Ministerin Susanne Eisenmann (stehend Dritte von rechts) suchte in Althengstett den direkten Kontakt zu den Schülern. Foto: Kunert

Susanne Eisenmann zu Besuch an Schul-Basis in Althengstett. Auf Augenhöhe mit Lehrern und Schülern.

Althengstett - Waschechten ministerialen Besuch im Schulzentrum Althengstett? Realschulleiterin Christa Wurster-Zischler kann sich nicht erinnern, dass es das schon einmal gab – wobei beim Hausmeister "ein Foto von Gerhard Mayer-Vorfelder" hängen würde. "Aber das war lange vor meiner Zeit."

Von 1980 bis 1991 war "MV" tatsächlich Kultusminister in Baden-Württemberg. Seine aktuelle Nachfolgerin ist Susanne Eisenmann. Und die unternimmt seit knapp einem Jahr immer wieder regelmäßig Schulbesuche im Land, um mit den Schülern, Lehrern, Schulträgern und Schulämtern persönlich ins Gespräch zu kommen. An diesem Morgen ist das Schulzentrum in Althengstatt dran.

Christa Wurster-Zischler findet dieses Engagement der Ministerin toll: "Sie könnte ja auch einfach eine Expertenkommission berufen, um sich über was auch immer eine Meinung zu bilden" – und müsste dafür nicht einmal ihr Ministerbüro in Stuttgart verlassen. "Aber man merkt, dass es Frau Eisenmann wirklich ernst ist mit diesem Engagement." Mit dem Nachfragen an der schulischen Basis nach konkreten Erfahrungen, nach Wünschen und Visionen, aber auch nach handfester Kritik.

Gestartet sei der Tag mit einer vertraulichen Gesprächsrunde, an der neben der Ministerin und den beiden Schulleitern des Schulzentrums Althengstett – Wurster-Zischler für die Realschule (RS) und Hartmut Weber für die Gemeinschaftsschule (GMS) – auch Althengstetts Bürgermeister Clemens Götz sowie Vertreter des Schulamtes Pforzheim und des Regierungspräsidiums teilgenommen hätten. Dabei sei "wirklich absoluter Klartext" geredet worden, berichtet Christa Wurster-Zischler. "Ein wirklich gutes Gespräch", sehr offen, sehr direkt.

So direkt, dass die Althengstetter Realschulleiterin jetzt eigentlich auch sehr konkrete Erwartungen daran knüpft, was von dem Besprochenem und Angeregtem auch tatsächlich für den eigenen Schulbetrieb umgesetzt wird. Zum Beispiel bei den ministerialen Vorgaben, wie der Unterricht an der Realschule die Schüler auf den Hauptschul- (nach der neunten Klasse) oder den Realschul-Abschluss (nach der zehnten Klasse) vorzubereiten habe.

"Bisher müssen wir unsere Schüler grundsätzlich "sowohl als auch" auf beides vorbereiten", obwohl an der Althengstetter Realschule zum Beispiel im Augenblick klar sei, dass alle Schüler der Realschule auch ausschließlich auf den Realschulabschluss hinarbeiteten – und diesen auch schaffen könnten. "Hier wünschen wir uns ganz konkret mehr Eigenverantwortung und eigene Gestaltungsmöglichkeiten", die spezifischen Inhalte, die für den Hauptschulabschluss wichtig wären, weglassen zu können. Eine Freiheit in der Unterrichtsgestaltung, die die Ministerin tatsächlich für die Zukunft in Aussicht stellt.

Doch nun will sich Ministerin Eisenmann erst einmal selbst ein Bild von dieser Schule machen: Rundgang mit der zwischenzeitlich eingetroffenen "Weltpresse" – mehrere Rundfunkstationen und Zeitungen sind dabei. Wobei man ein bisschen auch den Eindruck hat, die Ministerin würde vor den Medienvertretern davonlaufen; die jüngsten, verheerenden Zahlen zum Bildungsniveau der baden-württembergischen Grundschüler mögen der Grund dafür sein. Denn vor allem dazu wollen die anwesenden Journalisten von der Ministerin markige Stellungnahmen hören. Dabei werden hier im Moment Real- und Gesamtschüler besucht – weit und breit keine Grundschüler; die sind in den Außenstellen des Schulzentrums untergebracht.

Erste Station: die 6b der GMS. Berührungsängste kennt Eisenmann nicht – sie geht sofort auf die Kinder zu, will wissen, was sie gerade tun; was leicht fällt beim Lernen, was schwer. Alles sicherlich nur Momentaufnahmen – kein Gespräch dauert länger als zwei, drei Minuten. Aber auch für Lehrerin Suzan Abel nimmer sich die Ministerin etwas Zeit, lässt sie erzählen – vom Vermögen der Kinder, sich im Lernfortschritt selbst einzuschätzen: negative Leistungen seien den Kindern meist bewusster als eigene gute Leistungen. "Da muss man sie dann ein bisschen mehr loben, dass sie merken, wenn sie etwas richtig gut gemacht haben." Eisenmann bestätigt, dass sie von diesem Phänomen nicht zum ersten Mal höre.

Eisenmann ist ungewöhnlich nahbar

Und fast im Laufschritt geht’s auch schon weiter, der Tag ist eng getaktet für den hohen Besuch, die Ministerin wieder vorneweg. Noch die 8b der Realschule besuchen, die gemeinsam mit Neunt- und Zehntklässlern über den Austausch der Schule mit Finnland spricht: die, die schon mal da waren im hohen Norden, geben denen, die noch hinwollen, Tipps und Erfahrungsberichte mit auf den Weg. Eisenmann setzt sich kurzerhand dazu, ist wieder ungewöhnlich nahbar, verbindlich. Stellt kurze Fragen, lässt Reden, hört zu. Etwas länger als bei der 6b der GMS, aber auch hier ist kein Raum für Schönwettergewäsch. Ungefiltert gibt’s die spontanen Statements der Schüler für die Ministerin. "Auch nur ein Mensch", wie einer der Schüler resümiert.

Da ist diese Mensch-Ministerin auch schon wieder auf dem Weg zur Aula des Althengstetter Schulzentrums. Eine kurze, improvisierte Pressekonferenz – damit die Medienvertreter endlich ihre brennenden Fragen zur IQB-Bildungsstudie stellen können. Die eine zunehmend ungehaltenere Kultusministerin im zusehends schärferen Ton beantwortet. Wer drauf achtet, stellt fest, dass Eisenmann dabei nahezu wortwörtlich die Antworten wiederholt, die sie seit vergangenem Freitag schon unendlich vielen Journalisten in die Feder diktiert hat – wobei sie tatsächlich immer lauter und nachdrücklicher, vielleicht auch ungeduldiger wird; wahrscheinlich deswegen.Oder Ministerin Eisenmann ist mit dem Kopf schon beim nächsten Programmpunkt – wie das Eingangsgespräch wieder ohne Presse. Nicolette Kressl, Regierungspräsidenten aus Karlsruhe, ist dazu ebenfalls gerade eingetroffen, wie auch ein ganzer Bus voller Schülervertreter aus dem gesamten Nordschwarzwald. Große Konferenzbestuhlung in der Aula des Althengstetter Schulzentrums. Aber nicht für die Öffentlichkeit. Was schade ist – denn auch in dieser ungewöhnlichen Runde dürfte mit dieser Ministerin gleich wieder richtig Tacheles geredet werden. Mit vielleicht wieder konkreten Ergebnissen.  Die dritte Seite