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Montagabend, 19.17 Uhr: Bad Liebenzell hat einen verabschiedeten städtischen Haushalt 2017

Montagabend, 19.17 Uhr: Bad Liebenzell hat einen verabschiedeten städtischen Haushalt 2017 – und das nach nicht einmal einer Stunde Diskussion. Mit 13 zu sieben Stimmen fiel die Entscheidung eindeutig aus.

Eigentlich sollte der Bad Liebenzeller Haushalt 2017 bereits im Februar verabschiedet werden, doch die Sitzung war kurzfristig auf diesen Montag verschoben worden. Warum? So recht raus mit der Sprache wollte keiner der Beteiligten und erklären, was da im Hintergrund alles abgelaufen war. Sowohl die Vertreter der Verwaltung als auch die angesprochenen Gemeinderäte eierten bei der Antwort rum – und blieben sie letztlich schuldig. Was eigentlich in Ordnung ist. Der Gemeinderat ist eben immer auch eine offene Bühne. Und auf der sollen in Bad Liebenzell die Tage des großen Theaterdonners vorbei sein. Einen Neuanfang – den wünschen sich hier wohl alle, selbst die Kritiker der aktuellen städtischen Ausgabenpolitik. Die Entscheidung für den Haushalt 2017 sah genau danach aus. Jede Menge Brücken, wo es bisher nur Gräben gab. Vielversprechend!

Bad Liebenzell. Nach Monaten der, man möchte sagen, öffentlichen Selbstzerfleischung im Bad Liebenzeller Gemeinderat genau zu diesem Thema Finanzen fiel in den Haushaltsreden die klare Bemühung auf, das Gremium mit dem Entscheid wieder in ruhigeres Fahrwasser zu führen. Am besten brachte es vielleicht Dietmar Lehmann-Schaufelberger (Die Liste & Bündnis 90/Die Grünen) in seinem Appell an die Ratskollegen auf den Punkt: "Wir sollten gemeinsam auf einen Neubeginn setzen" und zusammen "mit Mut, Herz und Verstand – in dieser Reihenfolge – die Aufgaben der Zukunft für Bad Liebenzell bewältigen."

Natürlich ging auch der finale Entscheid zum Haushalt 2017 nicht ohne Kontroverse über die Bühne, wobei die verschiedenen Lager im Gemeinderat noch einmal ihre Positionen klarmachten: Zu hohe Neuverschuldung, mangelnde Konsolidierungsbemühungen (Sebastian Kopp, Offene Liste; Doris Bäuerle, Die Liste & Bündnis 90/Die Grünen; Klaus Bounin, OL) sowie nicht akzeptable Intransparenz bei den Kosten der "Blackbox" Freizeit- und Touristik GmbH (Katrin Heeskens, SPD) lautete nach wie vor die Kritik auf der einen Seite. Sich angesichts einer deutlich verbesserten Einnahmesituation zu einigen wirklich dringenden Investitionen im Ort "schweren Herzens" (Lehmann-Schaufelberger; Volker Kliewer, OL) durchzuringen auf der anderen Seite. Außerdem wurde gefordert, den in wahrscheinlich endlosen Diskussionen und Arbeitsgruppen im Hintergrund der öffentlichen Sitzungen ausgearbeiteten Haushaltskompromiss als gemeinsame Chance für die Zukunft zu nutzen (Mike Volz und Armin Jans, CDU).

Konstruktive Arbeit trotz aller Dramatik im Fokus

Das wohl wirklich Bemerkenswerte dabei: der Versuch der Räte, bei aller Unterschiedlichkeit der Meinungen darüber, wie der für Bad Liebenzell beste Haushalt angesichts der bereits extrem hohen Verschuldung der Stadt aussehen müsste, im Gremium wieder Brücken zu bauen für eine konstruktive Arbei. Wobei es Sebastian Kopp übernahm, noch einmal auch die Dramatik der Haushaltslage der Stadt darzustellen. Bis Ende des Jahres werde man einen Schuldenstand von insgesamt 46,1 Millionen Euro erreichen. Das entspräche einer Pro-Kopf-Verschuldung von 4958 Euro. "Ich denke nicht, dass es viele Gemeinden in Baden-Württemberg gibt, die uns da toppen werden."

Doch zuvor hatte Stadtkämmerer Lucas Hansen für die Verwaltung erläutert, dass der neue Haushalt – anders als in den Vorjahren – auch von massiven Einnahmeverbesserungen ausgehen könne. So gab Hansen in der Sitzung bekannt, dass just der Entscheid des Landkreises zur Höhe der Kreisumlage für Bad Liebenzell vorliege. Und dieser mit einer Höhe von 2,85 Millionen Euro "um 340 000 Euro niedriger als im Vorjahr" ausfallen werde.

Zudem steige die Realsteuerkraft der Stadt von zuletzt 2,1 Millionen Euro auf insgesamt drei Millionen Euro – womit die direkten Einnahmen aus den Grundsteuern A und B sowie der Gewerbesteuer gemeint sind. Weitere zwei Millionen Euro zusätzlicher Mittel kämen aus einem höheren Finanzausgleich Bad Liebenzell zu Gute.

Der Kämmerer stellte zudem dar, dass die Verwaltung in der mittelfristigen Finanzplanung davon ausgehe, auch in den Folgejahren Zuführungsraten von mehr als einer Million Euro aufbringen zu können – womit man den langfristigen Zins- und Tilgungspflichten werde gut nachkommen können.

Zinsen und Tilgung erstmals über einer Millionen Euro

Ein Punkt, auf den explizit auch Klaus Bounin in seiner Haushaltsrede noch einmal kritisch einging. Er monierte, dass mit dem neuen Etat die Zins- und Tilgungslast für die Stadt erstmals die Eine-Millionen-Euro-Grenze pro Jahr überschreiten und auf insgesamt 1,3 Millionen Euro ansteigen werde – zu denen sich weitere 1,6 Millionen Euro Zinsen und Tilgungen pro Jahr bei den Eigenbetrieben summierten. "Ich würde gerne zustimmen, dass Bad Liebenzell auf einen guten Weg ist – allein die Zahlen sprechen dagegen."

In all den Diskussionen vermied es übrigens auch Bürgermeister Dietmar Fischer in sehr augenfälliger Weise, neues Öl ins Feuer der Haushaltskontroverse zu gießen. Einziger spitzer Kommentar von ihm, in diesem Fall in Richtung Heeskens: "Ich schluck’s runter." So blieb an diesem denkwürdigen Abend nur bewusst sein zusammengestutztes Statement: "Wir brauchen einen Haushalt. Punkt." Und den hat Bad Liebenzell jetzt – früher im Haushaltsjahr als in der Vergangenheit. Mit erheblichen Investitionen in den Bestandserhalt der Stadt, die den mittlerweile mehr als dringenden Sanierungsstau der vergangenen Jahren beheben sollen.