Akademietagung über Konflikte in der Arbeitswelt / Prävention ist "Querschnitts- und Führungsaufgabe"

Von Ralf Stieber

Bad Herrenalb. Konflikte in der Arbeitswelt werden häufig als Sand im Getriebe empfunden. Umso wichtiger ist ein konstruktiver Umgang mit Konflikten für Unternehmen und Verwaltungen.

Mit dem Tabuthema "Konflikt" setzte sich eine Fachtagung der Evangelischen Akademie in Bad Herrenalb auseinander. Akademiedirektor Siegfried Strobel (Karlsruhe) ermutigte einleitend dazu, Konflikte nicht unter den Teppich zu kehren und deren positiven Seiten als "Zeichen von Lebendigkeit" zu entdecken. Ministerialdirigent Gerhard Segmiller vom Landessozialministerium Baden-Württemberg unterstrich in einem Grußwort die Bedeutung von Konfliktberatung in Sachen Arbeitsschutz. Angesichts der demografischen Entwicklung werde das Gesundheitsthema und die Frage nach der "guten Arbeit" für Betriebe immer wichtiger.

Vom Nutzen von Konflikten für Organisationen sprach der Organisations- und Wirtschaftspsychologe Peter Fischer von der Universität Regensburg. Konflikte seien sinnvoll, weil sie "zu einem vertieften Denken führen", statt sich selbst immer nur auf die Schultern zu klopfen. Durch produktiv ausgetragene Konflikte könnten Entscheidungsfehler in Unternehmen vermieden werden. Davon seien gerade Gruppen betroffen, in denen alle einer Meinung sind. Instrumente der Konfliktprävention stellte Martina Stackelbeck, Mitautorin des Mobbing-Reports, vor. Grundsätzlich gehe es um das Vermeiden von Strukturen und Situationen, die Mobbing und Konflikteskalationen begünstigen. Ähnlich wie Qualitätsmanagement sei Prävention eine "Querschnitts- und Führungsaufgabe". Grundpfeiler einer Konfliktpotenzial reduzierenden Führungspraxis seien Kommunikation, Transparenz, Wertschätzung und die Ermöglichung von Partizipation.

Lösung betrieblicher Problemstellungen

Über eine Verdreifachung der Fehltage am Arbeitsplatz seit 2000 aufgrund von psychischen Erkrankungen berichtete Christian Firus, Oberarzt an der Rehaklinik Glotterbad. Sie entstünden unter anderem durch chronische Überlastung, Arbeitsplatzkonflikte, aber auch durch Arbeitslosigkeit und prekäre Arbeit.

Unter dem Motto "Balance plus" stellte er ein Programm vor, das präventiv die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz unterstützen soll. Die Teilnehmer könnten damit Strategien im Umgang mit Konflikten lernen, die dazu verhelfen, die eigenen Ressourcen und Stärken zur Bewältigung von Stress und Belastung wieder zu entdecken.

Matthias Nübling von der Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin (FFAS) setzte sich dem Thema "Kundenkonflikte als psychischer Belastungsfaktor bei der Arbeit" auseinander. Davon seien Pflegende in psychiatrischen Einrichtungen, Polizeikräfte und Mitarbeitende in Job-Centern besonders betroffen.

Über seine Beratungspraxis berichtete Winfried Küchle, Koordinator der Sozialberatungen bei der Daimler AG. Im Fokus stünde die Lösung betrieblicher Problemstellungen, man lasse aber auch die private Situation von Mitarbeitern nicht außen vor. Denn jedes Problem eines Mitarbeiters könne auch zu einem betrieblichen Problem werden.

Wenn Konflikte am Arbeitsplatz nicht frühzeitig angegangen werden, bleibt am Ende nur noch der Gang vor Gericht. Die Chancen und Grenzen einer solchen Lösung von Arbeitsplatzkonflikten verdeutlichte Nicole Schäfer, Richterin am Arbeitsgericht Karlsruhe. Eine Besonderheit des arbeitsgerichtlichen Verfahrens sei, dass es bewusst so ausgelegt sei, möglichst schnell eine Einigung zu erzielen.

Die Akademie-Tagung wurde in Kooperation mit der Konflikthotline Baden-Württemberg und dem Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt (KDA) veranstaltet.