Ana-Marija Markovina beendete in Altensteig einen erlebnisreichen Tag mit einer Liszt-Etüde. Foto: Kosowska-Németh Foto: Schwarzwälder-Bote

Meisterkonzert: Ana-Marija Markovina gönnt dem Publikum im Bürgersaal keinen spannungsfreien Moment

Altensteig. Die Weltklasse-Pianistin Ana-Marija Markovina aus Köln gastierte im Altensteiger Bürgersaal. Sie konzertiert rund um den Globus, sorgte im Jahr 2014 für Aufsehen mit der Einspielung der Gesamtklavierwerke von Carl Philipp Emmanuel Bach und erhielt dafür den Preis der deutschen Schallplattenkritik. Jüngst nahm sie sämtliche Klavierkompositionen des deutschen Spätromantikers Anton Urspruch auf.

Zu ihrem Klavierrecital im Schwarzwald reiste die Solistin des jüngsten Altensteiger Meisterkonzerts direkt aus Berlin an, wo sie mit Riesenerfolg auf persönliche Einladung des ehemaligen Präsidenten des Bundestags Norbert Lammert ein Kammerkonzert mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin spielte.

Nach Altensteig brachte die umjubelte Künstlerin ein Recital-Programm unter dem Titel "Stille und Sturm" mit. Als tiefgründige und forschende Interpretin ging Markovina die repräsentativen Werke aus drei Epochen auf ihre besondere Weise an, indem sie Hintergründe der stilistisch unterschiedlichen Musikstile und Charaktermerkmale der Komponisten aus dem historisch-psychologischen Blickwinkel beleuchtete. Den gemeinsamen Nenner der Interpretationslinie bildeten die profunden Kenntnisse der Musikliteraturgeschichte, Vorstellungskraft sowie virtuose Klaviertechnik, authentische Emotionalität und kontrastreiche, in ihrer Vielfalt geradezu kühne Dynamik.

Während in der Sonate c-Moll und Rondo G-Dur der neue "Einfühlsame Stil" mit den noch barocken Behängen das Musikbildnis des Komponisten Carl Philipp Emmanuel Bach bestimmte, dominierten in der Ballade g-Moll und Andante Spianato et Grande Polonaise Brilliante von Frédéric Chopin der Reichtum der Emotionen und romantische Virtuosität. Mit beinahe grenzenloser Hingabe, fast schlafwandlerisch und doch expressiv, wechselte Markovina die Spannungsintensität, von inniger Zärtlichkeit bis zu stürmischen Leidenschaftsausbrüchen im schier hemmungslosen Fortissimo.

Die Publikumsresonanz spiegelte sich im ausgiebigen Applaus, da die Zuhörer keinen spannungsfreien Moment erlebten. Unter den Klavier-Fachleuten entbrannte eine wohlwollende Diskussion über den vielfältigen Anschlag der Pianistin, interpretatorische Nuancen und das Ausmaß des dynamischen Spektrums.

In der Klaviersonate F-Dur Nr. 12 von Wolfgang Amadeus Mozart porträtierte Markovina den Komponisten als einen genialen, jedoch ungeduldigen, schnelllebigen und launenhaften Zeitgenossen. Mitten in liebliche Kantilene oder als Kontrast zum sanften Thema (1. Satz) vermochte sie vielsagende Akzente einzusetzen, andererseits unterbrachen Momente der fast philosophischen Nachdenklichkeit die virtuosen Kaskaden des finalen Satzes.

Als letzten Programmpunkt interpretierte Markovina die Sonate f-Moll "Appassionata" von Ludwig van Beethoven suggestiv und rebellisch, mit Kraft der Leidenschaft und dramatischem Nerv und setzte dabei eher auf den emotionalen Ausdruck des Werkes als auf die Anschlagspräzision.

Mehrmals unter stehendem Applaus auf die Bühne zurückgerufen, gab die Pianistin dem Publikum zu verstehen, dass nach dem ereignisreichen Tag ihre körperliche und mentale Spielbereitschaft zur Neige gehe. Und doch krönte sie ihren beeindruckenden Konzertabend mit der virtuosen Konzertetüde f-Moll "La leggierezza" von Franz Liszt. Alle Achtung.