"Grundstückserlös Falkenwiese" lautet ein Tagesordnungspunkt der Gemeinderatssitzung am Mittwochabend. Foto: Glaser

"Sprengstoff"-Thema wird behandelt. Fehlentscheidungen sollen aufarbeitet werden.

Bad Herrenalb - Gerhard Geschwill hat als ehemaliger Sprecher der Bürgerinitiative Schweizer Wiese schon etliche Mitteilungen verfasst. Auf der Internetseite www.herrenalbforum.de ist nun ein größerer Bericht zu finden. Und zwar zur öffentlichen Gemeinderatssitzung am morgigen Mittwoch. Genauer: zu "Grundstückserwerb Falkenwiese". Bei dem Tagesordnungspunkt handle es sich um Sprengstoff.

"Dass dieses Thema überhaupt öffentlich behandelt wird, ist das Ergebnis einer mehrmonatigen Initiative seitens eines einzelnen Gemeinderats des Bürgerforums", stellt Geschwill fest. Das verwundere nicht. Der Kauf der Falkensteinwiesen im Jahre 2013 sei entgegen aller Regeln der Gemeindeordnung abgelaufen, und die Verkäufer hätten sich anschließend die Hände gerieben.

Geschwill führt aus: Der Bürgermeister dürfe autonom nur über jeweils maximal 20.000 Euro aus seiner Bürgermeister-Schatulle verfügen. "Er hatte diesen Kauf zusammen mit seiner Kämmerin Sabine Zenker in Gang gesetzt, später aber alle persönliche Verantwortung dafür bestritten. Warum? Knapp 20.000 Euro wäre tatsächlich auch der realistische Wert der drei – übrigens von der Straße völlig abgeschnittenen – Wiesenstücke gewesen. "Doch die Verkäufer hatten damals natürlich sofort erkannt, welches strategische Ziel die Stadtverwaltung mit ihrer Kaufabsicht hatte: den Weiterverkauf an das Projektentwickler-Trio Kuon, Feucht und Kienle, die auf der Schweizer Wiese ein monströses Badprojekt und auf der Falkenwiese ein ähnlich überdimensioniertes Parkhaus planten. Also gingen die Quadratmeterpreise (normalerweise drei bis fünf Euro) raketenartig in die Höhe… und landeten bei 13 beziehungsweise sogar 50 Euro – insgesamt 118.000 Euro."

Hätte der Bürgermeister die zahlreichen Warnungen ernst genommen, wäre es nie zu einer Unterzeichnung des Kaufvertrags vor dem Notar gekommen, so Geschwill.

Bei der Höhe einer Kaufsumme von mehr als 20.000 Euro hätte er vor der Unterzeichnung des Vertrags beim Notariat auf jeden Fall die offizielle Zustimmung seines Gemeinderats gebraucht. Der Kauf sei schlicht und einfach rechtswidrig – auch wenn er nicht rückgängig gemacht werden könne.

Bekanntlich sei das "Bäderprojekt Schweizer Wiese" im April 2014 wie eine gigantische Luftblase geplatzt. "Die Falkenwiese-Transaktion war nur eine der vielen ›geheimen‹ Aktivitäten der Stadtverwaltung, die Attraktivität des Grundstück-Angebots für die Interessenten durch ›Zugaben‹ weiter zu steigern – immer in der Hoffnung darauf, am Ende mit vielleicht 13 Millionen Euro Verkaufserlös die marode Stadtkasse für eine Weile zu sanieren."

Aufarbeitung der Fehlentscheidungen angesetzt

Bisher hätten sowohl Stadtverwaltung wie auch Gemeinderat eine saubere Aufarbeitung "all dieser Lügengespinste und der damit verbundenen Fehlentscheidungen weiträumig umgangen". Trotz gegensätzlicher Ankündigungen während des Wahlkampfs, schreibt der ehemaliger Sprecher der Bürgerinitiative.

"In diesem konkreten Fall aber konnte nicht einmal mehr der Calwer Landrat Riegger den Herrenalber Bürgermeister decken und hat ihm persönlich nahe gelegt, diese Angelegenheit endlich zu bereinigen… Entweder durch Zustimmung des Gemeinderats oder durch Verkauf… Zumal bekannt wurde, dass Bürgermeister Mai dieses unzulässige und selbstgerechte Verhalten bei der Bestellung des Rathaus-Platz-Belags im vergangenen Sommer erneut praktizierte, diesmal mit dem Argument des ›Zeitverzugs‹."

Geschwill weiter: "Wie Bürgermeister und Gemeinderat nun mit diesem mehr als pikanten Skandal umgehen, bleibt abzuwarten – und es wird spannend."

Das Stadtoberhaupt könnte zum Beispiel zu einer in diesem Fall durchaus angemessenen Konsequenz aufgefordert werden, nämlich zur "Amtshaftung, also den Ersatz der Summe, die der Stadtkasse (besser: den Bürgern der Stadt) verloren gegangen ist".

Viel eher als eine "saubere" Lösung sei zu befürchten, dass die Mehrheit des Gemeinderats um des lieben Friedens willen diesen Verlust auf jeden Bad Herrenalber Bürger abwälzen (16 Euro pro Kopf) und so das Fehlverhalten des Bürgermeisters nachträglich absegnen werde.

Wenn sich der Bürgermeister öffentlich einsichtig und reuig erwiese, wäre die Gelbe Karte vielleicht zu verantworten, die ihm der Gemeinderat nun vorhalte. Dann gebührte ihm sogar ein bisschen Applaus – in der Hoffnung, dass dies der erste Schritt zu einem Stilwechsel wäre. Warte er allerdings wieder mit den üblichen Ausreden auf, so dürfe man getrost davon ausgehen, dass Norbert Mai nichts aus der Vergangenheit lernen, sondern seine intransparente Amtsführung ungebrochen fortführen wolle.

Dann hätte die Staatsanwaltschaft Tübingen tatsächlich allen Grund einzuschreiten. "Die Ermittlungen in dieser Angelegenheit wird sie ohnehin bereits aufgenommen haben."

Rathauschef Mai wollte gestern zu den Ausführungen von Geschwill nichts sagen. Er verwies auf Anfrage unserer Zeitung auf die Gemeinderatssitzung am Mittwochabend. Hier werde das Thema behandelt.