"Das wichtigste Kapital, das wir hier haben, ist unsere einmalig schöne Lage inmitten der Natur - hoch über der Kernstadt von Bad Liebenzell", weiß Volker Kliewer. Daher rechnet er fest mit dem Erfolg der Planungen, aus der bisherigen Freien Studienstätte ein Modell-Wohnprojekt der Altenhilfe zu machen. Fotos: Kunert/Montage: Krämer Foto: Schwarzwälder-Bote

Freie Studienstätte will künftig Senioren einen unbeschwerten Lebensabend in Unterlengenhardt ermöglichen

Von Axel H. Kunert

Bad Liebenzell-Unterlengenhardt. Der Bad Liebenzeller Ortsteil Unterlengenhardt ist irgendwie mit seiner einmaligen, exponierten Lage und seiner herrlich naturnahen Authentizität schon etwas Besonderes.

Und wenn es nach Volker Kliewer geht, der ja nicht nur der hiesige Ortsvorsteher ist, sondern auch Pächter der Freien Studienstätte Unterlengenhardt samt angeschlossenem Gästehaus, wird das auch künftig für ein hier zu realisierendes Projekt für ein "selbstbestimmtes Wohnen im Alter" gelten.

Was Kliewer damit meint: Unter der Überschrift "Lebens(t)raum" möchte er die ein wenig in die Jahre gekommene Freie Studienstätte sowie vor allem das zugehörige Gästehaus in eine Wohnanlage für Senioren verwandeln, die die Grenzen bestehender Wohnmodelle wie "betreutes Wohnen", "Pflegeheim" oder "Altenheim" sprengen. Konzepte dieser Art wollen den "alten Menschen selbst" ins Zentrum der Planungen stellen. "Die Bewohner sollen sich hier nicht dem Haus anpassen, in dem sie leben. Sondern das Haus und die darin realisierten Wohnräume sollen sich in allen Belangen an den sich meist stetig verändernden Lebenssituationen der Bewohner orientieren und diesen gegebenenfalls funktional je nach Betreuungsgrad mit zusätzlichen Pflege- und Betreuungsoptionen in ihrer gewohnten Umgebung folgen", sagt Kliewer.

Was so selbstverständlich klingt, ist in der Realität längst keine Selbstverständlichkeit, hat Kliewer beobachtet: "Wird ein alter Mensch pflegebedürftig, muss er meist seine gewohnte Wohnung verlassen. Verschlechtert sich seine Selbstständigkeit weiter, wird er oft je nach Pflegestufe von einer Pflegeeinrichtung oder -station an die nächste weitergereicht." Die Autonomie der Senioren bleibe dabei schnell auf der Strecke. Wer seine einmal vertraute Umgebung auch aus solchen Gründen nicht freiwillig wieder verlassen will, werde schnell für unmündig erklärt. "Die Würde des Menschen bleibt meines Erachtens da schnell auf der Strecke."

Der Unterlengenhardter "Lebens(t)raum" will da neue Wege einschlagen – mit Modellcharakter vielleicht für die gesamte Branche. "Die künftigen Zimmer und Wohnbereiche sind modular und hochflexibel konzipiert", erläutert der gelernte Schreinermeister und zertifizierte Facility-Manager Kliewer. Auf einem Grundriss können so je nach Anforderung ohne großen Aufwand unterschiedliche Nutzungsvarianten realisiert werden – auch nachträglich, und auch im laufenden Betrieb. "Im Idealfall braucht ein Bewohner, der einmal seinen Wohnbereich bezogen und sich eingelebt hat, diesen nicht mehr aufzugeben – egal, wie sich seine körperliche oder auch geistige Gesundheit entwickelt." Das immer optional vorhandene komplette Pflegeangebot kann jeweils wie es gebraucht wird abgerufen werden. Oder auch nicht, wenn ein Bewohner sein Leben autonom gestalten möchte.

Hintergrund zu Kliewers ehrgeizigen Planungen ist seine Beobachtung über die vergangenen Jahre, dass eine stetig wachsende Zahl von Unterlengenhardter Bürgern den Wunsch äußere, auch den Lebensabend in diesem einmaligen Ort verbringen zu wollen; und das auch im Falle einer möglichen und heute immer wahrscheinlicheren Pflegebedürftigkeit. "Aber wirkliche Angebote dafür gibt es hier bisher nicht." Gleichzeitig bedürften die in die Jahre gekommene Studienstätte und das Gästehaus "sowohl eine energetische als auch funktionale Sanierung", da sowohl die ölbefeuerte Heizungsanlage, die energetische Isolierung als auch die Barrierefreiheit nicht mehr den heutigen Ansprüchen entsprechen würden.

Weitgehende Barrierefreiheit

All diese anstehenden Modernisierungen sollen nun gemeinsam mit einem zu erstellendem Neubau eines großen, zusätzlichen Wohnflügels an das bestehende Gästehaus umgesetzt werden, wobei es die erwähnte Umwidmung der gesamten Anlage zu einer Altenhilfe-Einrichtung geben soll. Dabei werden alle künftigen Gebäudeteile – also bestehendes Gästehaus, Neubau und Studienstätte – zusätzlich auch ebenerdig durch einen gemeinsamen Flur miteinander verbunden, sodass jeder Bereich der künftigen Einrichtung "trocken und warm" erreicht werden könne. Die weitgehende Barrierefreiheit der künftig durchgängig dreigeschossigen Anlage sollen dabei zwei neue Aufzüge realisieren. Für die Heizung will man künftig komplett auf eine Hackschnitzel-Anlage setzen.

Größte Herausforderung für dieses Projekt, da macht Volker Kliewer keinen Hehl, ist allerdings die Finanzierung: Die als Gesamtkosten für den Bau veranschlagten 8,5 Millionen Euro will der gemeinnützige Trägerverein der Studienstätte Unterlengenhardt vor allem aus Spenden, Zuwendungen aus gemeinnützigen Stiftungen und freien Einlagen decken. Ziel sei es, die Baukosten nicht auf die künftigen Bewohner umlegen zu müssen, um sich so später finanziell möglichst viel Gestaltungsspielraum bei Betreuung und Pflege der künftigen Wohn- und Lebensgemeinschaften erhalten zu können. Klappt das alles wie geplant, rechnet Kliewer im Herbst nächsten Jahres mit dem Baubeginn.