Sänger Marc Marshall und Pianist René Krömer sind ein eingespieltes Team. Foto: Tröger Foto: Schwarzwälder-Bote

Konzert: Marc Marshall benötigt Booklet beim Titelsong seines neuen Albums / Stehende Ovationen

Ein intimes, mit ganz persönlichen Einblicken in seine Gefühls- und Erlebenswelt gespicktes Konzert gab der Baden-Badener Sänger Marc Marshall im Spiegelsaal des Kurhauses Bad Liebenzell.

Bad Liebenzell. Ein Konzert ohne Technik, nur sein warmer wandelbarer Bariton, mal überaus kraftvoll, mal ganz sacht und leise, schwebend, vom Bühnenrand ins Publikum gehaucht – es gab so einige Gänsehautmomente in diesem Konzert. Dazu trug wesentlich auch René Krömers Begleitung am Bechstein-Flügel bei – sind Pianist und Sänger doch ein eingespieltes, sich gegenseitig inspirierendes und forderndes Team.

"Welche Romanze gehe ich heute Abend ein – mit Ihnen?", nahm der Künstler das Motto des Abends "My Romance" auf und gestand: "So wie heute haben wir das Programm noch nie gesungen."

Also war das Publikum Teil einer Premiere und war sich dessen wohl auch bewusst: Beim Eingangstitel "You’ll never walk alone" aus dem Musical "Carousel" hätte man können eine Stecknadel fallen hören, so andächtig lauschten die Besucher dem intensiv arrangierten Stück.

Damen lieben den Hüftschwung

Marshall präsentierte einen Querschnitt seines Repertoires, in englischer, spanischer und französischer Sprache genauso authentisch wie im Deutschen, und mit dem besonders von den Damen geliebten Körpereinsatz in Form eines Hüftschwungs. Die Evergreens "Green, green Grass of Home" und "What a wonderful world" wurden vom Publikum schon mitgesummt.

Eine Hommage an seinen fast 80-jährigen Vater Tony und an "die völlig verrückte Showbiz-Welt" war der Titel "Der Star". Mit den Stücken "Tanz mit mir" und dem lasziv-treibenden "High Heels" machte er dem Publikum Appetit auf sein neues Album "Die perfekte Affäre". Dieser Titel setze bei manchen automatisch ein Kopfkino in Gang, dessen Bilder jedoch völlig konträr zur Aussage des Titelsongs seien, so der Sänger.

Seine Vielseitigkeit stellte Marshall mit Ausflügen ins Jazz-Genre – "The Shadow of your Smile" und die spanische Originalversion "Cuando vuelva a tu lado" des Hits "What a different a Day makes" – und mit einem Harry Belafonte-Medley unter Beweis. Diesen großen Sänger und steten Kämpfer für die Rechte der Farbigen, traf er vor fünf Jahren in New York, erzählte Marshall. Belafonte, der auch seinen Vater musikalisch prägte, habe ihm gesagt, dass er das Gefühl habe, alles, was er zusammen mit Martin Luther King gemacht habe, vergeblich war und er gerne noch mal von vorne anfangen würde. "Island in the Sun", "Jamaica Farewell", "Come back Liza", "Mathilda" – die unvergänglichen Evergreens erklangen auch aus dem Publikum, dem Marshall den Tipp gab, beim Singen den Mund zu öffnen und den Emotionen freien Lauf zu lassen.

Immer wieder ans Limit und auch darüber hinaus

So wurde der Chorus zu "Mathilda" ein kraftvolles Gemeinschaftserlebnis. "Der Titel ›Take it to he Limit‹ beschreibt auch meine Lebenshaltung. Ich gehe immer wieder ans Limit und manchmal auch darüber hinaus", gestand der Künstler bei der Ansage seines Schlusssongs.

Allerdings hatte das Publikum noch nicht genug. Es wollte unbedingt "Die perfekte Affäre" hören und das brachte Marshall auch ans Limit, denn diesen Song hatte er nicht eingeplant und musste gestehen, den Text teilweise nicht zu kennen. Ein Booklet half aus der Patsche, der Song ging unter die Haut und der Lapsus und sein unverkrampfter Umgang damit war sympathisch und unkompliziert. Nach zwei weiteren Zugaben gab es für Sänger und Pianist stehende Ovationen vom begeisterten Publikum, dem sie zwei Stunden beste Unterhaltung in fast schon privat-intimer Atmosphäre präsentiert haben.