Walter Bußmanns verfasst in Kurstadt seinen bedeutendsten Beitrag zur preußisch-deutschen Geschichte

Geboren am 14. Januar 1914 in Hildesheim studierte Walter Bußmann in Heidelberg und Göttingen Germanistik und Geschichte. Nach der Promotion 1939 wurde er eingezogen und erlebte den Zweiten Weltkrieg vom ersten bis zum letzten Tag. Seine wissenschaftlichen Schriften galten dem 19. Jahrhundert. Bußmann lehrte Mitte der 1950er-Jahre an der Berliner Hochschule für Politik, wurde 1966 nach München berufen und führte ab 1969 die beeindruckende Tradition der Karlsruher Geschichtswissenschaften fort. Nach seiner glänzenden akademischen Karriere lebte der profunde Kenner der preußischen Geschichte von 1969 bis zu seinem Tod 1993 in Bad Herrenalb.

Von Sabine Zoller

Baden-Baden/Bad Herrenalb. Walter Bußmann hätte sich gefreut. Seit dem 19. September zeigt das Museum LA 8 in Baden-Baden eine Ausstellung zum kulturellen Einfluss der Preußen im deutschen Westen. Der Historiker, der im vergangenen Jahr seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte, zählt zu einem profunden Kenner der preußischen Geschichte.

An der Karlsruher Universität Fridericiana lehrte er nach Stationen in Berlin und München bis 1983 Neuere und Neueste Geschichte. Nach seiner Emeritierung entstand in seinem Altersrefugium Bad Herrenalb sein bedeutendster Beitrag zur preußisch-deutschen Geschichte. Bußmann beschrieb "das andere Preußen" (Günter Grünthal). Er beschäftigte sich in seinem wissenschaftlich fundierten Werk nicht nur mit der Persönlichkeit des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm IV., sondern auch mit dessen Umgang rund um Kunst und Kultur. Für Irene Haberland, Kuratorin der Ausstellung, zählt die 1990 erschienene Biografie "Zwischen Preußen und Deutschland: Friedrich Wilhelm IV." zu einer wichtigen Quelle, die eine große Lücke in der Wissenschaft geschlossen hat.

"Politik mittels Ästhetik"

Der als "Romantiker auf dem Thron" bezeichnete Monarch manifestierte die dynastische Legitimation der Hohenzollern im Süden durch geschmackvoll inszenierte Bauwerke. Er ließ nicht nur Ruinen wie das Stammschloss der Hohenzollern in Hechingen restaurieren, sondern machte "Politik mittels Ästhetik" (Haberland). Mittels handfester Strukturprogramme wurde der Kölner Dom vollendet und Schloss Stolzenfels aus den Ruinen einer Burg des 13. Jahrhunderts zu einem preußischen Refugium vor den Toren von Koblenz am Rhein ausgebaut.

In der politisierten Romantik der Hohenzollern zielte "Sehnsucht nicht auf melancholische Naturbetrachtung, sondern auf dynastische Legitimation und territoriale Beherrschung", so Haberland.

Für die bislang erste Präsentation dieser Gedanken ist die Ausstellung in Baden-Baden in zwei Bereiche gegliedert. Das Erdgeschoss ist der Frühromantik gewidmet und zeigt Möbel und Einrichtungsgegenstände aus Schloss Stolzenfels, das 1842 von Friedrich Wilhelm IV. als Sommerresidenz im Rheintal eingeweiht wurde.

Palisanderholz, Emaille und Intarsienarbeiten zeugen von der Kunst der Tischlereien, die zur Bauphase des Schlosses eine hohe Konjunktur verzeichnen konnten und heute den Besuchern das preußisch-königliche Wohngefühl zugänglich machen.

Das Obergeschoss ist dem Historismus gewidmet. Unzählige Burgen bezeugen entlang des Rheins eine Geschichte aus fernen Zeiten. Das 19. Jahrhundert glorifizierte das Mittelalter, das "durch die voranschreitende Industrialisierung zu verschwinden drohte", so Barbara Wagner. Für die Historikerin zählen auch die in der Trinkhalle von Baden-Baden gestalteten Ritter und Helden in Bildern und Sagen zur Romantisierung der Vergangenheit. Gerne flanierten in der offenen Wandelhalle auch der spätere deutsche Kaiser Wilhelm I. und seine Ehefrau Augusta. Preußen und Baden waren im 19. Jahrhundert verknüpft durch ein dynastisches Verhältnis.

40 Jahre besuchte das preußische Herrscherpaar Baden-Baden und damit ihre einzige Tochter, die 1856 als Prinzessin Luise von Preußen im Berliner Stadtschloss den badischen Großherzog Friedrich I. geheiratet hatte.

Bis 28. Februar 2016 ist die Ausstellung "Die Preußen im Westen" an der Lichtentaler Allee 8 im Museum LA 8 in Baden-Baden zu sehen.