Erna Talmon-l’Armée blickt heute auf 95 Lebensjahre zurück. Foto: Tröger Foto: Schwarzwälder-Bote

Erna Talmon-l’Armée feiert heute 95. Geburtstag / So weit wie möglich eigenständig

Von Jeanette Tröger

Calw-Hirsau/Althengstett-Neuhengstett. Ihren 95. Geburtstag feiert heute Erna Talmon-l’Armée aus Neuhengstett. Die muntere Jubilarin lebt seit etwa einem Jahr im Seniorenheim Haus Nagoldtal in Hirsau.

Geboren und aufgewachsen in den entbehrungsreichen Jahren nach dem Ersten Weltkrieg war die Landwirtschaft von Kindheit an der wesentliche Lebensinhalt der geistig regen Seniorin. Zwar machen ihre Beine derzeit nicht mehr so mit, wie sie es sich wünscht, sie ist jedoch darauf bedacht, sich ihre Eigenständigkeit so weit wie möglich zu erhalten. "Im Alter wird man da noch erfinderisch", meint sie dazu lächelnd. Erna wurde als mittleres Kind von Heinrich und Christine Talmon-l’Armée im Welschdorf geboren. Der Vater war bei der Bahn beschäftigt als Streckengeher, die Mutter kam aus Siehdichfür nach Neuhengstett. Bereits Mitte der 1950er-Jahre verlor die Jubilarin ihre Mutter. Auch die ältere Schwester Klara und der jüngere Bruder Heinz leben schon lange nicht mehr. So war die unverheiratete Neuhengstetterin sehr früh alleine zuständig für die Landwirtschaft und nach dessen krankheitsbedingter Frühpensionierung auch für die Versorgung und später Pflege des Vaters.

Eine für sie sehr prägende Zeit war für Erna Talmon-l’Armée ihre Tätigkeit im Haushalt mehrer Calwer Familien. Zwischen ihrem 40. und 60. Lebensjahr war sie, wie man damals noch zu pflegen sagte, "in Stellung", davon 15 Jahre bei einer Arztfamilie. Auch als diese nach Wildbad übersiedelte, wollte die Frau des Hauses nicht auf die geschätzten Dienste verzichten. Zu dieser Familie bestand eine über das Arbeitsverhältnis hinaus engere Bindung. Mit ihr verbrachte die Jubilarin auch ihren ersten und einzigen Urlaub im italienischen Canobbio am Lago Maggiore.

Sie musste ihre lieb gewonnene Tätigkeit mit der zunehmenden Pflegebedürftigkeit des Vaters beenden, der 1979 im Alter von 90 Jahren starb. So waren ihre Hühner und ihr großer Garten sowie die Pflege und der Erhalt des Anwesens die Aufgaben, die sie jung erhielten. Noch vor wenigen Jahren versorgte die Seniorin sich selbst mit Gemüse aus eigenem Anbau. Von dieser Arbeit ließ sie sich auch nicht von ihren zunehmend wackliger werdenden Beinen abhalten.

Sie pflegte stets regen Kontakt zur Nachbarschaft. Regelmäßig kommt Besuch aus Neuhengstett zu ihr ins Heim und so nimmt sie immer noch Anteil an allem, was im Dorf passiert. Ihre bis ins Detail ausgeschmückten Erinnerungen sind für ihren Neffen Rolf und ihre Nichte Birgit, die Kinder ihres Bruders Heinz und deren Familien, ein großer Fundus, wenn es darum geht, etwas über die Geschichte Neuhengstetts und seiner Bewohner seit dem Zweiten Weltkrieg zu erfahren. Danach gefragt, was sie für ihren heutigen Geburtstag geplant hat, sagt Erna Talmon-l’Armée: "Oh, gar nichts, wer kommt, der kommt."