Der Bad Liebenzeller Taxiunternehmer Siegfried Klitzke klagte wegen des Bürger-Rufautos gegen die Kurstadt. Foto: view7 – stock.adobe.com

Jetzt meldet sich stellvertretender Vorsitzender des Trägervereins, Hans-Dieter Teske, zu Wort.

Bad Liebenzell/Karlsruhe - Das Urteil des Karlsruher Verwaltungsgerichts zum Bürger-Rufauto in Bad Liebenzell schlägt in der Kurstadt weiter hohe Wellen.

Die Karlsruher Richter hatten lediglich Zubringer- oder Abholdienste zum oder vom öffentlichen Personennahverkehr für zulässig erklärt. Nicht erlaubt sind nach Ansicht des Gerichts Start- und Zielfahrten. Sie machten das klassische Betätigungsfeld privatwirtschaftlicher Taxi- und Mietwagenunternehmen aus. Der Bad Liebenzeller Taxiunternehmer Siegfried Klitzke hatte wegen des Bürger-Rufautos gegen die Stadt geklagt.

Jetzt meldete sich der stellvertretende Vorsitzende des Trägervereins "Freunde des Bürger-Rufautos Bad Liebenzell", Hans-Dieter Teske, zu Wort: "Die Geschichte des Liebenzeller Bürger-Rufautos erinnert an eine klassische Tragödie, in der eine in glücklichen Umständen lebende Hauptfigur unverdient und mit einer gewissen Notwendigkeit ein schlimmes Schicksal erleiden muss."

Dabei erinnert er an die Vorgeschichte. So sei Ende 2011 der Betrieb des Kurbusses wegen dramatisch zurückgegangener Fahrgäste eingestellt worden. Die Kosten seien deutlich auf 76 000 Euro gestiegen. Dadurch habe sich der Zuschuss der Stadt auf 13,15 Euro pro Fahrt erhöht. "Die neue, unbefriedigende Nahverkehrssituation wurde vom städtischen Arbeitskreis Natur, Umwelt, Energie und Verkehr aufgegriffen", so Teske. Sein Sprecher Klaus Bounin habe dem Gemeinderat vor dem Hintergrund der positiven Erfahrungen in der Nachbargemeinde Oberreichenbach ein Konzept für ein Bürger-Rufauto vorgelegt, das die Funktion des ehemaligen Kurbusses übernehme und die Stadtteile einbinde. Es solle den ÖPNV ergänzen und sich konzeptionell vom Taxi-Betrieb abgrenzen.

Nachdem die rechtlichen Aspekte mit dem Landratsamt abgeklärt und im Vorfeld vom Taxi-Unternehmen Klitzke keine grundsätzlichen Bedenken erhoben worden seien, habe der Gemeinderat am 23. Oktober 2012 grünes Licht für das Vorhaben gegeben. Das Bürger-Rufauto habe sich mit seinen rund 50 ehrenamtlichen Fahrern und zahlreichen Fördermitgliedern zum größten bürgerschaftlichen und gemeinnützigen Projekt in der Geschichte der Stadt und zum Vorreiter und Vorbild für andere Gemeinden in Baden-Württemberg und anderen Bundesländern entwickelt, so Teske.

Vor allem Senioren sowie behinderte und abseits wohnende Bürgern, die sich ein Taxi nicht leisten könnten oder würden, nähmen das Bürger-Rufauto gern für Fahrten zu medizinischen, therapeutischen und sozialen Einrichtungen sowie für Besorgungen des täglichen Bedarfs in Anspruch, so Teske. Es erlaube ihnen, lange selbstständig in der gewohnten Umgebung zu leben. Mehr als zwei Drittel aller Fahrgäste und sogar mehr als 83 Prozent aller Fahrten seien diesem Personenkreis zuzurechnen, wie eine statistische Auswertung gezeigt habe, machte Teske deutlich.

Bund und Land unterstützen Projekte

Der demografische Wandel und der Zuzug vieler Menschen in die Ballungszentren machten es in den ländlichen Gebieten immer schwieriger, Angebote der Daseinsvorsorge und Mobilitat in angemessener Weise vorzuhalten, gibt Teske zu bedenken. "Der Bund fördert daher schon seit Jahren gezielt derartige Maßnahmen, um hier die Lebensqualität zu verbessern und eine wirtschaftliche Entwicklung anzustoßen", fügt er hinzu. "Die Bundesregierung setzt dabei bei der kleinräumigen Erschließung und der Erreichbarkeit der Versorgungsangebote gerade auf innovative Mobilitatsangebote wie das Bürger-Rufauto", fügte Teske hinzu. So habe es in der baden-württembergischen Modellregion Sigmaringen in diesen Tagen eine Informationsveranstaltung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur gegeben, in der kommunale Vertretern und Wissenschaftler praktische Beispiele zu bewährten und neuen Ansätzen flexibler und alternativer Mobilität vorgestellt und diskutiert hätten. Dort sei gerade für ergänzende Verkehrsangebote geworben worden.

Auch die Landesregierung fördere bewusst derartige Ergänzungsverkehre, so Teske. "Die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg hat just im Auftrag des Stuttgarter Verkehrsministeriums speziell für Bürger-Rufautos eine Software entwickelt, die Vereine und andere privatrechtliche Träger bei der Tourenplanung und Betriebsabwicklung unterstützen soll", machte er deutlich.

Darüber hinaus stünden Stadt und Verein in ständigem Kontakt mit dem Landratsamt Calw. Mit Bescheid vom Juni 2017 habe die Kreisbehörde noch einmal ausdrücklich festgestellt, dass der Betrieb des Bürger-Rufautos den gesetzlichen Vorschriften entspreche und die Voraussetzungen der Genehmigungsfreiheit gemäß Personenbeförderungsgesetz erfüllt seien.

Wohltätige Beförderungsdienste

"Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe ist vor diesem Hintergrund sehr zu bedauern", machte Teske deutlich. Da das Urteil noch nicht rechtskräftig sei, wollten die ehrenamtlichen Fahrer jedoch den Betrieb des Bürger-Rufautos im Interesse vor allem der älteren und behinderten Bürgern bis auf weiteres aufrecht erhalten. Die Fahrer erwarteten, dass die Stadt in Berufung gehe und alle Anstrengungen unternommen würden, um vorbildhafte soziale und wohltätige Beförderungsdienste wie das Bad Liebenzeller Bürger-Rufauto langfristig zu sichern, so Teske abschließend.

Taxiunternehmer Siegfried Klitzke war am Donnerstag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.