Die Flüchtlinge, die im "Haus des Grafen" untergebracht sind, gelten als Neubürger, was extrem gesteigerte Steuer-Zuführungen von Bund und Land an die Stadt Bad Liebenzell bedeutet; und es werden noch weitere erhebliche Zuschüsse vom Bund für die Flüchtlingsbetreuung und -integration erwartet. Foto: Krokauer Foto: Schwarzwälder-Bote

Finanzen: Zwei Millionen Euro Mehreinnahmen sorgen für Entspannung / Ein bisschen verkehrte Welt

Ist die Durststrecke im Bad Liebenzeller Stadthaushalt endlich vorbei? Das kommende Jahr scheint zumindest eine Trendwende einzuleiten.

Bad Liebenzell. Ein Plus von knapp zwei Millionen Euro auf der Einnahmeseite stehe zu erwarten, wurde bei den Vorberatungen im Verwaltungs- und Finanzausschuss (VFA) deutlich. Dabei seien weitere erwartete, "erhebliche Finanzzuflüsse" vom Bund für die Flüchtlingsbetreuung an die Kommunen, deren Höhe aktuell im fernen Berlin noch verhandelt würden, noch gar nicht in den vorgelegten Entwurf des Verwaltungshaushalts eingerechnet, so Stadtkämmerer Lucas Hansen. Aber die Beträge, die dort hinter vorgehaltener Hand bereits genannt würden, seien erheblich. Denn, so Hansen: „Die Steuerquellen sprudeln kräftig“, und das "werden auch wir hier spüren", ist sich Liebenzells oberster Finanzwächter sicher.

Plus bei Gewerbesteuer

Was bereits jetzt an Mehreinnahmen gegenüber dem laufenden Jahr feststeht: Die Gewerbesteuer wächst von 900 000 auf 1,3 Millionen Euro (plus 400 000 Euro), der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer von 4,534 auf 4,692 Millionen Euro (plus 158 000 Euro), und die Schlüsselzuweisungen des Landes von 3,86 auf 5,12 Millionen Euro (plus 1,26 Millionen Euro) – und das sind nur die größten Posten.

Gleichzeitig werde die Umlage an den Kreis Calw nach einer entsprechenden Entscheidung des Kreistags sinken (minus 66 000 Euro auf 3,12 Millionen Euro), wobei aber dem gegenüber die von der Stadt abzuführenden Umlagen auf die Gewerbesteuer (plus 79 000 Euro) und den Finanzausgleich (plus 64 000 Euro) steigen würden. Bleibt unterm Strich ein Plus im Verwaltungshaushalt von immer noch rund 1,9 Millionen Euro.

Aber "kein Grund in Jubel auszubrechen", kommentierte Gemeinderat Sebastian Kopp (OL) – der zwar kein Mitglied des VFA ist, aber bei der beginnenden Haushaltsdiskussion waren an diesem Abend so ziemlich alle Liebenzeller Gemeinderäte anwesend.

Wobei sich auch Kopp über die 2017 nun mögliche Zuführung an den Finanzhaushalt in Höhe von 960 000 Euro freute, beträgt diese doch im laufenden Jahr dramatisch niedrige 13 000 Euro. Kopp mahnte, in der eingeschlagenen rigorosen Haushaltsdisziplin nicht nachzulassen.

Bürgermeister Dietmar Fischer pflichtete Kopp bei, dass die verbesserte Haushaltlage im kommenden Jahr unbedingt in Relation zur Finanzsituation der Vorjahre gesehen werden müsse. Aber es werde "zumindest nicht noch schlechter", sondern besser. Und man gewinne einige Spielräume, um in den Vorjahren vor sich her geschobene, dringende Projekte – meist Erhaltungsmaßnahmen – endlich anzugehen. Noch kein "Befreiungsschlag", aber eine positive Trendwende für die Gesamtstadt.

Große Überraschung

So nahmen an diesem Abend die Detailplanung der für 2017 in der Stadt geplanten Unterhaltungsmaßnahmen den größten Raum der Beratungen und Verhandlungen ein. Große Überraschung dabei: Während die Fachbereiche der Stadtverwaltung dafür eine "dringende Liste" mit geplanten Gesamtausgaben von 1,382 Millionen Euro vorgelegt hatten, die Bürgermeister und Amtsleiter als ihren Vorschlag an das Gremium auf rund eine Million Euro zusammengestrichen hatten, mochten die Gemeinderäte diesmal doch ein wenig großzügiger sein – und vereinbarten am Ende hier doch Ausgaben in Höhe von 1,332 Millionen Euro. Ein bisschen "verkehrte Welt" also diesmal im Liebenzeller Gemeinderat – knausrige Verwaltung, großzügige Räte.

Wo letztere nicht so krass den Rotstift ansetzen wollten wie die Verwaltung: bei den vom Bauamt gewünschten Unterhaltungsmaßnahmen im Bereich der Gemeindestraßen – zum Beispiel im Hans-Scheidt-Weg (35 000 Euro), Theodor-Heuss-Straße (18 000 Euro) und bei der Sanierung von Treppen und Geländern (50 000 Euro).

Auch die von Agnes Killinger (Die Liste & Bündnis 90/Die Grünen) angemahnte "Ertüchtigung" des Burgbergwegs, die im ursprünglichen Ansatz fehlte, wurde mit 15 000 Euro zusätzlich in die Erhaltungsliste aufgenommen.

Am Ende sprach der VFA sich bei drei Gegenstimmen für eine Empfehlung des Verwaltungshaushalts 2017 mit den vorgenommenen Änderungen an den Gemeinderat aus, der sich im Dezember mit der abschließenden Beschlussfassung beschäftigt.

Bad Liebenzell (ahk). Es ist die höchste Kostensteigerung im Personalbereich, die Bad Liebenzells Hauptamtsleiter Werner Komenda in 32 Dienstjahren jemals einem Gremium des Gemeinderats vorstellen musste: um fast 400 000 Euro oder 8,1 Prozent auf 5,2 Millionen Euro wachsen die Ausgaben 2017.

Still wurde es in der Runde, als Komenda seine Zahlen im Rahmen der Vorberatungen zum Verwaltungshaushalt in der Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses (VFA) vortrug. Und man spürte geradezu manche geballte Faust in den Taschen der Räte, die – wie in der Diskussion dann deutlich wurde – seit dem Jahr 2014 eine Kostensteigerung beim städtischen Personal von sogar mehr als einer Millionen Euro errechnet hatten. Eine offensichtlich schwer zu schluckende Kröte.

Doch Hauptamtsleiter Komenda rechnete vor, dass vor allem Tarifsteigerungen und etwa die Aufwertung der Tätigkeit von Erzieherinnen in Kindergärten und Kitas, für die bundesweit wochenlang gestreikt wurde, zu diesen erheblichen Mehrkosten für alle Kommunen gesorgt hätten.

Zwei Mitarbeiter übernommen

Dazu käme die stetige Ausweitung der Ganztagsbetreuung auch an den Schulen, die eben auch nur durch höheren Personaleinsatz zu bewältigen sei. Liebenzeller "Sondereffekte" seien allerdings die Übernahme von zwei Mitarbeitern der Freizeit- und Tourismus GmbH für den Bereich Personal und Buchhaltung in die Stadtverwaltung, womit man einer Empfehlung des zugezogenen Gutachters umsetze. Und eine "echte" zusätzliche Stelle im Bereich des Bauamtes, die für die wachsenden Aufgaben im Hochbaubereich gebraucht werde. Diese Neueinstellung soll allerdings durch die Nicht-Besetzung der Stelle des Stadtbauamtsleiters kompensiert werden; dessen Aufgaben werden auch künftig fest auf die beiden bisherigen, kommissarischen Leiter Rainer Becht und Lothar Windbiel verteilt.

Auch wenn den ja nahezu vollständig vertretenden Gemeinderäten im VFA die Kostensteigerungen im Personalbereich nicht so recht schmecken wollten, stimmte das Gremium der Annahme der Planungen auch hier bei zwei Gegenstimmen zu und verwies das Papier mit Empfehlung zur endgültigen Beschlussfassung an den Gemeinderat.