Die Narrenzunft Liebenzell präsentiert mit Riese Erkinger, Haugstetter-Bajass und "Schluchtenheuler" die sagenumwobenen Figuren der Kurstadt zur schwäbisch-alemannischen Fasnet. Foto: Stocker

Riese Erkinger verlässt Burg. Narren unter anderem beim Nachtumzug in Calw am 27. Februar dabei.

Bad Liebenzell - Nachdem vor fast zwei Jahren der Riese Erkinger Namenspate für ein Fest in der Kurstadt geworden war, erweckt nun auch die Fasnet die Sagengestalt zum Leben.

Die im April gegründete Narrenzunft Liebenzell veranlasst jetzt den Riesen, die Burg zu verlassen.

Natürlich führt er dabei den gewaltigen Stab mit sich, der für ihn nicht nur eine Abwehr gegen Angreifer ist, sondern im Fall der Narrenzunft auch Träger von Trophäen. Bekanntlich erzählt die Sage von der Vorliebe des Riesen Erkinger für Frauen – speziell, wenn sie im Begriff sind zu heiraten.

Begleitet wird er, den die Liebenzeller Narren als Einzelfigur aufgriffen, von einer Gruppe Bajasse. Sie stellen einen Haugstetter dar, der wegen seines Aussehens zwar den weiblichen Teil der Bevölkerung für sich einnahm, aber sein Tagwerk mit Spaß und Streichen verbrachte. "Er ging jedem im Dorf schon dermaßen auf die Nerven, dass die Dorfgemeinschaft ihn aus Haugstett nach Liebenzell verjagte", nannte Narrenzunft-Vorstand Manfred Schweickhardt den Hintergrund der fröhlichen Figur, die in rot-schwarzem Häs mit zahlreichen Glöckchen Schabernack treibt. Den Charme des Haugstetter-Bajass macht sich zudem der Riese Erkinger zunutze, um die Frauen einzufangen.

Der Sage nach frisst er sie auf und wirft die Gebeine achtlos über die Burgmauern. So soll über die Jahrhunderte ein Berg entstanden sein, auf dem der Stadtteil Beinberg heute namentlich hinweist.

Die Seelen der Frauen indes suchten sich weinend den Weg bis in die Wolfsschlucht bei Ernstmühl. Die dort lebenden Wölfe griffen sie auf und heulten jedes Mal laut auf, wenn der Riese wieder eine Braut verschlang. Mit den "Schluchtenheulern" in Form von grauen Wölfen rundet die Narrenzunft Liebenzell das Gefolge des Riesen Erkinger zur Fasnet ab.

Plätzles-Häs mit etwa 900 einzelnen Flicken

Mit jeweils rund 900 einzelnen, dreieckigen Flicken zusammengesetzt ist das Plätzles-Häs der Wölfe. Einzelne blaue, gelbe und schwarze Plätzle tragen den Farben des Wappens von Bad Liebenzell Rechnung. "Diese Häs-Form haben wir ganz bewusst gewählt, um den Gemeinschaftssinn und die Identifikation mit der Figur durch die Herstellung zu stärken", erzählten die Narren.

Für die Realisierung der Figuren entwarfen die derzeit 20 Mitglieder die Masken für den Riesen Erkinger und die "Schluchtenheuler", die Maskenschnitzer Uwe Thaler umsetzte. "Sie wurden Ende vergangenen Jahres fertig", berichtete Schweickhardt, während die Rechte am Bajass von der früheren Freien Narrenzunft Haugstett, die sich auflöste, an die Narrenzunft Liebenzell übertragen wurden.

Unter anderem die Ausführung der damaligen Dämonen als sogenannte Krampus-Masken, also einer Gestalt im Nikolaus-Brauchtum der Ostalpenländer, war Motivation für den Wandel der Fasnet in Bad Liebenzell.

"Außerdem war ein eingetragener Verein unser Ziel und das sind wir seit Juli", erinnerte der Vorsitzende an die bisherige Interessengemeinschaft, aus der sich viele Mitglieder der Narrenzunft Liebenzell anschlossen. Bei diversen Veranstaltungen wie beispielsweise dem Weihnachtsmarkt waren sie inzwischen vertreten und werden sich auch beim Erkinger-Fest Anfang Mai einbringen. Dafür kreierte die Zunft eigens einen Erkinger-Burger.

Zurzeit tragen sie die Figuren und Farben der Stadt bei Umzügen im Land und lassen ihren Schlachtruf "Närrisch ond wiaschd" ertönen. Unter anderem beim Nachtumzug in Calw am 27. Februar werden die Bad Liebenzeller Narren dabei sein.