Ryyan Alshebl absolviert derzeit die Einstiegsqualifizierung, bevor er am 1. September seine Ausbildung bei der Gemeinde Althengstett beginnt. Foto: Selent-Witowski

Ryyan Alshebl beginnt im September Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten.

Althengstett - Ryyan Alshebl macht seinen Weg: Der 23-jährige Syrer flüchtete 2015 über die Türkei und Griechenland nach Deutschland, erlernte schnell die deutsche Sprache und beginnt am 1. September seine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten bei der Gemeinde Althengstett.

Der junge Mann wurde in einer bergigen Gegend im Süden Syriens geboren und wuchs dort auf. Nach der Schule begann er in der am Meer gelegenen Stadt Latakia das Studium der Betriebswirtschaftslehre, weil er später im Verwaltungsbereich arbeiten wollte. "Das konnte ich wegen des Krieges nicht beenden. 2015 sollte ich zum Militärdienst eingezogen werden und bin daraufhin mit drei Freunden aus meiner Heimat geflüchtet", berichtet Alshebl. "Das war eine sehr abenteuerliche und gefährliche Sache."

Politische Lage nach wie vor kompliziert

Deutschland sei sein Ziel gewesen, weil sein Bruder seit 2013 in Karlsruhe lebe und dort an einem Studentenaustauschprogramm teilnehme. Die Eltern und sein jüngerer Bruder hat er in Syrien zurückgelassen. Von der Familie getrennt zu sein, fällt nicht immer leicht, "aber wir telefonieren fast täglich". Die politische Lage in Syrien sei nach wie vor kompliziert. "Ich frage mich, was dort noch alles kommt. Ich habe keine Hoffnung auf Fortschritte und dort keine Perspektive", äußert sich der künftige Mitarbeiter der Althengstetter Gemeindeverwaltung. Rund zwei Millionen Kinder seien in Syrien ohne Schule und damit ohne Zukunft.

Schneller als gedacht habe er sich in einem neuen und fremden Land wiedergefunden. Die größte Herausforderung für den heute 23-Jährigen war die deutsche Sprache. "Der erste wichtige Schritt für mich in Calw war, einen Deutschkurs zu beginnen." Dieser sei im Dezember 2015 bei der Volkshochschule gestartet und habe sechs Monate gedauert. Es sei nicht einfach gewesen, habe aber sehr viel Spaß gemacht.

Danach wollte er unbedingt allein weiter lernen. Offensichtlich mit Erfolg, denn Alshebl spricht inzwischen fließend Deutsch und bringt Texte einwandfrei zu Papier. Leicht sei das alles oft nicht gewesen, denn er habe zusammen mit fünf weiteren Personen auf 25 Quadratmetern in der Flüchtlingsunterkunft auf dem Wimberg gelebt. "Ich war aber sehr motiviert, diese große Herausforderung zu bestehen."

Eine alte Leidenschaft des Syrers sind Autos, weshalb er sich um einen Praktikumsplatz in einer Nagolder Autowerkstatt bewarb. "Bei der Wahl des Traumberufs sollte man genau hinschauen." Die Zeit in der Werkstatt sei eine nützliche und gute Erfahrung gewesen. Sie habe aber letztendlich den Ehrgeiz und Traum, im Verwaltungsbereich zu arbeiten, wieder geweckt. Hilfreich sei das Programm "Perspektiven für Flüchtlinge" der Agentur für Arbeit gewesen, das Asylsuchende auf den deutschen Arbeitsmarkt vorbereitet. "So kam der Kontakt zur Gemeindeverwaltung Althengstett zustande und ich konnte dort ein zweimonatiges Praktikum absolvieren", erzählt der junge Syrer.

Alshebl wurde innerhalb der Verwaltung sowie in der Gäugemeinde dermaßen freundlich begegnet, dass er sich entschloss, sich um einen Ausbildungsplatz als Verwaltungsfachangestellter zu bewerben. "Bereits nach wenigen Tagen habe ich die Zusage bekommen. Ich freue mich sehr, weil ich hier Kollegen habe, die immer hilfsbereit sind und mir bei Unklarheiten oder Schwierigkeiten alles geduldig erklären." Zur Bewerbung motiviert habe ihn außerdem, dass Verwaltungen in Deutschland im Vergleich zu denen im Nahen Osten sehr transparent seien.

Beide Seiten wissen zu wenig voneinander

Um sich fachlich vorzubereiten, absolviert der 23-Jährige die Einstiegsqualifizierung, eine Art Praktikum. Auf lange Sicht fasst Alshebl eine Studium zum "Bachelor in Public Management" ins Auge, um sich weiter zu qualifizieren. "Bis dahin muss ich weiter Deutsch und Schwäbisch lernen", sagt der 23-Jährige lachend.

Natürlich gebe es auch viele Vorurteile gegenüber Flüchtlingen, weil beide Seiten zu wenig voneinander wüssten. "Ich selbst habe in Calw oder Althengstett aber noch nie ein böses Wort gehört."

Derzeit lebt der künftige Verwaltungsfachmann, der eine drei Jahre gültige Aufenthaltserlaubnis besitzt, in Calw, möchte aber im Sommer nach Althengstett umziehen. Nicht nur wegen der Arbeit, sondern weil er dort auch viele Freunde gefunden hat und Mitglied bei den Tischtennisfreunden ist. Zu einem engen Vertrauten ist dem 23-Jährigen auch der ehemalige Althengstetter Pfarrer Walter Hummel geworden, der inzwischen auf dem Wimberg tätig ist und sich beim Arbeitskreis Asyl in Calw engagiert. Dort traf er Alshebl zum ersten Mal. "Er behandelt mich wie ein Vater, und ich kann jederzeit zu ihm kommen oder ihn anrufen, wenn es irgendein Problem gibt", sagt der 23-Jährige.

Sein Ziel sei es, in Deutschland zu bleiben: "Ich denke, dass ich hier eine gute Perspektive habe und in den kommenden Jahren zufriedenstellende Fortschritte machen werde".