Bodek Janke folgte jeder stilistischen Wendung Olivia Trummers, ohne sich in den Vordergrund zu spielen. Foto: Kosowska-Németh Foto: Schwarzwälder-Bote

Olivia Trummer begeistert im Bürgerhaus

Von Maria Kosowska-Németh Altensteig. Olivia Trummer ist ein Chamäleon der Jazzmusik. Mit ihrem Duo-Partner Bodek Janke am Schlagzeug gab die hochtalentierte Pianistin und Sängerin im Altensteiger Bürgerhaus eine erlesene Kostprobe ihrer faszinierenden musikalischen Persönlichkeit.

Auf der Bühne erschien keine gefeierte, preisgekrönte Jazz-Diva, sondern ein mädchenhaftes Wesen von enormer Ausstrahlungskraft. Wie beiläufig schlug sie die Flügeltasten an, als ob sie das Instrument ausprobieren möchte und bald erkannte das Publikum hinter der scheinbar verwirrten Rhythmik ein klares, kunstvoll verarbeitetes Konstrukt. Gleichermaßen zufällig wirkte der zunächst hie und da symbiotisch beigefügte, stellenweise zu einer vollständigen Vokalise ausgebaute Scatgesang.

Ohne sich in den Vordergrund zu drängen, verfolgte Trummers Mitstreiter und Begleiter Janke jede ihrer stilistischen Wendungen. Teils gezielt, teils instinktiv griff er in sein üppiges Instrumentarium, wählte aus der zahlreichen exotischen Ansammlung der Rasseln, Glocken oder Windspiele das passende Stück und formte anhand von Drumset und Cajón eine dritte, parallel in den Klavier- und Gesangsklang integrierte Schlagzeug-Ebene.

Manch bekannte, einzelne Motive schloss Trummer in Eigenkompositionen wie in ein durchsichtiges Bernsteinstück ein – sie waren deutlich wahrnehmbar, jedoch nicht wirklich tastbar. Die verträumte, reimlose Poesie umhüllte jeden Song und jedes Klavierstück und kleidete sie in stets neue, virtuos glänzende Gewänder. Sogar das parodistisch-witzige "Fünfhundert Millionen", ein surrealer, durch seinen leichtfüßigen Humor hinreißender Traum von Geld-Sinnlosigkeit schwebte auf Wolke sieben.

Trummer zeigte sich in Altensteig als eine subtile Stimmungsarchitektin und Meisterin der Momentaufnahme. Der unterschwellige Gedanke, "carpe diem" sei ihr Credo, hing beinahe in der Luft. Dabei hetzte Trummer keinesfalls von einer Emotion zur nächsten, eher illustrierte sie mit vielfarbiger Musik ihre eigene, unergründete Gefühlswelt.

Trotz allgemeiner Begeisterung, die sich in frenetischem Applaus widerspiegelte, waren die Zuhörer nicht immer schlüssig, ob sie mit dem vielleicht verfrühten Beifall nicht das Wertvollste, was Trummer mitbrachte, beschädigen oder gar zerschlagen könnten – die große Kunst der Einmaligkeit.