Asyl-Helfer: Kreis bedankt sich mit großem Fest / Nach Bewältigung der Flüchtlingskrise folgt nun die Integration

"Der Kreis Calw hat es geschafft." Dieser Satz als Abwandlung des mittlerweile umstrittenen "Wir schaffen das!" der Bundeskanzlerin bringt es wohl am besten auf den Punkt, warum sich der Landkreis jetzt mit einem großen Helferfest bei den hiesigen Arbeits- und Freundeskreisen Asyl bedankt hat.

Kreis Calw/Bad Teinach-Zavelstein. Ausgesuchte Location für das als zünftiges Grillfest aufgezogene, ausgesucht leckere "Dankschön" der Kreisverwaltung an seine ehrenamtlichen Helfer in der Flüchtlingsbetreuung: das Konsul-Niethammer-Kulturzentrum (KoNi) in Bad Teinach-Zavelstein.

Und, das darf man an dieser Stelle sicher einmal sagen, Landrat Helmut Riegger und die Seinen aus dem Sozialdezernat haben sich wirklich nicht lumpen lassen bei diesem Anlass: Reichlich leckere Rumpsteaks gab’s, Shrimps in Massen und am Spieß, mediterranes Grill-Gemüse, dazu das Beste an Getränken, was der Nordschwarzwald zu bieten hat. Trotzdem sei es "nur ein kleines Dankeschön" für die wahnsinnig viele Arbeit, mit der die Asyl-Helfer in den Kommunen des Landkreises der öffentlichen Hand bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise in den letzten Monaten geholfen hätten.

"Ich bin stolz, dass wir diese Herausforderung gut gemeistert haben", sprach Riegger Worte aus, die aktuell in der Gesellschaft nicht mehr opportun zu sein scheinen. Eigentlich will aber auch Riegger das überstrapazierte Kanzlerin-Wort nicht noch mal bemühen, spricht von "Wir bekommen das hin", um dann doch irgendwann beim "Wir schaffen das!" zu landen. Und es noch einmal mutig zu steigern: Es wäre eine Schande gewesen, vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte dieser Verpflichtung nicht gerecht geworden zu sein.

Das findet auch Günther Stricker, der sich in Calw in der Flüchtlings- und Asylhilfe engagiert. "Unsere Hilfe für die Flüchtlinge ist ein selbstverständlicher Akt der Humanität." Was Stricker auch berichtet: Nach dem großen Run der letzten Monate, wo es vor allem darum ging, die vielen ankommenden Menschen unterzubringen und angemessen zu versorgen, gehe es nun immer mehr darum, diese Menschen auch in der Gesellschaft zu integrieren. Also nach der Quantität der Betreuung, nun deren Qualität in jedem Einzelfall zu steigern. Was nicht immer einfach sei.

Stricker erzählt von jenem Syrer, dessen Schicksal ihm im Moment am meisten beschäftigt: Der Mann, Mitte 30, kam vor zwei Jahren mit mehreren Freunden nach Calw. Während die Kumpels nach drei Monaten als Flüchtlinge anerkannt wurden und ein Bleiberecht erhielten – das auch den Familiennachzug ermöglicht –, gab’s bei Strickers Schützling Schwierigkeiten. Erst vor einem Monat war der Anhörungstermin bei der BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) – das ein erst einmal einjähriges Bleiberecht gewährte. Problem: Wegen der Befristung darf der Mann seine Familie nicht nachholen – Ehefrau und drei Kinder. Die aber sind mittlerweile aus Angst vor Verfolgung und Repressalien auch aus Syrien geflohen und nach Schließung der Balkan-Route im griechischen Thessaloniki "hängengeblieben". Wo sie derzeit in einem desolaten Flüchtling-Camp festsitzen. "Solche Fälle nimmst du auch mit nach Hause", sagt Stricker. Und wünscht sich wie alle hier im KoNi eine bessere Unterstützung und "professionellere Arbeit" vor allem vom BAMF.

Kontakt zu ihren Angehörigen halten Flüchtlinge wie der beschriebene Syrer per Handy und/oder Internet, weshalb, wie Asyl-Helfer Helmut Wochele aus Wildberg-Effringen berichtet, der Internet-Anschluss in den Flüchtlingsunterkünften eine besondere Bedeutung habe. Im von ihm mitbetreuten Haus in Effringen konnte solch ein (kostenfrei vom Provider zur Verfügung gestellter) Anschluss schnell realisiert werden. Wochele als IT-Experte übernahm dafür Anschluss und Installation des WLAN-Routers.

Aber bei der neuen Unterkunft am Welsgraben in Kernort von Wildberg gibt aktuell unerwartete Schwierigkeiten, weil es dort – anders als in Effringen – keinen Kabelanschluss der (neuen) Gebäude gibt. "Hier hoffen wir, dass der Landkreis diese Kabel noch verlegen lässt", damit auch diese Flüchtlinge eine Chance haben, mit Freunden und Familien Kontakt halten zu können. "Das ist existenziell für jeden, der gezwungen ist, in der Fremde zu leben."

Womit man bei einem Thema ist, das aktuell komplett aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden zu sein scheint: Warum engagieren sich überhaupt Menschen für die Asyl- und Flüchtlingshilfe? Eine Antwort darauf versucht Ralf Bühler, frisch gebackener Leiter der im Calwer Landratsamt neu geschaffenen Abteilung "Integration": Es gebe hier, so seine Beobachtung, im Nordschwarzwald eine "vergleichsweise hohe Dichte" an Persönlichkeiten, die einfach das Bewusstsein aus ihrer Lebenserfahrung heraus lebten, dass soziales Engagement "dir als Mensch am Ende das Tages mehr bringt" als jedes materielle Erfolgserlebnis. "Diese Erfahrung muss man selbst gemacht haben, um sie zu verstehen." Für ihn sei diesbezüglich ein Schlüsselerlebnis, wenn ihn "Fälle", die er in der Flüchtlingsbetreuung vor vielleicht zehn, fünfzehn Jahren bearbeitete, heute an der Supermarktkasse ansprechen – "und sich bedanken für die Hilfe damals."