Am Landgericht Tübingen gab es im Prozess im Fall der getöteten Frau in Bad Herrenalb ein Geständnis. Foto: Martin Bernklau

Im Prozess um den gewaltsamen Tod seiner Vermieterin beruft sich der mutmaßliche Totschläger auf einen "Blackout".

Tübingen/Bad Herrenalb - Der 54-jährige Bahndisponent, der vor dem Landgericht Tübingen angeklagt ist, im vergangenen Mai in Bad Herrenalb seine Vermieterin getötet zu haben, hat die Vorwürfe am Montag im Wesentlichen eingeräumt. Er beruft sich allerdings auf einen "Blackout".

Die 76-jährige Frau war am Vormittag des Muttertags von ihrem Sohn tot im Flur ihrer offenbar verschlossenen Wohnung aufgefunden worden. Ein Arzt hatte trotz der eingetrockneten Blutspuren auf dem Steinfußboden keine Anzeichen für ein Fremdverschulden gesehen und war von einem natürlichen Tod oder einem Sturz ausgegangen.

Auch deshalb erregte der Fall landesweit Aufsehen: Erst nachdem sich der Angeklagte spätnachts auf dem Polizeirevier Rastatt gemeldet und selbst bezichtigt hatte, sie sechs Tage zuvor bei einem eskalierten Streit um Mietrückstände getötet zu haben, ergab eine Obduktion, dass die Mutter der eigentlichen Vermieter erwürgt worden war und die blutende Kopfwunde vom Schlag mit einem stumpfen Gegenstand herrührte.

Das Geschehen schilderte Carsten M. nun um einige Details anders, als sie auf dem Rastatter Polizeirevier zu Protokoll genommen worden waren. Danach will er tatsächlich "mit der Tür ins Haus gefallen sein". Offenbar sei seine Vermieterin mitsamt Trolley auf dem Sprung zum Einkauf gewesen und habe dem an der Tür lehnenden Mieter aus dem Obergeschoss überraschend schnell geöffnet. Durch dieses Missverständnis habe es eine Art versehentlicher Rangelei, ein Festhalten und Stolpern gegeben, wobei die alte Dame gestürzt und für ungefähr eine Minute bewusstlos liegengeblieben sei. Nach dem ersten Protokoll hingegen soll Carsten M. seine Vermieterin im Zorn zu Boden gestoßen haben.

Beim Erwachen, so räumte der Angeklagte ein, habe sie ihm Vorwürfe gemacht und gedroht, die Polizei zu rufen, während er sie beruhigen und der Verletzten seine Hilfe anbieten wollte. Sie habe aber plötzlich um Hilfe geschrien, woraufhin er in Panik geraten sei, zumal er noch ein Klingeln vernommen haben will. Dann erinnere sich dann nur noch daran, ihr den Mund zugehalten zu haben. Der Rest sei für ihn ein "Blackout".

Der Bahndisponent bestritt auch nicht, die Hausschlüssel und den Geldbeutel mit 25 Euro sowie einer Fahrkarte aus der Tasche der toten Frau an sich genommen zu haben und die Tür anschließend von außen verschlossen zu haben. Er sei dann in seine eigene Wohnung im Obergeschoss gegangen und habe die blutverschmierte Kleidung später irgendwo im Zug einer S-Bahnfahrt nach Ettlingen entsorgt. Vor seinem Geständnis auf der Wache irrte Carsten M. wohl mehrere Tage ziellos im Raum Rastatt umher.

Am Nachmittag vernahm der Vorsitzende Richter Ulrich Polachowski noch eine Gymnastiklehrerin aus Hamburg als Zeugin, mit der Carsten M. auf der Kanareninsel El Hierro eine intensivere Urlaubsbeziehung begonnen hatte. Die Große Strafkammer will auch klären, warum der aus Berlin nach Bad Herrenalb gezogene Angeklagte im September 2013 ohne irgendeine Nachricht an die Vorgesetzten oder Kollegen seinen gut dotierten Arbeitsplatz bei der Bahn in Karlsruhe aufgegeben hatte.

Mit der 45-jährigen Hamburgerin, die ihren Urlaubsfreund als "fürsorglich, umsichtig und liebevoll" bezeichnete, ist Carsten M. nach der gleichzeitigen Rückkehr zwar in Kontakt per Telefon und SMS geblieben, einer Begegnung scheint er aber ausgewichen zu sein. Bei zwei Besuchen am Rande von eigenen Vortragsreisen traf sie ihn nicht an. Bei Erkundigungen an seiner Karlsruher Arbeitsstelle erfuhr sie schließlich von dem bis dahin verschwiegenen Jobverlust.

Am Tag des zweiten Besuchsversuchs der Frau in Bad Herrenalb, dem 8. Mai 2014, quoll offenbar bereits der Briefkasten des Bahndisponenten über. Die Vermieterin muss zu diesem Zeitpunkt schon drei Tage tot in ihrer Wohnung gelegen haben.