Bebauungsplan Tierhaltung: "Egoistisch geprägte Wortmeldungen" / 20 000 Unterschriften gesammelt

Bad Dürrheim. Bei der Sitzung des Landwirtschaftsbeirats machten die Landwirte ihrem Ärger über den Bebauungsplan zur Steuerung der Tierhaltung Luft. Gestern nun reagierte die Bürgerinitiative gegen die bei Oberbaldingen geplante "Schweinefabrik" kritisch auf die Äußerungen der Landwirte.

Wie die BI-Vertreter Arno Engesser und Martin Heyd in der Pressemitteilung betonten, sei die Stadtverwaltung im Laufe der Sitzung mit zum Teil "beleidigenden und unsachlichen Vorwürfen" konfrontiert worden. "Besonders der Junglandwirt Messner tat sich hierbei besonders hervor." Tatsächlich sei der Planentwurf seit fast einem Jahr auf den Internetseiten der Stadt für jedermann einsehbar, so die BI. "In keiner der ausschließlich egoistisch geprägten Wortmeldungen der Landwirte war zu erkennen, dass sie ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung gegenüber den Bürgern und den existenziellen Interessen der Kur-, Gesundheits- und Tourismusstadt Bad Dürrheim gerecht werden", heißt es weiter in dem BI-Schreiben. Kein Wort sei zum Umweltschutz, zur Nitratbelastung, zum Wasserschutz, zum Tierschutz und zu den 20 000 Bürgern gefallen, die sich "entschieden gegen die Massentierhaltung in dem sensiblen Bereich der Ostbaar ausgesprochen haben".

"Die Einwürfe gipfelten in der Aussage, am Naturcampingplatz in Sunthausen könne es ruhig mit 25 Prozent Geruchsstunden pro Jahr riechen, das Feriendorf Öfingen sei kein Kurgebiet, hier reichen zehn Prozent, und das bei nahezu 50 000 Übernachtungen pro Jahr", kritisiert die BI.

Wobei auch die Bürgerinitiative den Bebauungsplanentwurf "durchaus kritisch" sehe: Der mögliche Tierbesatz würde sich gegenüber dem Ist-Zustand auf 3000 Großvieheinheiten fast verdreifachen. "Die weitgehend auf Geruchskontingente und Ammoniakemission reduzierten Kriterien erscheinen uns zu unbestimmt und möglicherweise angreifbar, auch wird der touristisch attraktive Außenbereich zu wenig geschützt, und die Gülleproblematik wird völlig außer Acht gelassen", bemängelt die BI. Die Nitratbelastung der Trinkwasserquellen sei jetzt schon hoch, die Keckquelle "ist als Trinkwasser nicht mehr brauchbar, das Wasser der Kapfwald-Quelle ist zur Zubereitung von Babynahrung schon jetzt nicht mehr zugelassen". Bei einem weiteren Nitrat-Anstieg müsse nach den EU-Wasserrichtlinien ein Konzept zur Trendumkehr entwickelt werden. "Wir fordern nach wie vor, dass das Sondergebiet Rauäcker aus der Liste gestrichen wird, vor allem wegen der problematischen Geologie mit einer möglichen Gefährdung von Grundwasser und Quellen, wegen der exponierten Lage in bisher freier Landschaft und wegen des unverhältnismäßigen Erschließungsaufwands für ein privates Vorhaben, das gegen die Interessen der Allgemeinheit gerichtet ist", bekräftigt die BI ihr Ansinnen.

Die Bürgerinitiative stehe für eine bäuerliche Landwirtschaft, für artgerechte Tierhaltung, für qualitativ hochwertige Produkte mit fairen Preisen für die Bauern, für restriktiven Antibiotikaeinsatz und gegen die "unethische und hochsubventionierte Massentierhaltung". Sie verstoße "millionenfach" gegen das Tierschutzgesetz und verursache "schwere Umwelt- und Gesundheitsschäden in Milliardenhöhe", deren Folgen der Steuerzahler zu tragen habe. Ein weiteres Resultat sei eine für die Landwirte "ruinösen Überproduktion an Fleisch und Milch". Die Landwirte sollten "die Zeichen der Zeit erkennen", empfehlen Engesser und Heyd abschließend.