Akademietagung: Dialog zwischen Naturwissenschaft und Theologie

Bad Herrenalb. Der Bestandsaufnahme und Neupositionierung des Dialogs zwischen Naturwissenschaft und Theologie war die Tagung "Kritische Distanz und wechselhafte Beziehungen" gewidmet, die in Bad Herrenalb stattfand. Veranstalter war die Evangelische Akademie Baden in Kooperation mit der FEST Heidelberg. Akademiestudienleiter Gernot Meier warnte einleitend vor einer "Wissenschaft, die sich im Ansammeln und Vergleichen von Daten erschöpft". Dem rechnenden Denken allein fehle das Unberechenbare und damit letztlich die "Offenheit der Erkenntnis".

Kritik am weit verbreiteten "technikkritischen Unterton" der Theologie übte der Theologe Klaus Tanner (Heidelberg). Es gelte mehr denn je, die "produktive Kraft" und kulturellen Folgen der Naturwissenschaften wahrzunehmen und sie theologisch zu bearbeiten. Religiöse Fragen kämen "oft durch technische Innovationsschübe, nicht durch die Theologie in die Welt".

Zumindest auf der Ebene des wissenschaftlichen Diskurses haben Theologie und Naturwissenschaft geklärt, dass die "Vieldeutigkeit der Welt" nicht durch die Eindeutigkeit der Naturwissenschaft aufgehoben wird, sagte der Verhaltensbiologe und langjährige Weltanschauungsbeauftragte der Württembergischen Landeskirche, Hansjörg Hemminger (Baiersbronn). Naturwissenschaftliches Wissen diene nicht der Lebensorientierung. Diese entstehe erst, indem Wissen aufgrund persönlicher und gesellschaftlicher Interpretationen zu einer sinnstiftenden existenziellen Botschaft wird.

Hemminger verwies darauf, dass verschiedene Weltanschauungen mit der Naturwissenschaft kompatibel seien. Andere würden zumindest in Details von ihr revidiert. So seien esoterische Vorstellungen von der geistigen Beeinflussbarkeit von Naturprozessen "naturwissenschaftlich untauglich". Dies gelte auch für einen christlichen Fundamentalismus, der Bibeltexten historische oder naturkundliche Richtigkeit zuschreibe.

Eine Antwort auf die für den Dialog wichtige Frage, ob die theologische Ethik für die Naturwissenschaften überhaupt noch interessant ist, gab der Theologe Michael Roth (Bonn). Mitgefühl bezeichnete er als "einzig möglichen Zugang zur Moral".

Als Mythos entlarvte der Theologe Andreas Losch (Bern) die Rede vom ewigen Dauerkonflikt zwischen Theologie und Naturwissenschaft. Der Konflikt sei eine falsche Zuspitzung von Kreationisten und Szientisten und sei letztlich im 19. Jahrhundert stehen geblieben. Inzwischen führe man längst ein "andauerndes Gespräch", bei dem man in unterschiedlichen Phasen zwischen den Polen Konflikt und Integration unterwegs sei.