Das Bild zeigt Friedrich Walz (links), der allerlei aus der Orts- und Kirchengeschichte Möttlingens zu vermitteln wusste. Neben ihm hört der Organisator der Altbürgermeister-Treffen, Siegfried Luz, aufmerksam zu. Foto: Schabert Foto: Schwarzwälder-Bote

Das kleine Dorf schreibt mit namhaften Pfarrern zum Teil Kirchengeschichte / Dörfliches Leben geprägt

Von Hans Schabert

Bad Liebenzell-Möttlingen. So manches "Ah" und "Oh" entlockten die Ausführungen des früheren Orstvorstehers und Bauunternehmers Friedrich Walz den einstigen Bürgermeistern des Kreises Calw und ihren Begleiterinnen. Die meisten der 30 Besucher sahen bei ihrem Vierteljahrestreffen die seit 1955 Blumhardt-Kirche benannte Marienkirche in Möttlingen zum ersten Mal von innen.

Lebendig berichtete der 80-Jährige Walz vom Wirken der Pfarrer Gottlieb Friedrich Machtolf, Christian Gottlob Barth und Johann Christoph Blumhardt, die zwischen 1763 und 1852 nicht nur das Geschehen in dem kleinen Ort und Kirchspiel prägten. Sie schrieben teils auch Kirchengeschichte. Ihr Wirken wurde weit über die Grenzen Möttlingens hinaus bekannt und spürbar.

So erreichte Machtholf, dass Unterhaugstett im 18. Jahrhundert ein vollständig aus Spenden finanziertes Schulhaus und Möttlingen ein Pfarrhaus. Barth war 1826 der Gründer der Kinderrettungsanstalt Stammheim, deren Geschichte sich heute in der Sprachheilschule fortsetzt. Außerdem gab er in seinem Calwer Verlag "Zweymal zwey und fünfzig biblische Geschichten für Schulen und Familien" heraus, die zwischen 1830 und 1945 das meist verbreitete Buch ihrer Zeit neben Bibel und Koran waren. Sie wurden in 70 Sprachen übersetzt und erreichten eine Auflage von 480 000 Bänden.

Johann Christoph Blumhardt ging in die Kirchengeschichte mit der Heilung der Gottliebin Dittus und als einer der Väter der Erweckungsbewegung ein. Er lockte die Menschen in Scharen teils aus dem Ausland zu Tausenden in das Dorf. Im Ort sorgte er 1848 mit der Gründung eines genossenschaftsähnlichen Wohltätigkeitsvereins für bessere Verhältnisse in den historischen "Hungerjahr-Zeiten". Im 1530 errichteten Chor der schmucken Kirche wies der begeistert und begeisternd vortragende Walz auf die seit Blumhadts Zeiten unveränderte bunte Kanzel wie eine bei Renovierungsarbeiten freigelegte, fast 500 Jahre alte Wandmalerei hin.

Eingeladen hatte zu der Zusammenkunft Neubulachs früheres Stadtoberhaupt Siegfried Luz als Organisator der Treffen. Die Gestaltung vor Ort lag in den Händen des einstigen Bad Liebenzeller Kollegen Helmut Schiek. Er hatte auch dafür gesorgt, dass im Backhaus nach einem Ortsrundgang und dem Besuch des heute als Museum gestalteten Gottliebin-Dittus-Hauses dank einer emsigen kleinen Helferschar zur Stärkung mehrere warme Zwiebel- und Kartoffelkuchen aus dem Ofen gezogen werden konnten. Ein Grußwort richtete das amtierende Stadtoberhaupt Dietmar Fischer an die Besucher.