit auf den Weg.