Hinter vielen Kirchenglocken verbergen sich interessante Geschichten Foto: dpa

In der Ausstellung „Ich hör’ was läuten“ im Muse-o im Alten Schulhaus Gablenberg können Besucher seit Sonntag die Geschichten hinter den Stuttgarter Glocken erfahren. Neben historischen Fakten hat die Schau auch viel Kurioses zu bieten.

Stuttgart - 49 Glocken läuten zurzeit immer wieder im Stuttgarter Osten. Ihr Geläute, so der offizielle Begriff für das Glockengebimmel, verkündet die Uhrzeit oder den Beginn eines Gottesdienstes. In der aktuellen Ausstellung „Ich hör’ was läuten“ im Muse-o im Alten Schulhaus Gablenberg können Besucher seit Sonntag die Geschichten hinter den Stuttgarter Glocken erfahren.

Zusammengestellt wurde die Ausstellung vom Stuttgarter Historiker Elmar Blessing. „Für verschiedene Jubiläen von Kirchengemeinden hat er sich mit deren Geschichte beschäftigt. Dabei ist ihm aufgefallen, dass die Glocken immer zu kurz kommen, obwohl sie einen Großteil der Kirchengeschichte mitgeprägt haben“, sagt Ulrich Gohl von Muse-o.

Die erste Glocke im Stuttgarter Osten wurde im Mittelalter im Stadtteil Berg aufgehängt. Vor allem die beiden Weltkriege sind dafür verantwortlich, dass keine der alten Glocken mehr in den Kirchtürmen hängt. „1917 und 1942 wurde der kunsthistorische Wert der Glocken geschätzt. Was nicht als erhaltenswert galt, wurde für die Herstellung von Waffen eingeschmolzen“, erzählt Gohl. Die Einzige, die diesem Schicksal entging, ist die Glocke des Verwaltungsgebäudes des Bau- und Wohnungsvereins aus dem Jahr 1895. Sie hat beide Kriege unbeschadet überstanden und hängt auch heute noch in der Schwarenbergstraße.

Sie ist aber nicht die älteste Glocke in Stuttgart-Ost. Im ehemaligen evangelischen Waldheim Frauenkopf hängt eine sogenannte Leihglocke von 1673. Sie stammt aus Pommern und wurde während des Zweiten Weltkriegs beschlagnahmt. Nach Kriegsende wurden solche Leihglocken an fliegergeschädigte Kirchengemeinden verteilt. Sie sind Eigentum der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Neben historischen Fakten gibt es in der Ausstellung auch viel Kurioses rund um die Glocken zu entdecken. So wurden für den Bau der katholischen St.-Nikolaus-Kirche in den 1960er Jahren im Stöckach fünf Glocken bestellt. „Als diese kamen, musste der Statiker darauf hinweisen, dass der Glockenturm nur drei tragen kann“, verrät Gohl. Die Bruder-Klaus-Kirche übernahm zwei Glocken. Das absolute Schwergewicht hängt bei der evangelischen Christusgemeinde auf der Gänseheide. Es wiegt stolze drei Tonnen bei einem Durchmesser von 1,70 Metern.

Passend zu den Glocken können sich die Besucher mit einem Audioguide auch deren Geläute anhören. „Es ist erstaunlich, wie sie alle unterschiedlich klingen“, sagt Michael Kunert, der die Glocken aufgenommen hat.

Die Ausstellung ist seit 30. November 2014 bis zum 29. März 2015 zu sehen und hat jeweils Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet zwei Euro, Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre haben freien Eintritt.

Kirchenglocken werden auch heute noch in aufwändiger Handwerkskunst hergestellt. Hier geht es zur Multimedia-Reportage der Stuttgarter Nachrichten über die Glockengießerei Bachert in Karlsruhe.