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Jazz-Legende begeistert in Altensteigmit einem vitalen Mix ausBesonnenheit und Temperament

Von Maria Kosowska-Németh

Enthusiastischer Beifall, Bravorufe, drei Zugaben und abermals stehende Ovation für den Nestor des deutschen Jazz, Wolfgang Dauner, schlossen das jüngste Konzert in der Reihe "Jazz im Bürgerhaus" ab.

Altensteig. Seit Jahrzehnten prägt der 1935 in Bad Cannstatt geborene Pianist, Komponist, Bandleader und Arrangeur das deutsche und internationale Musikgeschehen. Hungrig nach Verwirklichung seiner Visionen, suchte und erkundete der experimentfreudige Dauner neue Wege in zahlreichen Musikrichtungen, spielte mit den Jazz-Größen wie Chic Corea, Albert Mangelsdorff, Jean-Luc Ponty oder Robin Kenyatta und dem Klassiker Tzimon Barto, gründete mehrere Bands, darunter das legendäre United Jazz und Rock Ensemble.

Am Klavier wirkt Dauner frisch und vital, und wenn er sich in seine eigene Musikwelt begibt, tritt Besonnenheit und Erfahrung gegen das geradezu jugendliche Temperament an. Sein Werdegang und die legendäre Originalität, bisweilen Extravaganz, welche ihn einst den Flügel in Brand stecken ließ, machen jetzt Platz einer überlegten, musikalisch frappierenden Vorgehensweise. Nur einmal manipuliert er kurz am Instrument, spielt direkt auf den Saiten oder dämpft ihren Klang mit der Hand.

"Des Widerspenstigen Zähmung"? Keinesfalls. Man gewinnt den Eindruck, dass seine höchst warme und empfindsame Spielweise, mitunter auch gewaltige Ausbrüche eben eine Phase des ständigen Reifeprozesses darstellten und dass das grenzüberschreitende Potenzial des Jazzkünstlers über ungeahnte Ressourcen verfügt.

"Der prominenteste Gast der Altensteiger Jazz-Konzertreihe"

Seine Interpretationen einer Ballade von Richard Rodgers, die des "Nardis" von Miles Davis/Bill Evans oder des eigenen "Wendekreis des Steinbocks" pulsierten vor Ungeduld und Leidenschaft, die deutlich abgezeichneten rhythmischen Strukturen regelten den Ablauf des musikalischen Geschehens. Mal versank Dauner in das sinnliche, filigrane Pianissimo, mal überraschte er die Zuhörer mit rastloser, atemberaubend überschäumender Virtuosität - wie in seinem eigenen "Trans Tanz" mit dem integrierten dritten Präludium von George Gershwin.

In den Improvisationen zu Themen aus "Porgy and Bess" mit den unvergesslichen "Summertime" und "I love you, Porgy" erwies sich die Jazz-Koryphäe als ein exzellenter Pianist und Meister der Stimmungen, der eigene Emotionen ad hoc in die Musiksprache zu übersetzen weiß. Dauner spielte in sich zurückgekehrt, subtil, empfindsam, mit warmen, poetischen Klang.

Nach dieser Megaleistung signierte der begnadete Jazzmann mehrere CDs und das biografische Buch "Das brennende Klavier" von Wolfgang Schorlau, und unterhielt sich mit Zuhörern, die sich an seinen ersten Auftritt in Altensteig vor 30 Jahren sehr gut erinnerten. Ein Konzertgast legte ihm sogar eine handgeschriebene Partitur mit Dauners Autogramm von der Uraufführung seines "Psalmus spei" 1968 in Berlin vor.

Wolfgang Dauner bleibt "der prominenteste Gast in der bisherigen Geschichte der Altensteiger Jazz-Konzertreihe", so Kulturamtsleiter Christian Oldenkotte. Das unvergessliche Solo-Gastspiel verdankte das Publikum dem Einsatz des Altensteiger Pianisten und Klavierpädagogen Peter Dorossieff und dessen seit 50 Jahren bestehenden Bekanntschaft mit dem kürzlich mit der Stauffer-Medaille geehrten Ausnahmekünstler Wolfgang Dauner.