Klinikdirektor André Saliger stellt Vitalij Kazin als neuen Chefarzt der Median Klinik St. Georg vor. Foto: Reutter Foto: Schwarzwälder-Bote

Vitalij Kazin übernimmt ärztliche Leitung in Klinik St. Georg

Von Markus Reutter

Bad Dürrheim. Nachdem mit der Verabschiedung des langjährigen Chefarztes Erich Burrer an der Klinik St. Georg eine Ära zu Ende ging, wurde gestern offiziell mit dem 48-jährigen Vitalij Kazin der neue ärztliche Leiter vorgestellt.

Zu der Feierstunde im Haus Tannenhof hatten sich Vertreter der anderen Kliniken Bad Dürrheims eingefunden, niedergelassene Ärzte und Mitarbeiter der psychiatrisch und psychosomatisch ausgerichteten Median Klinik St. Georg. Klinikdirektor André Saliger bescheinigte Kazin die nötige "Sensibilität", nach dem Weggang Burrers die Klinik als neuer Chefarzt ebenso in guter und erfolgreicher Weise weiterzuführen. Kazin habe das bewährte Konzept übernommen, "es wurden keine Abstriche gemacht", aber er müsse sich auch neuen Herausforderungen stellen, damit die Psychotherapie auch künftig in der Gesellschaft weniger stigmatisiert werde.

Der Geschäftsbereichsleiter der Median Kliniken Süd, Olaf Meier, merkte an, dass in der Klinik St. Georg noch in diesem Jahr weitere Investitionen anstünden, um den hohen Standard zu sichern. Von Chefärzten werde zunehmend nicht nur medizinische Kompetenz erwartet, sondern auch wirtschaftliches Denken und Management.

Dass Kazin eine Menge an Erfahrung mitbringt, verdeutlichte er anschließend selbst in einem gleichermaßen informativen wie auch unterhaltsamen Vortrag. Dabei erzählte er von seiner Kindheit im russischen Perm, wo er unter anderem als junger Mann Leistungssport betrieben habe. 1990 schließlich wechselte der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie nach Deutschland. In den vergangenen fast 20 Jahren war er am Bezirkskrankenhaus in Kaufbeuren am dortigen Zentrum für Psychiatrie, Psychotherapie und Heilpädagogik tätig, zunächst als Assistenzarzt, dann als Ober- und Chefarzt.

Sein Lebenslauf lässt erkennen, dass er nicht nur in der Schulmedizin zu Hause ist, sondern sich auch mit Naturheilkunde befasst und mit neuen Behandlungsansätzen in der Psychiatrie und Psychosomatik beschäftigt hat, aber auch Betriebswirtschaft studierte. Dabei bleibt sein Wirkungskreis nicht auf Bad Dürrheim begrenzt. "Weltweit" behandle er Patienten übers Internet, zeigte er neue Konzepte auf, die in der Zukunft wohl noch bedeutender würden. "Das ist sehr effektiv in unserer i-Phone-Zeit", sprach er von guten Therapieerfolgen.

Angesichts der Zunahme an psychischen Erkrankungen forderte er mehr Investitionen seitens des Gesundheitssystems in diesem Bereich. Derzeit fließe nur zehn Prozent des Gesamtbudgets in die Psychiatrie, obwohl es in Deutschland jährlich 150 000 neue Patienten mit psychischen Erkrankungen gebe. Vor allem Angststörungen und Depressionen seien auf dem Vormarsch. Wobei Unterschiede bei den Geschlechtern festzustellen seien. Während bei Frauen psychosomatische Probleme verbreitet seien, werde bei Männern eine hohe Suchtgefährdung verzeichnet.

Dabei sollten Menschen mit psychischen Erkrankungen auch körperlich "abgeholt werden", beispielsweise der Hormonhaushalt untersucht werden. Stress sei ein Auslöser für psychische Erkrankungen, wobei Baden-Württemberg offensichtlich besonders darunter leide. Kazin präsentierte eine Studie, nach der 42 Prozent der Menschen in Baden-Württemberg über Stress klagen, das sei bundesweit eine Spitzenposition. Im Nachbarland Bayern hingegen liege die Rate mit 24 Prozent am niedrigsten.

Kazin richtete am Ende seines Vortrags den Blick in die Zukunft, erwähnte präventive Behandlungskonzepte, die ein Risiko für Psychosen und andere psychische Erkrankungen vorhersagen und entsprechend darauf eingehen könnten. Oder dass verstärkt die genetische Grundlage eines Menschen berücksichtigt werde, um Medikamente individuell einzustellen und dadurch Verträglichkeit und Behandlungserfolg zu verbessern. Musikalisch umrahmt wurde die Feier von Werner Kiefer, Klarinette, und Walter Spycher, E-Piano. Spycher ist mit der Klinik schon viele Jahre verbunden, so bietet er den Patienten dort musiktherapeutische Unterstützung.