Wegen des Beitragswesens sind einige Bürger auf das Bad Herrenalber Rathaus nicht gut zu sprechen. Foto: Kugel Foto: Schwarzwälder-Bote

Aufarbeitung des Beitragswesens: Bad Herrenalber Bürger weiter verärgert / Klage gegen die Stadt

Von Markus Kugel

Bad Herrenalb. Es liegt schon eine ganze Weile zurück. 2010 machten Sieglinde Knobloch und Rolf Kuhfeld mobil. Und zwar, weil sie sich über die Vorgehensweise der Stadt Bad Herrenalb bei der Aufarbeitung des Beitragswesens ärgerten. Jetzt melden sich die beiden wieder zu Wort. Zwar sind sie nicht mehr betroffen, doch wollen sie weiterhin Ansprechpartner für betroffene Bürger sein.

Im November 2011 bekam Knobloch, die mittlerweile in Waldbronn wohnt, Post von der Stadtverwaltung. Ihr wurde mitgeteilt, dass ein Anschlussbeitrag für die erstmalige Herstellung der Wasserversorgungsanlagen, der Kanalisation und der Kläranlage nicht mehr bezahlt werden muss. Entwarnung hieß es bei Kuhfeld bereits Ende 2010. Die von vielen Angeschriebenen bei der Verwaltung eingegangenen Unterlagen und Hinweise ließen es zu, Rückschlüsse auf frühere Beitragserhebungen zu ziehen. Auch wenn im Einzelfall keine beziehungsweise keine ausreichenden Unterlagen vorlägen. Das betreffe "insbesondere die Erhebung von Klärbeiträgen in den Jahren 1977 bis 1978". Ein Anschlussbeitrag für die erstmalige Herstellung der Kanalisation und der Kläranlage müsse fürs Flurstück nicht mehr bezahlt werden.

Der Bernbacher Rolf Kuhfeld bringt sein Engagement so auf den Punkt: Durch Zufall habe er erfahren, dass ein Verfahren laufe. Und die Bevölkerung werde nicht informiert. Das sei ein Unding. Betroffene könnten sich bei ihm melden. Doch müssten sie bereit sein, auch in der Öffentlichkeit ihren Fall zu schildern. Geht er doch davon aus, dass es bald wieder einen Beitrag im Fernsehen geben wird.

Eine bessere Informationspolitik der Stadt wünschen sich zum Beispiel drei Personen aus dem Gaistal. Am besten wäre ihrer Meinung nach eine Veranstaltung, bei der Fragen gestellt werden können. Wolfgang Anderer, der 1995 sein Haus baute, spricht von einer Unverschämtheit. Auf viele E-Mails habe er gar keine Antwort bekommen. Kanal- und Klärbeitragsbescheid: knapp 8000 Euro kommen bei ihm zusammen. Die Stadt behaupte, dass sie kein Geld bekommen habe. Die Wasserversorgung habe er aber nachweislich bezahlt, so Anderer. Übrigens seien Bescheide für Grundstücke eingegangen, die ihm gar nicht gehörten. Er spricht von mangelnder Sorgfaltspflicht.

Werner Waidner erzählt, 1985 oder 1986 sei die Gaistalstraße saniert worden. Erschließungsgebühren habe seine Mutter bezahlt. Nun verlange die Stadt einen Kanal- und Klärbeitrag in Höhe von knapp 11 000 Euro. Seiner Auffassung nach, so Waidner, sei dies aber in Erschließungsgebühren enthalten.

Dieter Zeltmann besitzt ein unbebautes Grundstück. Er regt sich über den Wasser- und Abwasserbescheid auf. Obwohl doch gar nicht geklärt sei, ob es sich überhaupt um einen Bauplatz handle. Sei doch der Bauantrag der Besitzerin des Areals nebenan abgeschmettert worden.

Über Widersprüche noch nicht entschieden

Schon voriges Jahr hat Rechtsanwalt Steffen Barth aus Pforzheim (Schindhelm & Pfisterer) gegenüber unserer Zeitung mitgeteilt: Er habe bereits mit Schreiben vom 27. Juli 2011 an die Stadt Bad Herrenalb argumentiert, dass die von ihr beabsichtigte Erhebung von Kommunalabgaben/Erschließungsbeiträgen für Maßnahmen, die Jahrzehnte zurückliegen, gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoße. Der Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht vertritt Mandanten aus Bad Herrenalb.

Wie er jetzt auf Anfrage unserer Zeitung sagte, seien Widersprüche gegen Beitragsbescheide eingelegt worden. Allerdings habe das Landratsamt Calw über diese seit Monaten vorliegenden Widersprüche noch immer nicht entschieden.

Für eine Mandantin habe man im August vorigen Jahres eine negative Feststellungsklage gegen die Stadt Bad Herrenalb wegen Kommunalabgaben beim Verwaltungsgericht Karlsruhe eingereicht, so der Anwalt. Und zwar mit den Anträgen: 1. "Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, von der Klägerin für die in deren Eigentum stehende Eigentumswohnung ... Anschlussbeiträge gemäß Paragraf 29 Kommunalabgabegesetz Baden-Württemberg (Wasserversorgungsbeitrag, Kanalbeitrag, Klärbeitrag) zu verlangen für Einrichtungen und Teile von Einrichtungen, die vor dem 31. Dezember 2000 von der Beklagten hergestellt wurden und für den Eigentümer dieser Immobilie seither nutzbar sind." 2. "Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, von der Klägerin für die in deren Eigentum stehende Eigentumswohnung... Erschließungskosten im Sinne von Paragraf 35 Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg zu verlangen für Erschließungsanlagen im Sinne von Paragraf 33 Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg, die bis 31. Dezember 2000 erstmalig und endgültig hergestellt worden sind."

Am Mittwoch wurde nun ein Schreiben ans Verwaltungsgericht Karlsruhe mit folgendem Inhalt geschickt: "Nachdem die Beklagte zum wiederholten Male der gerichtlichen Verfügung zur Vorlage der einschlägigen Akten nicht nachgekommen ist, bitte ich, die Terminierung zu der Klage vom 29. August 2013 nicht von der Vorlage der Akten abhängig zu machen, sondern Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen und der Beklagten eine letzte, knappe Frist zur Vorlage der Akten zu setzen. Ansonsten steht zu befürchten, dass die Beklagte durch Nichtvorlage der Akten versucht, den Verhandlungster min weiter hinauszuzögern." Der Prozessvortrag der Beklagten bestätige den Vortrag der Klägerin, wonach die Stadt beabsichtige, die Beitragserhebung für sämtliche Anlagen zu überprüfen, die nach dem 1. April 1964 errichtet wurden.

"Bereits dieser Prozessvortrag zeigt, dass die Beklagte von einer Rückwirkung bis zu 50 Jahren ausgeht, was fundamental den bereits zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes vom 5. März 2013 und des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20. März 2014 widerspricht. Aus Sicht des Unterzeichners ist der Rechtsstreit entscheidungsreif."

Fachanwalt Barth geht davon aus, dass noch im Sommer eine Verhandlung stattfinden und zum Thema Kommunalabgaben in Bad Herrenalb eine gerichtliche Entscheidung ergehen wird.