21-jähriges Opfer: "Ich werde mit Sicherheit nicht mehr in der Lockerheit durch Bad Dürrheim laufen wie früher"

Von Markus Reutter

Bad Dürrheim. Der 21-Jährige aus Bad Dürrheim, der vor wenigen Tagen Opfer einer Gewaltattacke im Johanniterweg wurde, erholt sich derzeit von seinen Verletzungen. Bis das Trauma auch psychisch verarbeitet ist, brauche es längere Zeit, meint er im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten.

Bad Dürrheim verband er bisher mit dem Gefühl, dass er sich hier sicher bewegen kann. Doch am Freitagabend vor einer Woche geschah für ihn ein Albtraum. Vier Jugendliche unter 18 Jahren hatten sich am Wiesengelände vor der evangelischen Kirche auf einer Bank niedergelassen und Passanten "angepöbelt". Das habe er mittlerweile von Betroffenen erfahren. Auch die Zeugen, die letztlich zur Ergreifung des 17-jährigen Tatverdächtigen führten, hätten dieses Verhalten der Jugendlichen so beschrieben. Auch ihn hätten sie in "Fäkalsprache" angesprochen. Der 21-Jährige hat sich nicht weiter darum gekümmert, sondern lief weiter in Richtung nach Hause. Zwei der vier Jugendlichen seien ihm gefolgt. Der 17-jährige Tatverdächtige habe ihn auf Höhe der Villa Amalie von hinten an der Schulter gestoßen, woraufhin er sich umgedreht habe. Dann erhielt er von dem 17-Jährigen einen kräftigen Schlag mit beiden Händen gegen seine Brust. Er sei gestolpert und nach hinten gefallen. Am Boden liegend habe der 17-Jährige auf ihn eingetreten.

Seine Gefühle in dieser Zeit kann das 21-jährige Opfer schwer in Worte fassen. Er sei "ungläubig" gewesen, wie jemand so etwas machen, wie so etwas überhaupt in Bad Dürrheim geschehen könne. Der Begleiter des 17-Jährigen habe den Gewalttätigen schließlich am Arm weggezogen. Daraufhin habe der Schläger von den am Boden liegenden 21-Jährigen gelassen, sich seine Jacke wieder angezogen und sei "ruhig" weggegangen. An diese Kaltblütigkeit erinnert sich der 21-Jährige mit Schrecken.

Er habe sich dann nach Hause gerettet. "Ich wundere mich, wie ich das geschafft habe." Später sei er in die Klinik gefahren worden. Ein angerissenes Augenlid musste geklebt werden. Die Augen waren beide zugeschwollen von den Schlägen, das linke Fußgelenk war verstaucht, besonders an Armen und Beinen hatte er viele Hämatome. Der 21-Jährige war im Häs der Salzsieder unterwegs. Und er ist sich sicher, dass die stabile Kleidung einiges von den Schlägen und Tritten auf seinen Rumpf abgehalten hat.

Dank der Zeugenhinweise konnte der 17-jährige Tatverdächtige bereits am Mittwoch ermittelt werden. Die Polizei meinte, er sei bei der Vernehmung "in vollem Umfang" geständig gewesen. Er werde nun bei der Staatsanwaltschaft in Konstanz wegen gefährlicher Körperverletzung angezeigt.

Möglicherweise sei der 17-Jährige angetrunken gewesen. Aber sicherlich nicht so stark, dass er die Kontrolle über sich verloren habe und nicht mehr wusste, was er tat, schlussfolgert das 21-jährige Opfer daraus, wie der Täter sprach und sich bewegte.

Für den 21-Jährigen ist es eine Erleichterung, dass der Täter gefasst wurde und für sein gewalttätiges Vorgehen Rechenschaft ablegen muss. "Das ist absolut richtig so." Er würde gerne wissen, warum die Jugendlichen nichts besseres zu tun hatten, als an dem Abend Leute anzupöbeln und warum der eine derart gewalttätig wurde. Er habe den 17-Jährigen nicht gekannt, ihm nichts zu Leide getan.

Gleichermaßen überrascht und erfreut war der 21-Jährige, welchen Zuspruch er nach dem Schrecken von vielen Seiten erhalten habe, auch von ihm bislang unbekannten Menschen. Das habe gut getan. Doch für den 21-Jährigen war es ein "einschneidendes Erlebnis", das nicht ungeschehen gemacht werden könne. "Ich werde mit Sicherheit nicht mehr in der Lockerheit durch Bad Dürrheim laufen wie früher."