Geworben für den Wechsel Bad Herrenalbs in den Kreis Karlsruhe wurde auf vielen Transparenten. Nun sprach sich auch eine hauchdünne Mehrheit der Bürger bei der Abstimmung dafür aus. Foto: Kugel

Wahlbeteiligung bei Bürgerentscheid liegt bei 58,9 Prozent. Landrat Riegger sehr enttäuscht. Mit Kommentar

Eine Loslösung der Stadt vom Landkreis Calw? Beim Bürgerentscheid in Bad Herrenalb machte gestern die Mehrheit der zur Urne gegangenen Wahlberechtigten bei Ja ihr Kreuzchen. Allerdings: Nur wenige Stimmen haben den Unterschied gemacht.

Bad Herrenalb. Kurz nach 19 Uhr verkündete Bürgermeister Norbert Mai das vorläufige Ergebnis. Wobei die Interessierten im Festsaal des Kurhauses nur verhalten applaudierten.

Von 6288 Wahlberechtigten stimmten 3706 ab (58,9 Prozent). In den Bezirken wurde so abgestimmt: Bad Herrenalb I 561 Ja, 328 Nein; Bad Herenalb II: 363 Ja, 244 Nein; Bernbach: 217 Ja, 192 Nein; Rotensol: 145 Ja, 317 Nein; Neusatz: 100 Ja; 293 Nein; Bei den Briefwählern waren es 486 Ja-, 455 Neinstimmen. Das macht summa summarum 1872 mal Ja (29,8 Prozent) sowie 1829 mal Nein (29,1 Prozent). Und zwar zu folgender Frage, die auf dem Zettel stand: "Sind Sie dafür, dass sich die Stadt Bad Herrenalb bei der Landesregierung, den Landtagsfraktionen sowie den Landtagsabgeordneten dafür einsetzt, dass diese eine Gesetzesvorlage in den Landtag einbringen, nach der die Stadt Bad Herrenalb aus dem Landkreis Calw aus- und in den Landkreis Karlsruhe eingegliedert wird?"

Bürgermeister Mai meinte gegenüber unserer Zeitung, der Bürgerentscheid sei ganz knapp positiv verlaufen. In den nächsten Tagen werde der Antrag für Stuttgart formuliert. Der Gemeinderat stimme sicherlich zu, so das Stadtoberhaupt. Er habe ein anderes Ergebnis erwartet, aber enttäuscht sei er nicht, so Mai.

Landrat Helmut Riegger allerdings zeigte sich sehr überrascht und sehr enttäuscht. In den vergangenen Jahren sei viel für die Kurstadt getan worden. Die Bürger wollten wohl zurück und nicht nach vorne. Das sei ein verheerendes Zeichen. Die Stadt sei wegen der Ergebnisse in den einzelnen Ortsteilen künftig mit sich selbst beschäftigt.

Keinesfalls überrascht zeigte sich Martin Knirsch, Sprecher der Bürgerinitiative (BI) "Sag Ja zum Landkreis Karlsruhe". Nur die Vernunft könne siegen, sagte er gestern Abend. Es sei nun mal Tatsache, dass Bad Herrenalb zu Karlsruhe gehöre.

Zu Erinnerung: Ende Juli hatte der Gemeinderat beschlossen, dass am 23. Oktober die Bad Herrenalber ihr Kreuzchen machen dürfen.

Auf der von der BI überreichten Liste mit 1858 Unterschriften waren immerhin 1596 gültig. Das notwendige Quorum wurde somit bei Weitem überschritten.

Das Gremium votierte seinerzeit dafür, die Bürger durch einen Flyer zu informieren. Einig war man sich zudem, dass bei den Veröffentlichungen und schriftlichen Infos die Vertrauenspersonen der Bürgerinitiative BI ihre Auffassung im gleichen Umfang wie die Gemeindeorgane darstellen dürfen. Zusätzlich wurde zur Einwohnerversammlung am vergangenen Mittwoch ins Kurhaus eingeladen (wir berichteten).

Das erste Mal öffentlich auf sich aufmerksam machte die BI am 21. April bei einem Pressegespräch im Hotel Kühler Brunnen.

Die Altstadträte Martin Knirsch und Horst Mohr sowie Otmar Bumb, Gerhard Wetzel, Alfred Schönthaler und Klaus Hoffmann erklärten, wieso sie für eine Loslösung der Stadt vom Landkreis Calw sind. Und warum man nicht länger warten wolle. Mit Plakaten, Flyern, Aufklebern und Unterschriftenlisten für ein Bürgerbegehren wurde mobil gemacht.

Kommentar: Emotionen

Von Markus Kugel

Beim Bürgerentscheid vor drei Jahren, als es um die Erlebnisbadlandschaft auf der Schweizer Wiese ging, wurde mit harten Bandagen gekämpft. Nahezu emotionslos ging es hingegen in Bad Herrenalb bei der Frage zu, ob die Stadt weiter zum Landkreis Calw gehören oder zum Kreis Karlsruhe wechseln soll. Wegen der Bürgerinitiative "Sag Ja zum Landkreis Karlsruhe" wurde das seit Jahren schwelende Thema auf den Tisch gebracht und in kurzer Zeit aufgearbeitet. Jetzt haben die Bad Herrenalber beim Bürgerentscheid mit äußerst knapper Mehrheit für deren Anliegen gestimmt. Wie es jetzt weitergeht? Die Verwaltung stellt wohl einen Antrag an die Landesregierung. Und in der Stadt wird nun alles andere als emotionslos über die Auswirkungen des Ergebnisses diskutiert. Vor allem in den Höhenorten Rotensol und Neusatz, wo die meisten gegen Karlsruhe sind.