Theater-Projekt der Freien Dorfschule Unterlengenhardt / Die Puppen des Grafen werden lebendig

Von Andrea Fisel

Bad Liebenzell-Unterlengenhardt. Was veranlasst junge Menschen in der heutigen Zeit, ein Theaterstück aufzuführen, dessen sprachliche und inhaltliche Wurzeln fast 200 Jahre zurückliegen. Dafür fünf Wochen zu lernen und zu proben? Sich mit altertümlicher Kleidung auszustaffieren und am Ende grandiose Leistungen darzubieten?

Nun, der erste und vielleicht wichtigste Grund könnte gewesen sein, dass die jugendlichen Schauspieler Schüler der Freien Dorfschule Unterlengenhardt waren und die Klassen sieben, acht und neun besuchen. Denn dort wird jährlich im Zuge der Erlebnispädagogik ein Theaterprojekt auf die Beine gestellt, das in erster Linie die künstlerischen Fähigkeiten der Jungen und Mädchen fördern soll. Darüber hinaus möchte es aber auch bleibende Werte vermitteln, die ein von äußeren Umständen unabhängiges, sinnerfülltes Leben ermöglichen.

Ein weiterer Grund lag wahrscheinlich in dem Wissen begründet, dass Theaterspiel sowie das Erlernen des Stückes eine intensive Beschäftigung mit dem Inhalt oder dessen Schreiber voraussetzt. Sei es nun ein klassisches Drama, ein modernes Bühnenwerk oder die Poesie schlechthin, sie "machen" etwas mit den Akteuren. Im Gegensatz zu einer Schrift oder Abhandlung, die der Leser nur gedanklich erfasst, ermöglicht eine Aufführung, bei der Sprache, Körper, Gestik und Mimik zum Einsatz kommen, ein Erleben des Geschehens. Die intensive Teilnahme an der Handlung, die zwar augenscheinlich nur auf der Bühne passiert, jedoch eine authentische Darstellung erfordert, hinterlässt gerade bei jungen Menschen bleibende Eindrücke und Erfahrungen.

Und letztlich spielte bei der gelungenen, mit sichtlicher Spielfreude präsentierten Aufführung des Schauspiels "Die Puppen des Grafen" im Festsaal der Burghalde Gerald Friese eine nicht wenig entscheidende Rolle. Der Drehbuchautor und Regisseur des Stückes inszeniert seit vielen Jahren für und mit jungen Menschen an verschiedenen Schulen und Instituten bekannte und unbekannte, klassische und moderne, seine eigenen oder auch "frisierte", das heißt bearbeitete Dramen, Schauspiele und szenische Darstellungen. "Bei meiner Stückauswahl suche ich immer den lebendigen Prozess mit den Schülern und Tutoren, denn sie sollen ja gefördert und gefordert sein, aber nicht überfordert", zeigte Friese auf.

Allein der Untertitel des Schauspiels "Eine faustische Parabel" ließ Verbindungen zu Goethes Faust erahnen: Ein alternder Graf geht kraft eines blutig unterschriebenen Vertrags einen Pakt mit dem Teufel ein. Im Tausch für die eigene Seele sollen die Puppen aus seinem selbsterschaffenen Panoptikum zum Leben erweckt werden. Doch im Unterschied zum klassischen Drama bestimmte hier nicht Machtstreben und Habgier das Handeln des Protagonisten, sondern Liebe und gewährte Selbstbestimmung. Erleichtert konnten die Zuschauer aufatmen, als sich gegen Ende des Stückes die Mitspieler nicht gegen ihren Herrn stellen, sondern ihn sogar befreien.