Christine Stierle, Julia Burkhardt, Susanne Maus, Elke Ruf, Antonia Ginter, Matthias Behrend, Hartmut Weber und Heike Spang-Vollmer (von links) bilden das GMS-Team und haben sich im so genannten Lernbüro versammelt. Foto: Selent-Witowski

Werkrealschule soll ab nächstem Jahr Gemeinschaftsschule werden. Fünft- sowie Sechstklässler arbeiten bereits nach den Richtlinien.

Althengstett - Schulleitung und Lehrerkollegium sind äußerst zuversichtlich, dass es im zweiten Anlauf klappt: Die Werkrealschule Althengstett soll ab 2014/15 zur Gemeinschaftsschule (GMS) werden. Die Fünft- und Sechstklässler werden indes bereits mit den neuen Lernmethoden vertraut gemacht.

"Wir wollen in erster Linie nicht Gemeinschaftsschule werden, um unsere Einrichtung zu erhalten, sondern sind inhaltlich davon überzeugt", betonen Rektor Hartmut Weber und seine Stellvertreterin Elke Ruf. Gemeinsam mit den Kollegen Matthias Behrend, Christine Stierle, Julia Burkhardt, Antonia Ginter, Susanne Maus und Joachim Leleux haben sie am Konzept für die Gemeinschaftsschule in Althengstett gearbeitet und bereits bestehende Schulen dieser Art sowie Fortbildungen besucht, um Anregungen zu bekommen.

Schnell hat sich herausgestellt, dass es kein Raster gibt, das über jede künftige Gemeinschaftsschule gelegt werden kann. In zahlreichen Arbeitsstunden wurden Ideen gesammelt und einige davon auch wieder komplett verworfen, bis der Rahmen für die Althengstetter Bildungseinrichtung passte. Der Antrag auf Einrichtung einer GMS soll in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Schulamt am 1. Oktober erneut gestellt werden.

Wesentliche Elemente der GMS (siehe auch "Info") sind die individuelle Förderung und kooperatives Lernen. Schüler unterschiedlicher Leistungsstufen werden gemeinsam unterrichtet. Noten gibt es keine, sondern so genannte Kompetenzraster. "Es soll nicht in den Vordergrund gestellt werden, was der Schüler nicht kann, sondern die Fähigkeiten jedes einzelnen stehen im Mittelpunkt", sagt Elke Ruf. Die Schüler würden eigenverantwortlich lernen. Dies insbesondere im Hinblick auch auf die Ausbildungsreife. Ein weiteres wichtiges Element ist der enge Kontakt zwischen Schule und Elternhaus.

An der GMS werden Inhalte in Lerneinheiten vermittelt. Im ersten Schritt einer solchen Einheit wird der individuelle Lernstand des Schülers ermittelt. Anhand dessen wird für ihn eines der drei Leistungsniveaus für die Einheit (vorläufig) festgelegt. Entsprechend seiner Niveaustufe bekommt jeder Aufgaben, die in Checklisten festgehalten sind. Das Lerntagebuch dient jedem Schüler dazu, seine Planung und Arbeitsfortschritte genau zu dokumentieren.

Der Buchinhalt wird regelmäßig mit dem so genannten Lerncoach besprochen. "So ist der Schüler jederzeit in der Lage, sich selbst zu überprüfen, ob die geforderten Kompetenzen erreicht wurden. Sind alle Aufgaben erledigt, muss jeder Schüler seine Fähigkeiten nachweisen, zum Beispiel als Arbeit, und dokumentiert so seinen Leistungsstand. Die Jungen und Mädchen lernen im eigenen Tempo auf ihrer jeweiligen Niveaustufe. Je nach Leistungsstand kann diese auch gewechselt werden.

Für die neue Art des Lernens wurden im bestehenden Schulgebäude Räume umgestaltet und neu eingerichtet. Die Jungen und Mädchen aus den Klassen 5 und 6 haben einen Gruppenarbeitsraum und ein Lernbüro. Letzteres dient als Arbeitszimmer, in der jeder während der individuellen Lernzeit einen einzelnen Platz hat.

Die GMS ist nicht nur für die Schüler eine neue Welt. Auch das Bild und Selbstverständnis der Pädagogen ändere sich, wie das gesamte Althengstetter GMS-Team betont. Es gebe den persönlichen Lerncoach, also die Lehrkraft, die mit dem Schüler wöchentlich ein Gespräch führt und die Arbeit mit dem Lerntagebuch begleitet; außerdem den Lernbegleiter, der den Unterricht gestaltet und die Schüler während des Unterrichts in den einzelnen Fächern begleitet. So kann eine individuelle Förderung der Jungen und Mädchen gelingen, für die Schule nicht nur Lernort, sondern Lebensraum sein soll.

Seite 2: Info - GMS

Den Kern der Gemeinschaftsschule (GMS) bildet die Sekundarstufe I, das heißt, die Klassenstufen 5 bis 10. Wenn die GMS nach der Klassenstufe 10 jährlich mindestens 60 Schüler mit Gymnasialniveau hat, kann sie eine Sekundarstufe II mit den Klassenstufen 11 bis 13 anbieten. Eine GMS ist in den Klassenstufen 5 bis 10 verpflichtende Ganztagsschule. Das bedeutet, dass an drei oder vier Tagen der Woche ein Ganztagesbetrieb mit rhythmisiertem pädagogischem Angebot gewährleistet sein muss. Schule und Schulträger entscheiden frei darüber, welche Variante sie wählen.

Durch längeres gemeinsames Lernen und durch bestmögliche individuelle Lernformen soll diese Schulart der Unterschiedlichkeit der Schüler gerecht werden. Die Schüler lernen miteinander und voneinander. Sie entwickeln dadurch auch wichtige soziale Kompetenzen. Schülerzentrierte Unterrichtsmethoden, individuelle Lern- und Förderpläne für alle Schüler und selbstverantwortliches Lernen, individuell sowie in variablen Gruppen, gehören zum Profil. Außerdem Praktika in unterschiedlichen Lebensbereichen, die Teamarbeit der Lehrer und eine individuelle Leistungsrückmeldung. Da in den Lerngruppen alle Bildungsstandards angeboten und von unterschiedlichen Schülern nach ihren Fähigkeiten erreicht werden, sind alle Abschlüsse möglich: Hauptschulabschluss nach Klasse 9 oder 10, Realschulabschluss nach Klasse 10 und Abitur, sofern die GMS eine Sekundarstufe anbietet.