Geworben für den Wechsel Bad Herrenalbs in den Kreis Karlsruhe wurde auf vielen Transparenten. Nun sprach sich auch eine hauchdünne Mehrheit der Bürger bei der Abstimmung dafür aus. Foto: Kugel

Landkreis-Wechsel: Stellungnahme der Stadt liegt vor. Angebot der Bürgerinitiative angenommen.

Bad Herrenalb - Auswirkungen für die Stadt Bad Herrenalb im Falles eines Landkreiswechsels: Bei der Gemeinderatssitzung am kommenden Mittwoch soll das Gremium Kenntnis von der erarbeiteten Stellungnahme der Stadt nehmen.

Will doch, wie berichtet, das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration bis zum 28. Februar eine Rückmeldung. Unter anderem ist den 13 Seiten der Stellungnahme zu entnehmen: Die Stadt Bad Herrenalb habe der Landesregierung einen Antrag auf Umkreisung vorgelegt. Anlass sei der Bürgerentscheid vom 23. Oktober 2016 gewesen, bei dem sich bekanntlich eine knappe Mehrheit für einen Landkreiswechsel ausgesprochen hat.

Die Gründe dafür seien ökonomischer und sozialer Art. Auch spielten Emotionen eine nicht zu unterschätzende Rolle, sodass der tatsächliche Mehrwert für die Bürger von Bad Herrenalb bei einem Landkreiswechsel nicht unbedingt in Zahlen ausgedrückt werden könne.

Räumliche Verflechtungen

Weiter heißt es: "Dazu zählen beispielsweise auch der Aspekt der Bürgernähe zu übergeordneten Verwaltungen und damit einhergehend auch die Erreichbarkeit dieser Einrichtungen. Gleiches gilt für die kulturellen Angebote der Kreisstadt Calw und noch extremer im Bereich Nagold. Diese werden bei uns nicht beworben, weil sie nicht in vernünftigem Zeitrahmen erreichbar sind."

Im Kern seien es die räumlichen Verflechtungen, die für die Menschen insgesamt immer bedeutsamer würden. Sei es durch die Arbeit, Versorgung, Freizeit und so weiter. "Die große Zahl der Berufsauspendler in Bad Herrenalb stützt zudem das Gefühl der räumlichen Zusammengehörigkeit mit Karlsruhe." Von daher sei es nachvollziehbar, dass der Wunsch nach Umkreisung im Bürgerentscheid erfolgreich gewesen sei.

Bestehender Mangel

"Die Stadt Bad Herrenalb geht daher davon aus, dass die ökonomische und soziale Orientierung der Bewohner der Stadt mehrheitlich in den Norden und Westen – nach Karlsruhe und in den Landkreis Karlsruhe – gerichtet ist. Für die Mehrheit der Bewohner der Stadt Herrenalb behebt daher eine Umkreisung in den Landkreis Karlsruhe einen bisher bestehenden Mangel. Sie ist deshalb aus unserer Sicht durch das öffentliche Wohl gerechtfertigt", steht zudem in der Stellungnahme.

Die Stadt sei sich dabei bewusst, dass jetzt in der anstehenden Debatte der Umsetzung dieses Bürgerbegehrens und der Entscheidung des Landtages quantitative Angaben zu Verflechtungen wichtiger würden. Gleichwohl seien derartige Daten, etwa räumliche Zugehörigkeitsgefühle auf der regionalen Ebene, Freizeit- oder Versorgungsverflechtungen, der amtlichen Statistik nicht zu entnehmen. Auf privatwirtschaftlich erhobene Daten, etwa die Kundenverflechtungen im Rahmen von Marktanalysen, könne nicht zurückgegriffen werden, da es sich, wenn diese vorlägen, um Betriebsgeheimnisse handle. Die Tatsache, dass auch der nationale Zensus von einer Vollerhebung auf eine Stichprobe umgestellt worden sei, schränke eine verlässliche Aussage zu Fakten stark ein.

Datensätze erheben

"Das bedeutet im Umkehrschluss, dass diese Datensätze im Bedarfsfall erhoben werden müssen. Dies durchzuführen, übersteigt jedoch die Möglichkeit einer Stadt wie Bad Herrenalb. Auch ist ein Gebiet zu untersuchen, das weit über den Zuständigkeitsraum der Stadt Bad Herrenalb hinausreicht", wird außerdem mitgeteilt. "Es ist nach unserer Einschätzung Aufgabe der Landesregierung, unter Rückgriff auf die Ressourcen der Landesverwaltung diese Daten zu erheben und dem Landtag damit eine quantitative Entscheidungsgrundlage zu geben." All dies sei eine anspruchsvolle wissenschaftliche Aufgabe, an der sich die Stadt selbstverständlich fachlich beteiligen werde. Man sei daher bereit, an der Vorbereitung, Umsetzung und Auswertung der Datenerhebungen mitzuwirken.

Info: Angebot der Bürgerinitiative angenommen

Die Stellungnahme der Stadt enthält eine Ausarbeitung von Hans-Friedrich Scheeder. Der engagierte Bürger habe neben der geschichtlichen Aufarbeitung der Kreisreform in den 1970er-Jahren Fragen zum gestellten Antrag "Umkreisung" detailliert dargestellt und beantwortet.

Folgende 13 Abschnitte werden aufgeführt: 1. "Ein kurzer Blick in die Geschichte des heutigen Landkreises Calw"; 2. "Der damalige Vorschlag der Landesregierung und die Folgen der durch die letzte Kreisreform erfolgten Neuordnung"; 3. "Bad Herrenalb und die Zuständigkeit der Gerichte, vorhandene Behörden und Struktur der Kirchen. Die Ausdünnung der örtlichen Behörden und ein Ausblick auf die Folgen der Notariatsreform 2018"; 4. "Der derzeitige Verwaltungszuschnitt und seine Bedeutung für die Entwicklung akzeptabler Schulstrukturen"; 5. "Vertragliche Bemühungen zur Überwindung der Kreisgrenzen. ›Zu Gast bei Freunden!?‹ Was kann man tun? Es gibt Möglichkeiten…aber es bleibt schwierig!"; 6. "Die Weitsicht der damaligen Landesregierung und das Votum der Bad Herrenalber stimmen heute überein!"; 7. "Das Verhältnis Bad Herrenalbs zum Kreis Calw als Folge der räumlichen Lage"; 8. "Wer befürwortet heute die Zugehörigkeit zum Kreis Calw?"; 9. "Eine Stadt und seine Bürger als Kostenfaktor und das öffentliche Wohl? Eine seltsame Rechnung!";10. "Gründe für das Ende des Bäderkreises. Was nun Bad Herrenalb?"; 11. "Die Veränderungen und ihre Folgen. Bad Herrenalb und die Versuche sich neu zu orientieren"; 12. "Bad Herrenalb, Schwarzwaldstadt der Region Karlsruhe. ›Wohnen, forschen, lehren und genießen‹"; 13. "Das Ergebnis des Bürgerentscheids ist nach Überprüfung der Fakten zeitnah umzusetzen."

Wie am Mittwoch Bad Herrenalbs Bürgermeister Norbert Mai auf Anfrage unserer Zeitung sagte, habe die Bürgerinitiative "Sag Ja zum Landkreis Karlsruhe" angeboten, mitzuwirken. Der Gemeinderat habe zugestimmt, dass sie einen Vorschlag unterbreiten könne. Deshalb habe man Scheeders Ausarbeitung angefügt.