Persönliche Erfahrungen rund um den Mauerfall / Bis heute eines der unglaublichen Ereignisse

Von Steffi Stocker

Bad Liebenzell. Der Fall der Mauer, die zwei deutsche Staaten trennte, bewegt Zeitzeugen noch heute. Der Drang nach Freiheit warf ein diktatorisches Regime aus der Bahn.

Anlässlich des "silbernen" Jubiläums des geschichtsträchtigen Ereignisses 1989, ließ der SPD-Ortsverein Bad Liebenzell/Unterreichenbach Betroffene zu Wort kommen.

"In den Monaten davor herrschte auch bei uns Angst, dass die Demonstrationen womöglich in Gewalt ausarten", so die Gastgeberin Saskia Esken. Zumal niemand gewusst habe, "wie dieser repressive Staat mit Kerzen und Gebeten umgeht" erinnerte die Bundestagsabgeordnete an die bekannte Unterdrückung in der damaligen DDR. Einmal mehr traten die unterschiedlichen Lebensbedingungen zutage, als Marion und Rüdiger Krause ihre Lebensläufe darstellten.

Die beiden leben heute in Beinberg. Für eine Geschichtsarbeit hatte ihre Tochter bereits Fakten aus den Bereichen des Aufwachsens, der Bildung, der Freizeitgestaltung sowie den Urlaubsmöglichkeiten in der ehemaligen DDR erhoben. Diese Bereiche stellten die Krauses einander gegenüber. "Für mich fand politische Bildung in der Kirche statt", erzählt Marion Krause. Man habe darüber sonst nirgends sprechen dürfen. Schon im Kindergarten sei die Jugend auf den "guten Sozialismus" eingeschworen worden. Kinder hätten so schon früh gelernt, außerhalb der Familie nicht alles zu erzählen.

Sie habe sich als Jugendliche der Kirchengemeinde angeschlossen, berichtet Krause. Über deren Aktivitäten lernte sich das Ehepaar Krause noch vor dem Mauerfall bei einem Treffen der beiden Partnergemeinden kennen. Sie stellte aufgrund ihrer Hochzeit einen Ausreiseantrag. Und verlor damit unmittelbar, noch während die Bearbeitung des Antrags andauerte, ihren Studienplatz.

Der Bruder wurde degradiert, Freunde verhört. "Ich hatte eine gute Kindheit, aber wir waren nicht frei", stellte sie abschließend fest. "Vor allem die Meinungsäußerung war ein Vergehen, das die Familien mit ausbaden mussten", sagt ihr Ehemann . Der Ortschaftsrat von Beinberg ist überzeugt, dass in Ländern mit diesem Verhalten kein innerer Friede möglich ist. "Es war spannend zu sehen, wie heftig der Umbruch war und dennoch kam die Grenzöffnung unerwartet", so Gerhard Treichel aus Bad Liebenzell. Außerdem habe Unsicherheit darüber geherrscht, ob die Mauer sich wieder schließen würde. Die Stimmung von damals wurde zum Titel für Treichels Buch "Sehnsucht nach Freiheit".

Damals wie heute treibt es Ernst Heeskens die Tränen in die Augen. Er hörte seinerzeit auf der Autobahn aus dem Radio von dem wegweisenden Ereignis. Ingrid Miklitz erzählte von etlichen Besuchen "drüben", die sie schon als Kind kannte: "Es war einfach eine andere Welt". Bilder, Film, Bücher und eine Ausstellung bereicherten die Begegnung mit diesem Stück deutscher Geschichte. Zugegen war auch Inses Veith, deren Buch "Die Frau vom Checkpoint Charly" bekanntermaßen verfilmt wurde. Den Reigen der Erfahrungsberichte schloss als Gast Simone Raatz. Die Kollegin Saskia Eskens vertritt im Bundestag den Kreis Mittelsachsen.