Für mehr Sicherheit an der Althengstetter Grundschule soll künftig ein Tempo 30-Limit sorgen. Foto: Fritsch

Fahrer müssen runter vom Gaspedal. Neue Regelung soll Unfallvermeidung erleichtern. Mit Kommentar

Althengstett - Sicherer und ruhiger – das sollen die drei Althengstetter Ortsteile dank Tempo 30 an Verkehrs- sowie potenziellen Unfallschwerpunkten werden.

In deutschen Wohngebieten sind Tempo-30-Zonen seit Jahren eine Selbstverständlichkeit – nicht aber auf Hauptverkehrsstraßen. Die Neuregelung für Tempo 30 ermöglicht es, Unfällen vorzubeugen, weil es einfacher wird, die Geschwindigkeit des Verkehrs vor Schulen, Kindertagesstätten und Seniorenheimen, sonstigen Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern auch auf Hauptverkehrsstraßen zu reduzieren. Um Tempo 30 einzuführen, müssen Behörden nämlich nicht mehr nachweisen, dass an solchen Stellen besonders viele Unfälle passieren.

Von 7 bis 18 Uhr an Werktagen

Künftig sollen Länder und Kommunen auch ohne einen solchen Nachweis Tempolimits auf Hauptverkehrsstraßen in "sensiblen Bereichen mit besonders schützenswerten Verkehrsteilnehmern" einführen können. Das sieht eine Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) des Bundesverkehrsministeriums vor (siehe "Info").

In der Althengstetter Ortsmitte gilt gemäß der neuen Rechtsgrundlage künftig zwischen Farrenstraße und Kirchgasse (K 4310) Tempo 30. Außerdem auf der Simmozheimer Straße (K 4308) vor der Grundschule von 7 bis 18 Uhr in beiden Richtungen an Werktagen.

Die zulässige Höchstgeschwindigkeit in Neuhengstett auf der Ottenbronner Straße (K 4308) im Abschnitt zwischen Ottenbronner Straße 5 und 7 sowie Einmündung Brunnenstraße wird werktags in beide Fahrtrichtungen von 7 bis 16 Uhr auf 30 Kilometer pro Stunde beschränkt. Dazu ergingen jetzt die entsprechenden verkehrsrechtlichen Anordnungen des Calwer Landratsamts, wie Bürgermeister Clemens Götz mitteilte.

In Ottenbronn gilt das Tempolimit künftig auf der Hengstetter Straße (K 4362) bei der Schule in beide Fahrtrichtungen werktags von 7 bis 16 Uhr. "In der Ottenbronner Ortsmitte ist eine Beschränkung auf Tempo 30 nicht möglich, weil der Kindergarten nicht unmittelbar an der Straße liegt", erläuterte der Althengstetter Rathauschef.

Schilderhersteller haben viel zu tun

Zu einer Verkehrsberuhigung und damit mehr Sicherheit führe dort allerdings das Verlegen der Bushaltestelle auf die Straße im Zuge der Umgestaltung des Dorfplatzes.

Althengstett ist freilich weit und breit nicht die einzige Kommune, in der Tempo 30 vor den genannten Einrichtungen eingeführt wird. Deshalb rechnet Götz mit eventuellen Lieferengpässen bei den Herstellern der Verkehrsschilder. Bis die Tafeln vom Landratsamt aufgestellt worden seien, dauere es sicher noch etwas: "Wir rechnen damit, dass sie mit Beginn des neuen Schuljahrs stehen", äußerte sich der Bürgermeister im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten.

Info: Tempo 30 vor Kindergärten und Grundschulen

Derzeitige Regelung:

 Innerhalb geschlossener Ortschaften gilt die generelle Höchstgeschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde.

 Die Straßenverkehrsbehörden ordnen innerhalb geschlossener Ortschaften, abseits der Hauptverkehrsstraßen in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo 30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an.

 Hauptverkehrsstraßen dürfen nicht in Tempo 30-Zonen einbezogen werden. Auf ihnen dürfen aber bei Vorliegen einer besonderen Gefahrenlage streckenbezogen durch Verkehrszeichen Geschwindigkeitsbeschränkungen vorgenommen werden.

 Dabei müssen die Straßenverkehrsbehörden belegen, dass dort infolge der jeweiligen Örtlichkeit eine erheblich den Normalfall übersteigende Gefahrenlage vorliegt, für die die allgemeinen Verhaltensregeln nicht ausreichen, um der Gefahr wirksam begegnen zu können. Dabei ist in der Regel der Nachweis eines Unfallschwerpunktes erforderlich.

Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO):

 Absenkung der Eingriffsschwelle: Damit wird die im geltenden Recht vorgesehene hohe Hürde – zum Beispiel Nachweis eines Unfallschwerpunktes für den Nachweis der Erheblichkeit – für die streckenbezogene Anordnung von Tempo 30 auf innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen abgesenkt.

 Verbesserung der Sicherheit für schwächere Verkehrsteilnehmer, zu denen Kinder und Senioren zählen.

 Kinder sind bis zum Abschluss ihrer Verkehrserziehung – die Radfahrprüfung findet in der Regel erst zum Ende der Grundschulausbildung statt – zum Beispiel altersbedingt noch nicht in der Lage, allgemeine Gefahren und hier insbesondere Geschwindigkeiten herannahender Fahrzeuge richtig einzuschätzen (Quelle: Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur).

Kommentar: Mit Rücksicht

Von Marion Selent-Witowski

Mit Rücksicht

Niemand wohnt gerne in einer Gemeinde, durch die Laster und Autos brausen. Die lang gezogene Althengstetter Durchgangsstraße dient nicht selten als Raserstrecke. Groß ist die Sorge von Eltern wieder besonders mit Beginn des neuen Schuljahrs, wenn Abc-Schützen lernen müssen, sich im Straßenverkehr zurecht zu finden. Die Geschwindigkeit herannahender Fahrzeuge richtig einzuschätzen, müssen die Jungen und Mädchen erst noch üben.

Ältere Menschen haben ein eingeschränktes Reaktionsvermögen, das sie beim Überqueren einer Straße in Gefahr bringt. Tempo 30 an neuralgischen Punkten in allen drei Hengstetter Ortsteilen – eine gute Idee für mehr Sicherheit der Jüngsten und Ältesten. Das wird aber nur funktionieren, wenn sich Fahrer rücksichtsvoll an das Limit halten und nicht womöglich in Nebenstraßen ausweichen, um dort aufs Gaspedal zu treten.