Überdimensionale Kolben vor der Mahle-Zentrale in Stuttgart Foto: dpa

Mit interaktiver Grafik - Beim Autozulieferer Mahle sind viele Mitarbeiter sauer, seit die Forderungen des Managements nach Kostensenkungen auf dem Tisch liegen. Noch ehe die Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern begonnen haben, werden die Messer schon gewetzt.

Stuttgart - „Wir schieben viele Überstunden, stehen immer bereit, und zum Dank sollen wir noch mehr arbeiten für weniger Geld“, sagt ein Mitarbeiter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Etliche Mitarbeiter sind vergrätzt angesichts der Forderungen des Mahle-Managements, von denen sie auf einer kurzfristig anberaumten Betriebsversammlung erfahren haben. Danach sollen die Personalkosten um rund 15 Prozent reduziert werden – unter anderem durch die Rückkehr zur 40-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich, Abstriche bei Urlaubs- und Weihnachtsgeld und die Erhöhung der Leiharbeiterquote.

„Wer so auf die Pauke hat, muss sich nicht wundern, wenn Emotionen hochkommen“, bestätigt Jürgen Kalmbach, Betriebsratsvorsitzender der Mahle-Werke Stuttgart und Fellbach, auf Anfrage unserer Zeitung entsprechende Forderungen. Wohl deshalb gab es auch eine Rekordbeteiligung bei der jüngsten Betriebsversammlung, zu der sich rund 700 Mitarbeiter versammelt hatten.

Beschäftigte am dem einzelnen Mahle-Standorten

Weil im Juni 2015 an etlichen deutschen Mahle-Standorten Verträge zur Standort- und Beschäftigungssicherung auslaufen, drängt der Betriebsrat auf neue fünf-Jahres-Verträge zur Jobsicherung, das Mahle-Management dagegen auf massive Kostensenkungen und eine geringere Laufzeit von drei Jahren.

„Die Firma will den Profit erhöhen, aber man muss die Kirche im Dorf lassen“, sagt Kalmbach. „Eine Rückkehr zur 40-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich geht gar nicht. Was hier verhandelt werden soll, ist unterhalb des Tarifvertrags. Für uns aber gibt es eine Schwelle, und das ist der Tarifvertrag.“

Im vergangenen Jahr haben Mahle die Schwierigkeiten auf dem europäischen Automarkt und der starke Euro zu schaffen gemacht. Durch die Übernahme des Klima- und Kühlungsspezialisten Behr hat Mahle allerdings mehr Umsatz und Gewinn eingefahren. Für den Konzern dürfte 2014 ein Rekordjahr werden. Bereits im ersten Halbjahr schnellte der Umsatz – Behr schlägt erstmals voll zu Buche – um 62 Prozent auf 4,9 Milliarden Euro in die Höhe. Der Gewinn hat sich ebenfalls kräftig auf 146 Millionen Euro (Vorjahr 60 Millionen Euro) erhöht.

Die Behr-Standorte sind von den Verhandlungen nicht betroffen, denn hier gelten noch Standortsicherungsverträge, die teils länger als bis 2015 laufen. Wie zu hören ist, gibt es dort schon unentgeltliche Mehrarbeit. Offenbar habe Mahle nun Lunte gerochen, mutmaßen Mitarbeiter, denen die Forderungen des Mahle-Managements sauer aufstoßen.

Betroffen von den anstehenden Verhandlungen sind rund 9000 Mahle-Mitarbeiter in Deutschland. Die Werke sind allerdings unterschiedlich ausgelastet. Stuttgart etwa dürfte hier kaum Probleme haben, weil hier auch ein Großteil der Mitarbeiter in der Verwaltung sitzt und immer mehr Aufgaben anfallen. Auch am Rennsport-Standort Fellbach beispielsweise brummt das Geschäft. So beliefert Mahle etwa Ferrari mit Kolben und Spezial-Pleuel im Rennsport und hat mit sportlichen Straßenfahrzeugen – dazu zählen auch Maserati und Lamborghini – ein zweites florierendes Standbein. Anders dagegen sieht es beispielsweise am Standort Rottweil aus.

Das größte deutsche Produktionswerk mit mehr als 1000 Mitarbeitern beliefert vor allem Lkw-Hersteller und hatte zuletzt von Vorzugseffekten profitiert. Weil viele Kunden mit Blick auf die strengeren Umweltnormen Euro 5 und Euro 6 noch im Vorfeld investiert hatten, dürften sich die rückläufigen Käufe hier deutlich bemerkbar machen. Experten zufolge sind Aluminiumkolben in Deutschland auch kaum noch zu wettbewerbsfähigen Kosten herzustellen – in Rottweil allerdings werden solche noch gefertigt.

Betriebsratsvorsitzender Kalmbach spricht von einem „Strauß an Werken mit ganz unterschiedlichen Bedingungen“. Man werde die Werke aber nicht gegeneinander ausspielen, sagt er. Sondersituationen gibt es etwa in Gaildorf – dort wurde schon vor Monaten die Gießerei geschlossen – und Markgröningen, wo Mahle Millionen-Aufträge im Bereich Kleinmotoren verliert, weil ein Kunde die eigene Fertigungstiefe erhöht.

Entsprechend unterschiedlich wird auch das Thema Leiharbeit an den Standorten gehandhabt. Unterm Strich liege Mahle deutlich unter dem Durchschnitt der Industrie, sagt Kalmbach. Früheren Angaben von Mahle zufolge liegt die Quote bei rund zwei Prozent, inklusive befristet Beschäftigter bei rund 4,5 Prozent.

Mahle selbst wollte sich auf Anfrage zu den Forderungen nach Kostensenkungen nicht äußern. „Wir geben dazu keine Stellungnahme ab, da es sich um laufende Verhandlungen handelt“, sagte eine Sprecherin auf Anfrage.