Mit Entsetzen blicken Kurt Schick, Karl Lotz, Renate Schick und Horst Dietzer (von links) in die leeren Bücherregale. 3 200 Bücher wurden in einer sogenannten Säuberungsaktion aus der Stadtbücherei entfernt. Foto: Kaletta Foto: Schwarzwälder-Bote

32000 Bücher aus der Stadtbücherei entfernt und einfach weggeworfen

Von Ursula Kaletta

Bad Dürrheim. Renate und Kurt Schick, Karl Lotz und Horst Dietzer vom Arbeitskreis Lesewelt sind entsetzt: In einer sogenannten Säuberungsaktion wurden in der Stadtbücherei 3200 Bücher aus den Regalen entfernt.

"So etwas habe ich hier noch nie erlebt", sagt Regina Hofmann, die seit 36 Jahren mit Herzblut die Bücherei betreut.

Große Lücken klaffen in den grünen Metallregalen, entfernt wurden rund 40 Prozent des Bestandes.

Wie die Stadtverwaltung als Träger wissen ließ, sei es die gemeinsame Aufgabe von Stadt und den Beratungsstellen für Bibliothekswesen im Land, diesen "Bücherei-Check" durchzuführen. Auf Empfehlung der Fachstelle sei man gerne bereit gewesen, die Aussortierung vorzunehmen. Dies geschah am 27. Juli. Vier Personen seien gekommen und hätten innerhalb von sieben Stunden die 3200 Bücher aus den Regalen genommen. Eine Leserin erzählte, dass sie gesehen habe, wie die Bücher aus dem Fenster in einen Container geworfen wurden. Angeblich sollen sie in einer Nachbargemeinde der dortigen Jugendfeuerwehr zur Altpapiersammlung zur Verfügung gestellt werden.

Renate und Kurt Schick, Karl Lotz und Horst Dietzer trafen sich gestern in der Bücherei, um zu beraten, wie es weitergehen soll. Zusammen mit Regina Hofmann sind sie sich einig: "So etwas darf es nie wieder geben".

Laut der Bibliothekarin seien Bücher herausgenommen worden, die durchaus noch Aktualität besitzen und von Einheimischen sowie von Gästen immer wieder gerne gelesen wurden. Bildbände über die Natur, Lexika, Psychologie, Medizin, zählt sie auf und sortiert fassungslos die aus dem Büchern herausgenommenen Kärtchen.

Ganz kurzfristig habe man sie über den Termin zu dieser Säuberungsaktion informiert. An diesem Tag habe ihr Urlaub begonnen, sie habe angeboten, dennoch in die Bücherei zu kommen, um bei der Aussortierung beratend zur Seite zu stehen. Pünktlich sei sie erschienen, doch man habe sie weggeschickt. Zum Abtransport der Bücher sei der Bauhof beauftragt worden.

Die Angehörigen des Arbeitskreises Lesewelt sprechen von einer "total unglaublichen Aktion", mit der wichtiges Kulturgut verloren gegangen sei. Hier habe die Fachstelle gegen die selbst aufgestellten Regeln verstoßen. Auch sei diese Maßnahme völlig unnötig gewesen, da Regina Hofmann in jedem Jahr den Bestand überprüfe. Erst im vergangenen Jahr habe sie 500 Bücher, die mitunter unansehnlich und zerfleddert waren, aus den Regalen entfernt und durch neue ersetzt. Üblich sei es, dass acht bis zwölf Prozent vom Bestand jährlich ausgesondert werden.

Die Angelegenheit, so sind sich die Betroffenen einig, sei nicht erledigt. Geplant wurde, ein Gespräch mit Bürgermeister Walter Klumpp zu vereinbaren und ihm schriftlich mitzuteilen, wie es weitergehen soll.

Das Thema müsse auf die Tagesordnung der nächsten Gemeinderatsitzung. Geregelt werden müsse auch, dass Gelder für neue Bücher zur Verfügung stehen sollen. Ebenfalls möchte man darauf aufmerksam machen, dass die Räumlichkeiten der Stadtbücherei total veraltet und zudem wegen der Treppen für ältere oder behinderte Menschen nicht zugänglich seien. Auch hier müsse sich die Stadtverwaltung Gedanken machen. Der Arbeitskreis Lesewelt möchte das Zukunftsprojekt mitgestalten.