Ausgelassen tanzt Däumelinchen (Hannah Zenglein, Zweite von rechts) mit ihren geflügelten Freunden im Rahmen der Aufführung des Freien Theaters Bad Liebenzell. Foto: Fisel Foto: Schwarzwälder-Bote

Kultur: Freies Theater Bad Liebenzell führt Stück "Däumelinchen" auf / Märchen von Andersen

Was du siehst mit deinen Augen und mit deinem Herzen, das ist das Leben. Diese Erkenntnis gewinnt Däumelinchen am Ende ihrer langen Reise in den Süden, auf einer Suche nach sich selbst.

Bad Liebenzell. Die Aufführung "Däumelinchen" des Freien Theaters Bad Liebenzell verspricht seit seiner Uraufführung im Oktober 2015 ein volles Haus. Da die Theatergruppe, die sich regelmäßig im Kulturtreff Bürgerzentrum in der Baumstraße zum Theaterspiel trifft, in diesem Jahr ihr 20-jähriges Bestehen feiert, wiederholte sie das Erfolgsstück gleich in mehreren Aufführungen. Doch nicht nur zahlreiche als Insekten verkleidete Kinder ließen sich von dem Spiel verzaubern, sondern auch die erwachsenen Besucher.

Stück auf Charaktere der Mimen zugeschnitten

Das Bühnenstück, das auf Motiven des gleichnamigen Märchens von Hans Christian Andersen basiert, wurde von Barbara Schmidtke für "alte und junge Märchenschwärmer" bearbeitet und zugleich hervorragend auf die unterschiedlichen Charaktere der Schauspielertruppe zugeschnitten. Die Gründerin und professionelle Leiterin der Theatergruppe führte zwar bei dem Stück Regie, schlüpfte aber auch noch in die Rolle des verliebten Maikäfers. Und sie hatte überdies in zwei Wochen Arbeit eine atemberaubend märchenhafte Dekoration geschaffen, dank derer sich die Zuschauer beim Betreten des Raumes urplötzlich inmitten einer herrlichen Blumenwiese wiederfanden.

Däumelinchen, die eigentlich Lina hieß, wurde von ihrer Mutter so genannt, weil sie so winzig war, dass sie kaum die Größe eines Daumens erreichte. Riesengroß indessen war der Wunsch des Mädchens, einmal den Süden kennenzulernen. Immer wieder gestand sie ihren zeitweiligen Reisebegleitern, dass sie sich selbst finden möchte: "Ich weiß noch nicht so recht, was ich bin und was ich sein möchte." Viele Ratschläge, die zu einem guten Leben verhelfen sollten, wurden der Suchenden gegeben: heiraten, fleißig, bodenständig und rechtschaffen sein, sich den anderen anpassen und gesellschaftsfähig werden, sich selbst und anderen gegenüber achtsam sein sowie das Leben in vollen Zügen genießen und seine Träume verwirklichen.

Nach zahlreichen Erlebnissen und Begegnungen, teils liebevoll, freundschaftlich oder hilfreich, teils bedrohlich, verletzend oder ernüchternd, erkannte Däumelinchen schließlich, dass es für ein gelingendes Leben keinen allein gültigen Maßstab, kein Patentrezept gibt. Nicht nur äußere Formen wie Kleider, Wohnung oder Essen seien wichtig, sondern auch nicht allein unsichtbare Dinge wie Vergnügen, Anerkennung oder Freundschaft. Alles zusammen brauche ein Mensch, um glücklich zu sein, sich geborgen und wertgeschätzt zu fühlen. Noch bevor das Mädchen am Ende der Geschichte aus seiner Traumwelt erwachte, hatte es von seinen Freunden aus dem Süden Flügel geschenkt bekommen. Diese für die anderen unsichtbaren Flügel sollten ihm als lebenslange Wegbegleiter dienen: "Damit du lernst, deinen Träumen Flügel zu geben."