Das Waldensermuseum ist eines der markantesten Gebäude im Ort. Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder-Bote

Waldensergeschichte weckt auch bei Auswärtigen großes Interesse

Von Jeanette Tröger

Althengstett-Neuhengstett. Rund 50 interessierte Personen trafen sich am Sonntagnachmittag am Welschen Häusle oberhalb von Heumaden zu einer rund dreieinhalbstündigen Wanderung von der Calwer in die Neuhengstetter Gemarkung auf einem Teilstück des Hugenotten- und Waldenserpfades.

Zunächst erläuterte Francis Guillaume von der Forschungskommission des Neuhengstetter Heimatgeschichtsvereins "Bourcet" die Funktion des Welschen Häusle als Schutzhütte. Auf ihren Wegen nach und von Calw zur Arbeit in der Calwer Tuchfabrik oder in der Strumpfwirkerei diente das Häusle den "Welschen", wie die Neuhengstetter Waldenser in der Umgebung auch heute noch genannt werden, als Unterstand und Rastplatz auf halbem Weg.

Ohne die Arbeitsmöglichkeiten in Calw hätten die Waldenser ihren Unterhalt nicht verdienen können, denn die Landwirtschaft warf auf den ihnen zugeteilten kargen Böden nur das Nötigste ab. Um dieses von den Waldensern erst urbar gemachte Brachland, das von der Simmozheimer und Althengstetter Gemarkung Anfang des 18. Jahrhunderts zur Ansiedlung der Glaubensflüchtlinge abgenommen wurde, gab es in den Folgejahren immer wieder Streitigkeiten, die nur durch mehrmalige Interventionen der Obrigkeiten befriedet werden konnten, erfuhren die Teilnehmer.

Ebensolche Streitigkeiten gab es um die Wasserstelle und Viehtränke Esslesbrunnen, deren Lage und Ausdehnung Guillaume anhand von Kartenmaterial und alten Urkunden in einer Präsentation zeigte. Bernd Nonnenmann von der gleichnamigen Althengstetter Landmaschinenfirma zog mit seinem Traktor ein mit rückwärtiger Leinwand und Beamer, Laptop und Lautsprecheranlage ausgestattetes Präsentationsfahrzeug durch den Unteren Wald zum Neuhengstetter Friedhof, weiter zum alten Friedhof und dem Heimatmuseum.

Jeweils an den Haltepunkten erfuhren die Wanderer dann anhand von Bildern, Urkunden, Karten und aus Büchern, Schriften und Abhandlungen vorgelesenen Texten Details zur Waldensergeschichte. So hörten sie, dass zu Beginn im Welschdorf eine Beerdigung eine Familienangelegenheit war und nicht wie bei den Katholiken eine kirchliche Handlung. Oder dass der alte Friedhof beim Heimatmuseum die Flurstücknummer eins trägt, was vielleicht erklärt, warum er zunächst als Fleckenplatz in den alten Aufzeichnungen auftaucht und nicht als Friedhof. Die Wanderer wurden mit einer Vielzahl von Zahlen, Daten sowie Fakten versorgt und Guillaume sprach auch zwei ungelöste Rätsel der jüngeren Vergangenheit an: den ungeklärten Verbleib der Bibel in französischer Sprache, die bis 1966 auf dem Altar der Neuhengstetter Kirche lag. Und die Frage nach dem immer wieder in Schriftstücken auftauchenden "Perrotsaal", der wohl nach dem langjährigen Neuhengstetter Lehrer Jean Henri Perrot benannt war.

Nach einem langen Halt an der Kirche zog der Tross zum Schlusspunkt der Wanderung, dem Waldenserstein mit den Namen der ersten in Neuhengstett sesshaft gewordenen Familien an der nordwestlichen Gemarkungsgrenze. Allerdings wählte Guillaume nicht den aktuellen Standort, sondern den ursprünglichen Platz im heute nicht mehr erhaltenen, vom Gutsehepaar Georgii von Georgenau zu seinem 35. Hochzeitstag angelegte Stiftungsgarten, dessen Ertrag den Armen in Neuhengstett zugute kam.

Von unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet, bietet die Geschichte des Welschdorfs immer wieder Interessantes. Aus den Reihen der durch einen Artikel in unserer Zeitung aufmerksam gewordenen auswärtigen Teilnehmer kam jedoch die Kritik, dass der Inhalt der Tour zu wissenschaftlich und als reine Präsentation ermüdend war und sie sich gerne das Museum, die Kirche, den Waldenserstein oder auch die Wasserstelle im Wald im Original angeschaut hätten.