Jörg Heeskens aus Möttlingen gilt als ausgewiesener Balkan-Experte, arbeitet als Präsidentenberater in Serbien und hat einen Reiseführer über Bosnien-Herzegowina geschrieben. Foto: Kunert Foto: Schwarzwälder-Bote

Außenpolitik: Jörg Heeskens arbeitet im Auftrag der Bundesregierung als Präsidentenberater in Serbien

Er ist "unser" Mann in Serbien: Jörg Heeskens aus Möttlingen. Im Auftrag der Bundesregierung berät er Aleksandar Vucic, den Regierungschef des Balkanstaates. Heeskens Auftrag: deutschen Unternehmen in Serbien den Weg zu ebnen.

Bad Liebenzell/Belgrad. Offiziell arbeitet Jörg Heeskens für das deutsche Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ). Richtig – genau jenes Ministerium, in dem der hiesige Bundestagsabgeordnete Hans-Joachim Fuchtel (CDU) Staatssekretär ist. "Ja, man kann sagen, Herr Fuchtel ist mein Chef", schmunzelt Heeskens, der aktuell auf "Heimat-Urlaub" bei seinen Eltern in Möttlingen ist.

Ein politisch sehr engagiertes Elternhaus. "Ja, es gab hier immer eine rege Diskussionskultur in der Familie", erläutert "Papa" Ernst Heeskens. So lag es irgendwie nahe, das Sohn Jörg Heeskens, Jahrgang 1977, nach dem Abitur ein Studium der politischen Wissenschaften anstrebte. "Plus osteuropäische Geschichte." Denn damals in den 1990er-Jahren tobte der Krieg in Ex-Jugoslawien, bestimmte die Schlagzeilen des Tagesgeschehens – und damit auch die Diskussionen im Haus Heeskens oder auch in der Schule. "Das alles hat mich einfach sehr interessiert." Die historischen Hintergründe, das schwierige ethnische, religiöse und kulturelle Geflecht.

An der Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft

Hinzu kam, dass Jörg Heeskens bei seinen ersten eigenen Reisen und Studien-Aufenthalten in den damaligen Krisenregionen von Land und Leuten einfach begeistert war. Und sich dadurch zum echten Balkan-Experten entwickelte. Nach dem Studium arbeitete er zwei Jahre als Unternehmensberater in der Schweiz – "schon an der Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft."

Als sich dann 2009 die Gelegenheit sich auftat, aufgrund seiner einmaligen Expertise und Sprachkenntnisse für die deutsche Bundesregierung als Berater nach Serbien zu gehen, "griff ich sofort zu – ohne zu zögern." Und hat dort mit Ehefrau Božidarka (das bedeutet "Gabe Gottes") mittlerweile auch sein privates Glück gefunden.

"Wir hier in Deutschland sehen Serbien durch die Darstellung in den Medien immer als ›böses Land‹", erläutert Heeskens den Hintergrund seiner Tätigkeit. Dabei gebe es bei der Betrachtung der jugoslawischen Nachfolgestaaten kein "Schwarz oder Weiß". Die Konflikte dort seien kompliziert und vielfältig, "aber sie verstellen heute auch den Blick darauf, dass aus den Ländern dort längst wieder ganz normale Staaten geworden sind." Sicher mancherorts noch vom Krieg gezeichnet, aber mit extrem hohen Bildungsniveau in der Bevölkerung. Und einer längst wieder funktionierenden guten und sicheren Infrastruktur. "Das alles gerade mal eine Tagesreise mit dem Lastwagen von Deutschland entfernt."

Heißt: in der heutigen deutschen "Just-in-Time-Wirtschaft" ein idealer Produktionsstandort, "an dem es zum Beispiel noch ausreichend gute Ingenieure gibt" – hierzulande ja ein immer rareres Gut. Was kaum einer sieht: 450 deutsche Unternehmen nutzen mittlerweile diesen Standortvorteil alleine in Serbien, "und haben dabei über 40 000 Arbeitsplätze geschaffen." Viele davon sind "Rückkehrer" aus Fernost, die die langen Transportwege von dort in Zeiten von Industrie 4.0 als echten Nachteil erleben. Heeskens hilft diesen Unternehmen, in Serbien die richtigen Ansprechpartner zu finden. Und mit der Kultur und den Eigenheiten des Landes zurechtzukommen. Andererseits unterstützt Heeskens aber auch die serbische Regierung und dortigen Funktionsträger zu verstehen, wie deutsche Unternehmer "ticken". Damit "beide optimal zueinanderfinden."

Was dabei sehr hilft: Man spürt, wie Jörg Hesskens die Länder des Balkans aufrichtig liebt. Gerade wenn er über Bosnien-Herzegowina spricht, von der Landschaft, der unberührten Natur, der Gastfreundschaft der Menschen dort erzählt, fangen seine Augen an richtig zu leuchten. Er sei zwar verwöhnt von dem schönen Leben in seiner Heimat im Nordschwarzwald. Aber: "Das dort ist wie der Schwarzwald – was man hier nie vermuten würde." Auch dort gebe es "das Echte, Ursprüngliche, Authentische", und das alles touristisch noch in keinsterweise erschlossen oder gar "verdorben".

Was lag da näher für Jörg Heeskens, als erstens: einen Reiseführer über Bosnien-Herzegowina zu schreiben; und zweitens: zusammen mit Vater Ernst, dem Schwarzwaldführer, der längst durch eigene Reisen auch dem "Balkan-Virus" verfallen ist, eine gemeinsame Tour dorthin zu organisieren?

(ahk). Am Freitag, 21. April, ab 19 Uhr lädt der Schwarzwaldverein Bad Liebenzell in seine Räume in der Kirchstraße 17 zu einer Info-Veranstaltung ein über die geplante Wander- und Kulturreise nach Bosnien-Herzegowina (16. bis 24. September 2017). Jörg Heeskens (siehe nebenstehenden Bericht) wird dabei das von ihm zusammengestellte Reiseprogramm anhand zahlreicher Fotografien und Beschreibungen vorstellen. Dazu wird es für die Besucher landestypische kulinarische Köstlichkeiten geben. Die Veranstaltung ist natürlich auch für Neugierige offen, die sich der geplanten Reise nicht anschließen möchten, sich aber für Land und Leute interessieren.