Sanddüne mit Kiefernwald am Oberrehin Foto: LUBW, Michael Linnenbach

Arterhaltung nach dem Gießkannenprinzip: Das kann nicht funktionieren. Bund und Länder konzentrieren sich deshalb jetzt auf so genannte Hotspots, Gebiete, in denen besonders viele oder nur dort vorkommende seltene Arten leben. Im Baden-Württemberg gibt es vier solcher Hot Spots.

Stuttgart - Wer gerne über Dünen spaziert, muss weder an den Atlantik, noch in die Sahara: Meterhohe Sanddünen und Flugsandflächen sind eine Besonderheit der nördlichen Oberrheinebene. Imposant sind vor allem die Sandhausener Dünen, ein 53 Hektar großes Natur- und Landschaftsschutzgebiet. In diesen Binnendünen leben viele speziell an Hitze, Wassermangel und Nährstoffarmut angepasste Tiere und Pflanzen, die sonst nur in den Steppen Osteuropas oder am Mittelmeer vorkommen.

Wie wertvoll diese seltene Biotoplandschaft ist, rückt erst jetzt ins Bewusstsein: Jahrzehntelang wurde der Sand großflächig für den Siedlungs- und Straßenbau abgetragen. Zudem hat sich seit dem 19. Jahrhundert der Spargelanbau dort sprunghaft ausgeweitet. Dabei ist die Dünenlandschaft bei Sandhausen rund 10 000 Jahre alt. Bei der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW) führt man die Entstehung auf westliche Winde zurück, über die feinste Körnchen aus den Sandbänken in die Gegend gelangten, wo heute die Gemeinden Oftersheim, Sandhausen und Walldorf sind. Im Mittelalter wurde die Dünenlandschaft bepflanzt, um die Weideflächen vor Sandverwehungen zu schützen. Heute sind die Dünen von ausgedehnten Kiefernwäldern bedeckt, die Waldkiefer ist der Leitbaum der baden-württembergischen Flugsandgebiete. Die Flugsandfelder und Binnendünen des Mainzer Sandes mit ihren Steppen- und Sandrasen sind sogar von herausragender internationaler Bedeutung.

Dieser einzigartige Landstrich ist der Hotspot 10 – bundesweit gibt es zwischen Bodensee und Ostsee 30 solcher Hotspots der biologischen Vielfalt, die zusammen elf Prozent der Fläche Deutschlands einnehmen. Landschaften, Lebensräume und Lebensgemeinschaften sind dort besonders vielfältig. Für jeden Hotspot wird zur Zeit ein Konzept zur Erhaltung erarbeitet, das vor Ort von den Städten und Gemeinden, Naturschutzorganisationen sowie Sponsoren umgesetzt werden soll.

Felstürme prägen die Alb

In Baden-Württemberg sind vier Hotspots ausgemacht worden: In der nördlichen Oberrheinebene mit Hardtplatten geht es nicht nur um die seltenen Dünenlandschaften, sondern auch um Flussauen, die Lebensraum bieten für seltene und gefährdete Fisch- und Vogelarten. Ein weiterer Hotspot ist der Hochschwarzwald mit dem Alb-Wutach-Gebiet. Besonders schützenswert sind dort das Hinterzartener Moor, aber auch ursprüngliche Tannen- und Buchenwälder. Die höchsten Berge des Südschwarzwalds beherbergen Tier- und Pflanzenarten aus der Eiszeit, die sonst nur in den Alpen vorkommen. Solche Eiszeitrelikte gibt es auch in der Wutachschlucht.

Das oberschwäbische Hügelland und die Adelegg sind mit 800 Quadratkilometern der kleinste Hotspot im Land. Dort sind Hoch-, Nieder- und Quellmoore und Moorwälder die herausragenden Landstriche, außerdem Seen und Weiher in tief eingeschnittenen Tälern. Im Bereich der Adelegg sollen Steillagen mit extensiver Beweidung geschützt werden. Totholzreiche Hangwälder sind ideal für die dort einmalige artenreiche Vogelwelt.

Der vierte Hotspot reicht bis in die Region Stuttgart hinein: Es ist die Schwäbische Alb vom oberen Donautal bis Höhen der Mittleren Kuppenalb. Dort gibt es ein großes Spektrum an Landschaften von Felsentürmen über Karsthöhlen, bis hin zu Schichtquellen und Kalksinterterrassen. Landschaftsprägend für den Albtrauf sind Felsblöcke und Brücken aus Weißem Jura, die Hochfläche der Alb wird von steilen Hängen mit Terrassen und Felstürmen geprägt. Besonders wertvoll sind im Bereich der Hohen Schwabenalb auch die sehr artenreichen Berg-Mähwiesen.

Fördermittel vom Bund

Als Grundlage zur Ermittlung dieser Hotspots dienten bundesweit Daten zu den Fauna-Flora-Habitaten (FFH) und Daten zum Vorkommen der Artengruppen. In einem Forschungs- und Entwicklungsprojekt des Bundesministeriums für Naturschutz (BfN) wurden die Seltenheit und Gefährdung von Arten und Lebensräumen gewichtet. Daraus wurden die bundesweit 30 Hotspots entwickelt – „unsere Schatzkästen der Natur“, wie sie das BfN bezeichnet. Für Projekte, die dem Artenschutz in einem dieser Hotspots dienen, können beim Bundesumweltministerium Fördermittel beantragt werden.