Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen und Refugio VS informieren sich im "Löwen" in Biesingen über die Integration von minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen (von rechts): Manfred Kiewald und Veronika Herz (beide Refugio VS), Alex Fetzer ("Soziale Kompetenz"), Oliver Hildenbrand und Volker Goerz (beide Bündnis 90/Die Grünen), Paula Bärmann, die den "Löwen" führt, und einer der Flüchtlinge, ein 18-jähriger Afghane. Foto: Reutter Foto: Schwarzwälder-Bote

Asyl: Alex Fetzer kritisiert Abschiebepraxis im Fall zweier seiner jungen Schützlinge aus Gambia

Im "Löwen" in Biesingen werden seit Herbst 2015 minderjährige unbegleitete Flüchtlinge betreut. Hierbei engagiert sich die in der Jugendhilfe tätige "Soziale Kompetenz". Deren Leiter Alex Fetzer stellte am Mittwoch die Einrichtung Vertretern der Grünen und von Refugio VS vor.

Bad Dürrheim-Biesingen (rtr). Derzeit weilen 17 Jugendliche im Alter zwischen 16 und 18 Jahren im "Löwen", informieren Fetzer und Hausleiterin Paula Bärmann. Es handle sich um sieben Mädchen und zehn Jungs aus Afghanistan, Iran, Eritrea, Somalia und Syrien. Fetzer freut sich, wie erfolgreich die Arbeit vor Ort laufe und die Jugendlichen Schulabschlüsse erreichen, anschließend Ausbildungen absolvieren und arbeiten würden.

Dabei wies er jedoch auch auf zwei seiner Schützlinge aus Gambia hin, die eine Ausbildung begonnen hätten, in Villingen wohnen würden, jetzt aber Angst vor Abschiebung haben müssten. "Sie kommen einfach aus dem falschen Land", sei ihm von Behördenseite der Grund für den Abschiebeerlass mitgeteilt worden. Gambia gelte als sicheres Herkunftsland. Fetzer hält es jedoch für Steuerverschwendung, wenn erfolgreich integrierte junge Menschen abgeschoben würden. Dabei verwies er auch auf die Kosten, die der Steuerzahler bei der jahrelangen Unterbringung der jungen Flüchtlinge zahle. So koste ein Platz im stationären Bereich 5000 Euro pro Monat und Jugendlichem, im betreuten Wohnen etwa die Hälfte. Der "Löwen" halte zehn Plätze im stationären Bereich vor. Hier sei eine 24-Stundenbetreuung jeden Tag gewährleistet. Außerdem gebe es noch sieben Plätze im so genannten betreuten Wohnen. Dort seien die Jugendlichen selbstständiger unterwegs und würden für das Wohnen alleine außerhalb des "Löwen" vorbereitet. Diese drei Schritte, vom stationären über das betreute Wohnen bis hin zur eigenen Wohnung, ebneten den Weg, um den Alltag in Deutschland zu meistern.

Die "Soziale Kompetenz" habe sich in den vergangenen Jahren auf unbegleitete Flüchtlinge spezialisiert. Diese seien, im Vergleich zu deutschen Jugendlichen, die Jugendhilfe bräuchten, die dankbarere Klientele, so Fetzer. Die jungen Asylbewerber, die eine lange Flucht auf sich genommen hätten, seien motiviert, wollten etwas erreichen. Dauerhaft auf Sozialhilfe angewiesen zu sein, sei für sie keine Perspektive.

Kritik an der Handhabung des Asylrechts, gerade bei Härtefällen, übten auch die Vertreter von Refugio Villingen-Schwenningen, Sozialpädagogin Veronika Herz und Psychologe Manfred Kiewald. Herz erwähnte unter anderem den Fall einer Familie aus dem Balkan, bei dem der Vater und zwei minderjährige Kinder Anfang der Woche abgeschoben worden seien, die Frau liege nach einem Suizidversuch in der Klinik, beim älteren Sohn laufe noch das Asylverfahren. Herz wusste auch von anerkannten Härtefälle, die letztlich vom CDU-geführten Innenministerium trotzdem abgeschoben würden. Das traumatisiere nicht nur die betroffenen Flüchtlinge erneut, sondern auch die Helfer, merkte Kiewald an.

Der Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Oliver Hildenbrand, machte deutlich, dass seine Partei dafür sei, erfolgreich integrierte Flüchtlinge, die in Ausbildung oder Arbeit seien, eine Bleibeperspektive zu geben. Bisher gelte unter anderem die so genannte "Drei plus zwei"-Regelung, die für ein Bleiberecht eine dreijährige Ausbildung und zwei Jahre Berufstätigkeit voraussetze. Für Arbeitgeber sei es "fatal", wenn in ihrem Betrieb beschäftigte oder ausgebildete Flüchtlinge plötzlich gehen müssten.

Die Integration in Biesingen laufe gut, betont die Hausleiterin des "Löwen", Paula Bärmann und verwies auf die Kontakte der Jugendlichen beispielsweise zur Fußballabteilung in Oberbaldingen. Auch eine verstärkte Kooperation mit dem Jugendhaus in Bad Dürrheim sei geplant, um die Kontakte zwischen Flüchtlingen und den deutschen Jugendlichen zu intensivieren.