Foto: Schwarzwälder-Bote

Scoping, Standardisierte Bewertung oder Fahrplanrobustheitsprüfung – das hört sich nicht nur

Scoping, Standardisierte Bewertung oder Fahrplanrobustheitsprüfung – das hört sich nicht nur kompliziert an, sondern die Vorarbeiten für die Hermann-Hesse-Bahn sind wahrlich eine mehr als komplexe Angelegenheit. Außerdem drängt die Zeit. Die Züge müssen 2018 fahren, damit die 50-prozentige Förderung des Infrastrukturprojekts durch das Land Baden-Württemberg gewährleistet ist. Unter Hochdruck treiben die verschiedenen Abteilungen des Calwer Landratsamts deshalb zurzeit die Planfeststellungsverfahren zur Genehmigung der baulichen Maßnahmen voran. Mangelnden Einsatz bei der Bearbeitung der Unterlagen kann man den Mitarbeitern der Behörde sicher nicht vorwerfen.

Böse Zungen behaupten allerdings, dass den Zuständigen und Landrat Helmut Riegger Tag und Nacht nur noch Züge durch den Kopf fahren. Den Blick stets nach vorne Richtung Weil der Stadt und Renningen gerichtet, bleibt ihnen dadurch offenbar keine Zeit mehr, die Menschen links und rechts der Gleise einzubeziehen sowie deren Bedenken, Sorgen, Ängste und Anregungen ernst zu nehmen.

Natürlich kann von Seiten des Landratsamts nicht jeder einzelne Planungsschritt kommuniziert werden. Die Informationspolitik des Landkreises lässt dennoch ganz schön zu wünschen übrig. Erst waren es das Gechinger Ratsgremium und Bürgermeister Jens Häußler, die verschnupft auf das Vorhaben reagierten, Flächen des dortigen Gemeindewaldes zur Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen heranzuziehen. Dadurch fühlte man sich regelrecht überfahren. Gratis will die Schlehengäugemeinde die rund 3,5 Hektar an vorgesehener Fläche freilich nicht hergeben. Ähnlich dürfte es Grundstückseigentümern in der Nachbarkommune Althengstett ergangen sein. Auch sie wurden nichts ahnend mit Ausgleichsarbeiten konfrontiert. So kann die Überzeugungsarbeit für die Hesse-Bahn, die nach wie vor notwendig ist, nur schwerfallen. Basta-Politik ist jedenfalls kein Mittel.

Insbesondere die direkten Anlieger und die Gemeinderäte sowie Verwaltungen dieser Kommunen sollen sich bei der Realisierung des ehrgeizigen Schienenprojekts laut Landkreisverwaltung nicht wie allein auf hoher See fühlen. Tun sie aber, weil sie scheibchenweise, gar nicht oder zum denkbar spätestens Zeitpunkt erfahren, was mit dem Bahnprojekt auf sie zukommt. Der Hinweis, dass das Planfeststellungsverfahren im Hinblick auf erforderliche Ausgleichsmaßnahmen im Zuge von Bauten für die Hesse-Bahn auf Konsens ausgelegt ist, kommt nicht nur nach dem Geschmack der Gechinger und Althengstetter reichlich spät.

Bei der Reaktivierung der Württembergischen Schwarzwaldbahn wollen die Landkreisbewohner nicht erst mitgenommen werden, wenn der Zug auf dem Gleis steht. Nur wenn sie auf dem Laufenden gehalten werden, dürfte auch bei den ärgsten Kritikern des Schienenprojekts die Akzeptanz dafür wachsen. Dezernatsleiter Albrecht Reusch bezeichnete diese Woche die Informationspolitik des Landratsamts als "suboptimal" und gelobte Besserung. Zugesagt wurden in der Gemeinderatssitzung in Althengstett eine weitere Informationsveranstaltung im Februar und das komplette Veröffentlichen weiterer Untersuchungsergebnisse im Internet. Außerdem sollen die mit dem Projekt betrauten Mitarbeiter der Behörde jederzeit für die Bürger direkt ansprechbar sein. Selbst mehr nachzuhaken, ist also ausdrücklich erwünscht. Mit am wichtigsten ist aber, dass beide Seiten etwas mehr Verständnis füreinander aufbringen – dafür ist es höchste Eisenbahn.