Anna Graczykowska und Andreas Beinhauer füllen während eines Liederabends im Paracelsus-Krankenhaus Unterlengenhardt das Geschehen in dem Liederzyklus "Die Winterreise" von Franz Schubert mit Leben. Foto: Fisel Foto: Schwarzwälder-Bote

Schuberts "Winterreise" in Paracelsus-Krankenhaus Unterlengenhardt / Liebesleid eines jungen Wanderers

Von Andrea Fisel

Bad Liebenzell-Unterlengenhardt. Über seinen zweiten großen Liedzyklus "Winterreise – ein Cyclus von Liedern von Wilhelm Müller" bekennt Franz Schubert beim ersten Vorspiel im Jahr 1827: "Ich liebe sie mehr als alle!"

Heute, nach fast 200 Jahren, gehören sie zu den meist gesungenen und bekanntesten Liedern aller Zeiten. Schon bei der Ankündigung des Konzerts "Die Winterreise" sei ein Raunen durch die Besucherreihen im Blauen Saal des Paracelsus-Krankenhauses in Unterlengenhardt gegangen, verriet Moderatorin Renate König, als sie sich bei den beiden Musikern nach einem schier nicht enden wollenden Applaus bedankte. In der Tat hatte die Geschichte jenes verzweifelten jungen Mannes, dessen Liebe zu einem Mädchen ein jähes Ende gefunden hatte, auch hier die Herzen der Menschen mit Musik und Worten erreicht.

Andreas Beinhauer verkörperte mit seinem wohlklingenden Bariton, seiner gefühlvollen Interpretation und seiner klaren Aussprache überaus authentisch die wechselnde Gefühlswelt des Erzählenden auf seiner Wanderschaft durch eine verschneite Winterlandschaft. Auf der Flucht vor der Geliebten, vor den Menschen, letztlich vor den eigenen Gefühlen, durchlebte er alle Höhen und Tiefen menschlicher Empfindungen.

Wehmütig und nachdenklich, dann wieder aufgewühlt und zornig, hoffnungslos und verzweifelt, zwischendurch verträumt und beflügelt, schließlich ohne Lebenswillen bis hin gedrängt von Todessehnsucht begegnete der einsame Wanderer Tieren oder Menschen, fand jedoch nirgends das Ersehnte: "Ich wandre sondermaßen ohne Ruh und suche Ruh" oder "Welch törichtes Verlangen treibt mich in die Wüstenei?"

Die Bilder des Winters unterstrichen im Besonderen die mehr und mehr düstere Stimmung in erstorbenen Blumen, dunkelsten Nächte, tief verschneiten Landschaften oder gefrorenen Gewässern.

Das Klavierspiel verstand Schubert sicherlich nicht nur als begleitende Musik; vielmehr spiegelte Tonart und Rhythmus, Tempo und Dynamik Gefühle und Geschehen wider, lange bevor Gesang und Text einsetzte. Die junge Pianistin Anna Graczykowska meisterte diese Anforderungen mit ihrem beseelten, ausdrucksstarken Spiel in hervorragender Weise, so dass Klavier und Gesang eine wohltuend-harmonische Einheit bildeten und ihrer Zuhörerschaft trotz aller inhaltlicher Tragik ein genussvolles Konzerterlebnis bescherten.