Die Kettensäge in der Hand des Syrers Tarik soll nur andeuten, dass es um gemeinnützige Waldarbeit im Forst von Bad Liebenzell geht, warum Landrat Helmut Riegger (links) auf Einladung von Förster Frank Lindenberger (rechts) bei dem kleinem internationalen Trupp vorbeischaute. Und die Trikolore soll ein Zeichen der Solidarität der syrischen Flüchtlinge mit den Opfern der Anschläge von Paris sein. Foto: Kunert

Syrische Flüchtlinge leisten gemeinnützige Arbeit. "Attentäter von Paris stehen nicht für den Islam".

Bad Liebenzell-Unterhaugstett - Eigentlich war es ein Pressetermin, um zu zeigen, wie (syrische) Flüchtlinge im Wald von Bad Liebenzell gemeinnützige Arbeit leisten – und zwar gern und hochmotiviert. Doch die vier frischgebackenen Waldarbeiter wollten die Gelegenheit auch für ein Statement nutzen.

Emad, Tarik, Mohamad und Mahmoud – so die Namen der vier gemeinnützigen Waldarbeiter – hatten dafür eigens eine Trikolore, die französische Nationalflagge, mit in den Forst nahe von Unterhaugstett gebracht, um ihr Statement auch im Bild festzuhalten. Denn: "Wir möchten den Bürgern im Kreis Calw sagen, dass die Attentäter von Paris nicht für den Islam stehen. Und dass es genau solche Taten waren, vor denen wir alle aus Syrien geflohen sind."

Sprecher der kleinen Gruppe ist Mahmoud, der Englischlehrer. Alle vier leben seit August in der Gemeinschaftsunterkunft in Bad Liebenzell, sind wie so viele über die Türkei und Griechenland auf der Balkanroute via Ungarn bis nach Deutschland gereist. Für jeden ein eindringliches Schicksal. Am heftigsten aber wohl für Tarik, der als Arabischlehrer in seiner Heimat gearbeitet hat: Das kleine Boot mit seiner Familie an Bord sank auf der Überfahrt von der Türkei nach Griechenland. Nur mit Müh und Not konnten sie sich retten. Mit nichts als der Kleidung, die sie am Leib trugen.

Jetzt aber stehen die vier Männer, die sich erst durch die Flucht kennengelernt haben, adrett in Schutzkleidung verpackt im Wald. Und machen Brennschichtholz, wie Revierleiter Frank Lindenberger erläutert. Er hatte die Idee, Flüchtlinge aus der Liebenzeller Gemeinschaftsunterkunft für gemeinnützige Arbeit in seinem Forst zu verpflichten. Erst einmal auf freiwilliger Basis. Auch um zu testen, wie die Bereitschaft der Flüchtlinge überhaupt für solche Arbeiten ist. "Und diese Bereitschaft ist sehr hoch." Die Motivation etwas für das Land zu tun, das sie aufgenommen hat, sei wirklich bemerkenswert. "Sie arbeiten von sich aus mehr als wir verlangen würden."

Für ihre Arbeit bekommen die vier Syrer 1,05 Euro die Stunde. "Und am Ende ein erstes deutsches Arbeitszeugnis mit allem Drum und Dran." Ein Anfang auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Der sich wohl vor allem für Mohamad, den gelernten Kälteanlagenmechaniker, und Emad, den Friseur, interessieren dürfte. "Wer ein Bleiberecht hat, wie in der Regel alle Syrer, bekommt sofort eine Arbeitserlaubnis, wenn eine Stelle für ihn frei ist", erklärt dazu Landrat Helmut Riegger, der die vier Syrer im Liebenzeller Wald persönlich kennenlernen wollte.

Am nächsten Tag mit der korrekten Brotzeit

Auch wenn er die eigentlich geplante Brotzeit für das Quartett nicht dabei hatte – Wecken und Aufschnitt, wie sonst üblich bei solchen Terminen, wären hier wohl fehl am Platz gewesen. Muslime essen nun mal kein Schwein. "Aber auch das werden wir hinbekommen", sagt Riegger. Und verspricht, am nächsten Tag noch einmal mit der kulturell korrekten Brotzeit wiederzukommen.

Was nicht heißt, dass nun alle Flüchtlinge, die derzeit im Kreis Calw gemeinnützige Arbeit leisten, automatisch leckere Wecken vom Landrat erhalten. Denn es sind derzeit rund 100 solche Stellen mit Flüchtlingen besetzt. "Aber es sollen noch viel, viel mehr werden, die wir in solche Tätigkeiten einbinden wollen", sagen der Landrat und sein Sozialdezernent Norbert Weiser unisono. Wenn es geht: freiwillig. "Aber wir haben auch die Möglichkeit, Empfänger von sozialen Leistungen für solche Arbeiten zwangszuverpflichten." Was aber bisher noch nicht nötig gewesen sei. Denn die Flüchtlinge seien, wie in Liebenzell, meist hochmotiviert. Und wollten arbeiten.

"Wir möchten alle Kommunen, Institutionen und auch Vereine ermutigen, sich diesem Beispiel anzuschließen" und gemeinnützige Arbeiten den Flüchtlingen anzubieten. Einzige wirkliche Bedingung: "Es dürfen nur Tätigkeiten als gemeinnützige Arbeit ausgeführt werden, die das im Kern auch wirklich sind."

Für das Brennholz im Liebenzeller Forst heißt das: Es wird später verkauft – und der Erlös fließt dann in die Flüchtlingshilfe. Außerdem: "Normalerweise machen wir von der Forstverwaltung aus diese Arbeiten im Wald nicht mehr." So nehmen die gemeinnützigen Helfer auch keinen regulären Arbeitsplatz weg.

Als Vorarbeiter der vier sympathischen Syrer in Holzfällerkluft fungiert übrigens ebenfalls ein "Flüchtling", wie Steve "Ned Flanders" Hatfield sich augenzwinkernd vorstellt. Er sei vor über 30 Jahren aus den USA in den Schwarzwald "geflüchtet". Da er zweifellos am besten Englisch spricht, hat er die Betreuung der "internationalen Arbeitstruppe" übernommen. Und er ist stolz auf "sein" Deutschland, dass es als Christenland "die muslimischen Brüder" in diesen Zeiten aufnimmt. Und ihnen echtes Asyl bietet. "Wie können wir Nächstenliebe sonst besser beweisen als so?"

Und Landrat Riegger pflichtet bei: "Auch dafür sind diese gemeinnützigen Arbeiten da – dass die Menschen hier bei uns die Flüchtlinge, die zu uns kommen, persönlich kennenlernen. Und feststellen können: Es sind ganz normale Menschen wie wir." Niemand, vor dem man Angst zu haben braucht.