Die Kunsthalle verwandelte sich in einen literarisch-musikalischen Salon. Foto: Köncke Foto: Schwarzwälder-Bote

Kunsthalle: Poesie, Literatur und Musik

Ein Tenor, dem der Schalk im Nacken sitzt, ein Poet, der heiter-besinnliche Reime schmiedet, eine Lehrerin, die ein "afrikanisches Tagebuch" führt und zur Schriftstellerin wird – und ein Kaffeeröster: Sie alle hatten sich in der Kunsthalle eingefunden, um der Salonkultur vergangener Zeiten zu huldigen.

Altensteig. Als drei Frauen aus dem Publikum zum Schluss selbstverfasste Gedichte vortrugen und sich ein Anwalt inspiriert fühlte, humoristische Verse von Eugen Roth zu rezitieren, geriet Volkshochschulleiterin Angelika Anding regelrecht ins Schwärmen.

Die Idee, für Menschen mit unterschiedlichen musikalischen und literarischen Begabungen und Fähigkeiten einen öffentlichen Raum zu schaffen, mündete in dem Angebot von Hermann Unsöld, seine Kunsthalle für einen Abend in einen Salon zu verwandeln – zwar ohne Sofa, aber mit genügend anderen Sitzgelegenheiten, umgeben von leuchtenden Installationen, kleinen und großen Malereien an den Wänden, einer Fülle an Bildbänden und Büchern in den Regalen.

Das Unterfangen, die Kultur des 18. bis 20. Jahrhunderts aufleben zu lassen, ohne ihr einen akademisch-elitären Stempel aufzudrücken, dieses Konzept ging voll auf.

Dafür sorgte schon zum Auftakt der stimmgewaltige Tenor Eberhard Schuler-Meybier mit seinem "tieftraurigen" Gesang samt süffisanten Bemerkungen über das Vergewaltigungsopfer "Heideröslein" – geschrieben von Johann Wolfgang von Goethe und komponiert von Franz Schubert.

Begleitet wurde er dabei von seiner Frau Susanne auf dem Keyboard, die bei der "Forelle" von Franz Schubert das Geräusch des plätschernden und im Schlamm wühlenden Fischs wunderbar inszenierte.

Nach philosophischen Betrachtungen über diese lyrische Kunstform kredenzte der "Musiker mit Leib und Seele" – wie Jugendkunstschulleiterin Dorothee Müller in ihrer Moderation treffend anmerkte – Volksliedhaftes, rief einer Angebeteten singend zu "Mein Liebchen, Du sollst mir nicht barfuß gehen", bat mit Johannes Brahms um Erlaubnis für ein "feins Mädchen", philosophierte über den "Hasen mit der roten Nase" und ein Stachelschwein.

Hermann Unsöld hat als Baumeister nicht nur jahrzehntelang das Stadtbild von Altensteig mitgeprägt, sondern mit Radierungen und auf den Punkt gebrachter Lyrik große Beachtung erzielt. Die Gedichte – durchweg in Reimform und mit nur wenigen Zeilen – seien entstanden, "wenn mich ein Gedanke nicht mehr loslässt". Zum Beispiel über einen Wanderer, "der Dinge sieht wie kein anderer", über den Jakobsweg, "um zu sich zu finden", über eine Weltsicht mit vielen Fragezeichen und das Sein: "Wer ich bin, kommt mir plötzlich in den Sinn".

Kaffee aus Tansania

Marianne Haynold hat 25 Jahre an einer Altensteiger Schule Mathematik und Sport unterrichtet und ist nach eigener Aussage "schon immer gern und viel gereist". Nach ihrer Pensionierung flog sie ins südliche Hochland von Tansania, hat viele Episoden im Umgang "mit den Ärmsten der Armen" erlebt und aufgeschrieben. Entstanden ist daraus ihr Buch "Rente-Rucksack-Abenteuer", aus dem sie einige Kapitel vorlas.

Als Kaffeeröster Dieter Hartmann mitbekam, dass im Salon über Tansania berichtet wird, servierte er später das heiße Getränk aus diesem Land.

Vorher aber folgten drei Frauen der Schreibwerkstatt "Federleicht" dem Aufruf der Volkshochschulleiterin zu spontanen Beiträgen mit tiefschürfenden Gedichten.

Als Stimmungsaufheller betätigte sich anschließend Bernd-Rüdiger Drews als Rezitator heiter-beschwingte Verse von Eugen Roth.