Welche Erfahrungen "Rotkäppchen auf der Flucht" macht, erfahren Grundschulkinder aus Bad Liebenzell während einer Theatervorführung im Rahmen eines Seminars über Flucht und Asyl auf der Burg Liebenzell. Foto: Fisel Foto: Schwarzwälder-Bote

Deutsch-polnische Jugendbegegnung zum Thema Asyl auf Burg Liebenzell / Flüchtlinge führen Theaterstück auf

Von Andrea Fisel

Bad Liebenzell. Der Wunsch nach einem sicheren Zuhause, nach Freiheit, Menschlichkeit und Anerkennung eint alle Menschen. Ganz gleich, ob sie nun eine sichere Heimstätte haben oder ob sie sich auf der Flucht befinden.

Das wurde den Mädchen und Jungen der vierten Klasse der Reuchlin Schule Bad Liebenzell sofort klar, während sie auf der Burg Liebenzell in der Vorstellung des Theaterstücks "Rotkäppchen auf der Flucht" saßen.

Das Besondere an dieser Theateraufführung war, dass nicht die Handlung in der bekannten Fassung der Gebrüder Grimm erzählt wurde, sondern dass hier aktuelle Fluchterfahrungen von Kindern und Familien aus unterschiedlichen Herkunftsländern in anschaulicher Form verarbeitet wurden.

Und noch tiefer beeindruckt waren die kleinen Zuschauer, dass die Schauspieler dieses modernen Märchens Vertreibung und Flucht, Unterdrückung und Gewalt am eigenen Leib verspürt hatten.

"Ich will wieder arbeiten und frei sein"

"Ich habe ein gutes Leben aufgeben müssen, weil ich mit dem Tode bedroht wurde. Ich wünsche mir ein normales Leben in Sicherheit. Ich will wieder arbeiten und frei sein", antwortete Ahmed Shakib Pouya, einer der beiden Schauspieler des Theaterstücks auf die Frage, was er sich für seine Zukunft in Deutschland erhoffe. Pouya war von Afghanistan vor Terroristen der Taliban über die Türkei, Griechenland und Italien geflohen, bis er nach über zwei Jahren in Deutschland ankam. Seine Erfahrungen verarbeitete er zusammen mit dem aus Syrien geflüchteten Schauspieler Ramadan Ali in dem Theaterstück, das von dem Jungen Theater Augsburg inszeniert wurde.

"Das ist eine Holzpistole, damit kann man nicht schießen", rief eines der Kinder, als Ramadan während des Stücks die Rolle der Schlepper auf der Flucht erklärte. "Hast du viel Geld an die Schlepper gezahlt? Wo ist deine Familie? Hattest du Angst auf der Flucht? Was hast du mitgenommen? Machst du das Theaterspielen freiwillig?", wollten die Kinder von den beiden Schauspielern im Anschluss an die Aufführung wissen.

Doch nicht nur den Bad Liebenzeller Grundschülern brannten diese Fragen unter den Nägeln, sondern auch den 21 Jugendlichen aus Deutschland und Polen, die sich während ihrer mehrtägigen Jugendbegegnung auf dem Internationalen Forum Burg Liebenzell unter der Leitung von Studienleiterin Gertrud Gandenberger und der pädagogischen Leiterin der internationalen Jugendbegegnungsstätte Oswiecim/Auschwitz, Olga Onyszkiewciz, mit dem aktuellen Thema Flucht und Asyl befassten.

Bewegende Eindrücke hinterließen Interviews mit Flüchtlingen, Begegnungen mit engagierten Helfern sowie ein Besuch im Asylzentrum Tübingen.

"Wir sind vor dem Krieg geflüchtet. Wir hatten es aber noch gut, weil wir mit der Wehrmacht geflohen sind, da gab es was zu essen", so der Zeitzeuge und Vorsitzende des Internationalen Forums, Peter Witte, aus Bad Liebenzell. Er war bei Kriegsende 1945 gerade mal neun Jahre alt.

Dass Kriege mit Flucht und Elend verbunden sind, schilderte auch die leitende Oberärztin der Geriatrie im Krankenhaus Herrenberg, Gesine Ruppert-Mann, die 1987 ein Jahr lang an der thailändischen Grenze in einem Lager mit mehr als 100 000 kambodschanischen Flüchtlingen gearbeitet hatte.